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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verdecken, welches sich von dem einen Ohr quer über die ganze Wange bis über die Nase zog.
    Wer ihn sah, wandte sich mit Abscheu von dem abstoßenden Anblick weg. Der Mann bemerkte dies sehr wohl, schien sich aber nicht sehr darüber zu grämen und ließ sich sogar durch gelegentliche laute Äußerungen in seiner offenbaren Seelenruhe nicht stören.
    Da blieb er stehen und ließ sein Auge hinaus auf die Reede schweifen.
    „Wieder einer vor Anker“, murmelte er; „ein Segelschiff und, wie es scheint, nicht schlecht gebaut. Wenn nur – – –“ Er hielt plötzlich in seinem Selbstgespräch inne und beschattete das Auge mit der Hand, um schärfer sehen zu können. „Sacré nom du dieu, das ist, – ja, das ist er, das ist der ‚l'Horrible‘, wegen dem ich nun schon seit einem Monat hier vor Anker liege. Endlich, endlich sehe ich ihn wieder, und – – – doch, er liegt zu weit vom Land, und ich könnte mich täuschen. Ich werde mich überzeugen, ob ich mich irre oder nicht!“
    Er schritt die Stufen hinab, vor denen mehrere Boote lagen, und sprang in eines derselben.
    „Wohin?“ fragte der Besitzer, der sich auf der Ruderbank sonnte. Der Mann deutete licht nach der Reede hinaus und antwortete: „Spazieren.“
    „Wie lange?“
    „So lange es mit gefällt?“
    „Könnt Ihr bezahlen?“
    Der Frager musterte seinen Fahrgast mit nicht sehr vertrauensvollen Blicken.
    „Nach der Fahrt mit gutem Geld, vor der Fahrt mit guten Fäusten. Wähle also!“
    „Hm, hm“, brummte der Schiffer, offenbar eingeschüchtert durch den drohenden Blitz, welcher aus dem dunklen Auge des Fremden leuchtete, „steckt Eure zehn Finger, wohin es Euch beliebt, nur nicht in mein Gesicht. Könnt Ihr das Steuer führen?“
    Ein kurzes Nicken war die Antwort, dann wurde der Kahn gelöst und suchte durch das Gewirr der umherliegenden Fahrzeuge aller Gattungen seinen Weg in das freie Wasser.
    Der Fremde verstand zu steuern wie nur irgend einer, das hatte der Schiffer schon nach den ersten Ruderschlägen bemerkt. Er ließ kein eigentliches Ziel erraten, umkreiste in weitem Bogen das Panzerschiff und den ‚l'Horrible‘ und führte dann das Boot an seinen Platz zurück, wo er die Fahrt auf eine Weise bezahlte, die seine äußere Erscheinung allerdings nicht hatte vermuten lasse.
    „Er ist's“, seufzte er erleichtert, indem er die Stufen emporstieg; „nun soll die Frau de Voulettre bald so spurlos verschwinden, wie die ‚Miß Admiral‘ damals spurlos verschwunden ist. Jetzt aber in die Taverne!“
    Er lenkte seine Schritte einer Gegend der Stadt zu, wo die obskuren Existenzen ihr elendes und oft auch verbrecherisches Leben fristen. Er mußte durch ein Gewirr enger Gassen und Gäßchen schreiten, deren Häuser kaum diese letztere Bezeichnung verdienten. Der wüste, holperige Boden bildete ein besonders für die Nacht halsbrecherisch zu nennendes Terrain, und die Hütten, Baracken und Zelte glichen eher einem wilden Zigeunerlager, als dem Teil eines wohlgeordneten Stadthaushaltes, wo die mächtige Hand einer kräftigen Sicherheits- und Wohlfahrtspolizei jeden schädlichen oder auch nur verdächtigen Stoff auszuscheiden oder wenigstens unter scharfer Bewachung zu halten verpflichtet ist.
    Endlich hielt er vor einer langgestreckten Bretterbude, über deren Tür mit einfachen Kreidezügen die Inschrift ‚Taverne of fine brandy‘ angebracht war. Vor und hinter diesen Buchstaben war auch mit Kreide je eine Schnapsflasche auf das rissige Holz gemalt.
    Er trat ein.
    Der lange Raum war mit Gästen gefüllt, denen man es ansah, daß sie nicht zu den Kreisen der Gesellschaft gehörten, welche die Bezeichnung gentlemanlike für sich in Anspruch nehmen. Ein unbeschreiblicher Spiritusdunst und Tabaksqualm warf den Eintretenden förmlich zurück, und der Lärm, welcher hier herrschte, schien eher tierischen, als menschlichen Kehlen zu entstammen.
    Der Mann mit dem Feuermal kehrte sich nicht im mindesten an diesen Unannehmlichkeiten. Er trat an den Schenktisch und wandte sich zu dem hinter demselben paradierenden Wirt.
    „Ist der lange Tom hier, Master?“
    Der Gefragte musterte ihn mit einem mißtrauischen Blick und antwortete nicht eben freundlich:
    „Warum?“
    „Weil ich mit ihm zu sprechen habe.“
    „Wer ist der lange Tom, he?“
    „Pah! Spielt nicht Verstecken! Ich kenne den Mann ebenso gut wie Ihr und bin von ihm hierher bestellt worden.“
    „Wer seid Ihr?“
    „Das geht Euch den Teufel an. Hab Euch auch noch nicht nach der

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