08 - Old Surehand II
Fahrzeug sein, ein Segler ersten Ranges, und einen solchen führte ihnen der Satan in den Weg, nämlich den ‚l'Horrible‘, der nachher so berüchtigt wurde. Matrosen fanden sich sehr bald, die nichts mehr zu verlieren hatten und ihren letzten Schutz nun unter der Piratenflagge suchten – – – Das Geschäft begann und entwickelte sich zu einem höchst einträglichen Unternehmen. In der ersten Zeit hatte der Sklavenhändler zwei Kapitäne, weil die ‚Miß Admiral‘ sich als gleichstehend mit ihrem sauberen Compagnon betrachtete; aber der bekam sie nach und nach unter; sie sah ein, daß er ihr als studierter Navigator denn doch über war, und mußte sich mit der zweiten Stelle als Segelmeister begnügen. Diese Herabsetzung, wie sie es nannte, ließ sie an ihren Untergebenen aus; sie war ein Unmensch gegen sie; die neunschwänzige Katze bekam die Herrschaft an Bord, und wer es wagte, einen Befehl zu mißachten, wurde sofort niedergeschlagen und in die See geworfen. Die Mannen mußten sich das gefallen lassen, denn sie hatten sich selbst außerhalb des Gesetzes gestellt und konnten bei keiner Behörde Schutz und Hilfe suchen.
Der Name ‚l'Horrible‘ wurde bald nur mit Schrecken genannt, und sein Kapitän war nur unter dem Namen der ‚Schwarze Kapitän‘ bekannt. Man darf nun nicht etwa meinen, daß er zu der ‚Miß Admiral‘ in einem einträchtigen Verhältnis gestanden habe; sie lebten in Gegenteil in offener Feindseligkeit, und keins von ihnen beiden fühlte sich seines Lebens sicher. Die kühnste und verwegenste Tat des ‚Schwarzen Kapitäns‘ war die, da er sich mit seinem ‚l'Horrible‘ sogar einmal in den Hafen von New York getraute, natürlich unter falscher Flagge und mit guten Papieren, die von einem Schiff stammten, welches er ausgeraubt und in den Grund gebohrt hatte. Bei dem Kampf mit der Besatzung dieses Schiffes war er verwundet worden, und kam nun nach New York, um sich heilen zu lassen. Wenn ich sage, dies sei sein kühnster Streich gewesen, so wurde ihm dabei von der ‚Miß Admiral‘ ein Streich gespielt, der ebenso groß war. Sie ging ihm nämlich, während ihn das Krankenlager festhielt, mit dem Schiff und dem ganzen Geld auf und davon. Dies zu tun und ihn loszuwerden, hatte sie schon längst geplant; aber es bekam ihr nicht so, wie sie es erwartet hatte. Sie hatte gelernt, ein Schiff zu regieren, ja; aber die Finessen, welche dazugehören, einen Kaper jeder, auch der eifrigsten Verfolgung zu entziehen, die besaß sie doch nicht, die hatte nur der ‚Schwarze Kapitän‘ besessen. Sie wurde von einem Kriegsschiff aufgegriffen und geentert; es gab einen Verzweiflungskampf, bei welchem alles, was am Bord gelebt hatte, niedergemetzelt oder dann an den Rahen aufgehängt wurde. Nur einige Mannen waren entkommen, weil sie sich augenblicklich am Land befanden.
Natürlich suchten die Sieger nach dem ‚Schwarzen Kapitän‘; doch ohne ihn zu finden; sie nahmen an, daß er bei den Toten liege und kein Abzeichen habe, an welchem er zu erkennen sei. Als dann die Kabinen und Kojen durchsucht wurden, fand man eine Dame, welche Passagierin eines überfallenen Schiffes gewesen und von den Korsaren mitgeschleppt worden war, um von ihr ein hohes Lösegeld zu erpressen. Sie war natürlich unendlich glücklich, ihre Freiheit wieder zu erhalten, wurde mit der größten Achtung und Zuvorkommenheit behandelt und im nächsten Hafen gelandet. Niemand ahnte, daß diese Dame ‚Miß Admiral‘ war, welche sich für einen Fall wie diesen mit Frauenkleidern versehen hatte. Sobald ihr klar geworden war, daß jeder Widerstand vergeblich sei, hatte sie sich unter Deck geflüchtet und diesen Anzug angelegt.
Man kann sich die Wut denken, in welche der ‚Schwarze Kapitän‘ geriet, als er erfuhr, daß der ‚l'Horrible‘ aufgegriffen und fast unbeschädigt eingebracht worden sei. Er hatte fest angenommen, daß das Schiff noch im Hafen vor Anker liege, und erfuhr nun erst die Untreue der ‚Miß Admiral‘. Als er von seiner Verwundung geheilt war, stand er arm und ohne Mittel da. Er ergriff bald dieses und bald jenes, um nur den Hunger zu stillen, dachte aber ganz und gar nicht daran, ein ehrlicher Kerl zu werden, sondern wurde ein so raffinierter Gauner und Betrüger, wie er vorher ein Korsar gewesen war. Als er dann bemerkte, daß in New York die Polizei auf ihn aufmerksam wurde, machte er sich fort, um sein Heil im Westen zu versuchen; vorher erfuhr er noch, daß sein ‚l'Horrible‘ nach Vornahme der
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