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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Jim?“
    „Kann es noch nicht sagen, Sir; laßt ihn erst noch um etwas näher kommen!“
    „Wird er das?“
    „Sicher, Capt'n!“
    „Möchte es fast nicht glauben“, lautete die Antwort. „Wäre doch neugierig, das Schiff zu sehen, welches den ‚l'Horrible‘ übersegelt!“
    „Hm“, machte der Mann, indem er aus den Wanten niederstieg und dem Lieutenant dann das Rohr übergab; „kenne doch eins, dem es gelingen sollte!“
    „Welches?“
    „Die ‚Swallow‘, Sir.“
    „Ja, die; sonst aber weiter keins! Aber wie sollte die ‚Swallow‘ in diese Gewässer kommen?“
    „Weiß nicht, Master; aber das Schiff da hinten ist keine Bostoner Heringstonne, sondern ein kleiner, rascher Klipper. Wäre er größer, so müßte man ihn auf die Entfernung hin deutlicher sehen. Und die ‚Swallow‘ ist auch ein Klipper.“
    „Well, wollen sehen!“ entschied der Lieutenant, den Mann verabschiedend und sich mit dem Rohr nach dem Steuer begebend.
    „Ein Segel in Sicht?“ fragte der Steuermann.
    „Ja.“
    „Wo, Sir?“
    „Hinter uns.“
    „Möchtet Ihr da nicht ein Reff in die Leinwand ziehen lassen?“
    „Ist nicht nötig“, antwortete der Kommandant, jetzt selbst durch das Glas blickend. „Es ist ein ganz famoser Segler; er wird uns auch ohne Reff einholen.“
    „Pah, Sir; das möchte ich sehen!“
    „Es ist so“, klang es mit einem leisen Anflug von verletztem seemännischen Stolz. „Er greift den Raum mit Macht. Seht, Maat, vor drei Minuten war er bloß vom Mars aus zu erkennen; jetzt stehe ich auf Deck und sehe ihn.“
    „Soll ich ein weniges vom Wind abfallen?“
    „Nein; ich will sehen, wie lange er braucht, um Seite an Seite mit uns zu segeln. Ist's ein Amerikaner, so soll mich's freuen; ist's aber ein andrer, so will ich ihm lieber den Teufel, als ein solches Fahrzeug gönnen.“
    Es dauerte nicht lange, so waren die Mastenspitzen und dann auch der schlanke Rumpf des fremden Schiffes schon mit unbewaffnetem Auge zu erkennen.
    „Es ist ein Klipper mit Schonertakelage“, meinte der Maat, „ein Dreimast-Marssegelschoner, grad wie unser ‚l'Horrible‘.“
    „Yes. Ein prächtiges Fahrzeug, bei allen Teufeln! Seht, wie es schief vor dem Wind läuft, und mit vollem Segelwerk. Der Mann, der es befehligt, scheint sich vor einer Hand voll Wind mehr als gewöhnlich nicht zu fürchten. Jetzt legt er sogar die Braamtücher bereit, so daß der Schoner das Steuer hebt und fast nur auf dem Bug tanzt!“
    „Ein wackerer Bursche, Sir. Aber kommt ein diverger Windstoß, so legt sich der Klipper in die See, so wahr ich Maat (Steuermann) bin und Perkins heiße! Der Mann segelt doch ein wenig verwegen.“
    „Nein. Seht Ihr nicht, daß die Reffleinen nicht angesorrt sind, sondern nur festgehalten werden? Bei einer Bö läßt man sie fahren, pah!“
    „Jetzt zieht er die Flagge. Wahrhaftig, ein Amerikaner! Seht Ihr die Sterne und Streifen? Er frißt das Wasser förmlich, und in fünf Minuten ist er an unsrer Seite.“
    „Er frißt das Wasser; ja, das ist der richtige Ausdruck für eine solche Fahrt. By god, der Kerl hat wahrhaftig sechs Kanonenluken auf jeder Seite, eine Drehbasse auf dem Vorderkastell und also wohl auch so etwas Ähnliches kurz vor dem Steuer. Könnt Ihr das Bild bereits erkennen, Maat?“
    „Noch nicht; aber wenn mich nicht alles trügt, so ist es die ‚Swallow‘. Ich habe sie in Hoboken einmal bestiegen und mir jede Talje und Schote, jedes Stückchen Tau und Tafelwerk genau angesehen.“
    „Wer kommandierte damals auf ihr?“
    „Hab' den Namen vergessen, Master; war ein alter, halb wracker Seehund mit einer rotbraunen Nase, die ganz nach Gin und Brandy aussah. Aber den Maat habe ich gut gekannt, hieß Peter Polter, stammte aus Germany da drüber herüber und war ein wohlbefahrener Junge, auf den sich jeder wohl verlassen konnte. Habt Ihr ihn jetzt nahe genug am Rohr?“
    „Ja. Es ist die ‚Swallow‘. Haltet einen oder zwei Striche mehr nach Luv; es ist augenscheinlich, daß sie mit uns reden will!“
    Er kehrte auf das Quarterdeck zurück und rief: „Holla, Jungens, an die Brassen!“
    Die Männer sprangen zu den Leinen.
    „Mann am Stock, zieh auf die Flagge!“
    Das Stern- und Streifenbanner der Union flog in die Höhe.
    „Greift an zum Beidrehen!“
    Die Befehle wurden mit anerkennungswerter Präzision ausgeführt.
    „Konstable!“
    Der Gerufene trat an sein Geschütz.
    „Laßt fallen. Feuer!“
    Die Segel fielen und zugleich krachte der Schuß über die See.
    „Achtung,

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