08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff
nicht seine Muttersprache war.
Gurvan hatte das Skiff angebunden und half Fidelma heraus.
»Es ist schön, wieder auf deiner Insel zu sein, Pater Pol«, antwortete Murchad. Dann stellte er Fidelma vor, die zu ihm getreten war: »Pater, dies ist Fidelma von Cashel, die Schwester unseres Königs Colgú …«
»Ich bin Schwester Fidelma«, unterbrach ihn Fidelma mit einem ernsten Lächeln. »Einen anderen Titel führe ich nicht.
Pater Pol gab ihr die Hand und musterte sie kurz.
»Sei willkommen, Schwester«, lächelte er und wandte sich dann dem Steuermann zu. »Und du sei auch willkommen, Gurvan, du alter Halunke. Es ist schön, dich wiederzusehen.«
Gurvan grinste verlegen. Offensichtlich war die ganze Besatzung der »Ringelgans« auf der Insel wohlbekannt, weil das Schiff oft hier anlegte.
»Kommt mit, wir stärken uns in Lampaul«, fuhr der Priester fort und wies auf den Pfad. »Bringt ihr interessante Nachrichten mit?«
Sie folgten ihm den Pfad hinauf.
»Schlechte Nachrichten, fürchte ich, Pater. Nachricht von der ›Morvaout‹. «
Pater Pol blieb stehen und drehte sich rasch um.
»Die ›Morvaout‹ ? Sie ist erst heute früh hier ausgelaufen. Was wißt ihr von ihr?«
»Sie scheiterte auf den Riffen nördlich der Insel.«
Der Priester bekreuzigte sich.
»Gab es Überlebende?« fragte er.
»Nur drei Mann. Zwei Matrosen und ein Passagier, der nach Laigin wollte. Die Matrosen lasse ich nachher an Land schaffen.«
Pater Pol schaute einen Moment traurig drein.
»Ach ja, das ist so oft das Schicksal der Seefahrer. Die Besatzung kam vom Festland. Wir werden Kerzen für die Heimkehr ihrer Seelen anzünden.« Er bemerkte Fidelmas verständnislose Miene. »Wir sind hier ein Inselvolk, Schwester«, erläuterte er. »Wenn wir Menschen auf See verlieren, stellen wir ein kleines Kreuz auf und zünden eine Kerze an, halten eine Nacht lang Wache und beten für die Ruhe der Seelen der Dahingegangenen. Am folgenden Tag wird das Kreuz in ein Reliquiar in der Kirche gelegt und später in ein Mausoleum zu all den Kreuzen der auf See Verschollenen gebracht. Dort erwarten die Kreuze die Heimkehr der Seelen vom Meer.«
Sie kamen zu dem Dorf, einem typischen Hafenort, der sich um eine graue Steinkapelle in der Mitte gruppierte.
»Das ist meine kleine Kapelle.« Pater Pol zeigte auf das Gebäude. »Kommt, sprechen wir gemeinsam ein Dankgebet für eure glückliche Ankunft.«
Murchad hüstelte diskret.
»Es gibt etwas, das wir dringend besprechen müßten«, setzte er an.
Pater Pol legte ihm lächelnd die Hand auf den Arm.
»Nichts ist so dringend, daß ein Dankgebet nicht Vorrang davor hätte«, meinte er bestimmt.
Murchad schaute Fidelma an und zuckte die Achseln.
Sie gingen in die kleine Kapelle und knieten vor dem Altar nieder, der Fidelma durch seine Pracht überraschte. Sie hatte geglaubt, die Insel sei arm, doch hier glänzten Gold und Silber auf der seidenen Altardecke.
»Du hast anscheinend eine reiche Gemeinde, Pater«, flüsterte sie.
»Arm an Gütern, aber reich im Herzen«, erwiderte der Priester nachsichtig. »Sie spenden, was sie haben, dem Hause Gottes, um seine Größe zu rühmen. Dominus optimo maximo … «
Er sah nicht, wie sie mißbilligend die Mundwinkel herabzog. Sie hielt nichts von müßiger Pracht, wenn die Menschen in Armut lebten.
Pater Pol neigte den Kopf und sprach ein lateinisches Gebet, zu dem sie jeweils ihr »Amen« beisteuerten.
Danach führte er sie in sein kleines Haus neben der Kirche und bot ihnen Apfelwein in Steingutbechern an, während Murchad die Angelegenheit von Toca Nia und Cian erläuterte.
Pater Pol rieb sich nachdenklich die Nase. Das schien eine Angewohnheit von ihm zu sein.
»Quid faciendum?« fragte er, als Murchad geendet hatte. »Was ist zu tun?«
»Wir hofften, daß du einen Vorschlag hättest«, antwortete Murchad. »Ich kann Toca Nia und Cian nicht den ganzen Weg nach Iberia und zurück nach Laigin auf meinem Schiff behalten. Man hat mir erklärt, daß über diese Anschuldigungen vor einem sachkundigen Richter in Éireann verhandelt werden muß, doch ich kann die beiden nicht direkt dorthin bringen, ich kann mir aber auch nicht leisten, zu warten, bis ein Schiff in Ushant anlegt, das dorthin will.«
»Warum solltest du das eine oder das andere tun?«
»Weil«, schaltete sich Fidelma vorsichtig ein, »Toca Nia seine Anklage vor einem Gericht in Éireann erheben muß. Ich glaube, Murchad hofft, du könntest beide hier sicher verwahren, bis das
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