08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff
konnte Cian nie trauen, das hatte sie schon vor langer Zeit gelernt.
»Du wirst später noch genügend Zeit haben, deine Unschuld zu beweisen«, antwortete sie kurz.
Sie legten am Schiff an. Fidelma ging als vorletzte an Bord, denn Murchad war sofort an Deck gesprungen und brüllte Befehle. Gurvan folgte ihr als letzter und machte das Skiff fest.
»Alles seeklar?« rief Murchad, als Gurvan zu ihm auf das Achterdeck kam. Die Mannschaft war schon durch Murchads Zuruf gewarnt worden, als sie sich dem Schiff näherten.
»Jawohl, Kapitän«, antwortete der Steuermann und übernahm mit dem Matrosen Drogan das Steuerruder.
Fidelma stellte sich wie selbstverständlich neben Murchad.
»Was können wir tun, Murchad?« fragte sie und spähte zur Mündung der Bucht.
Sein Gesicht war eine ausdruckslose Maske, seine meergrauen Augen waren zusammengekniffen, so starrte er über die tief eingeschnittene Bucht. Sie konnten die dunklen Umrisse des angelsächsischen Schiffes erkennen, das das südliche Vorgebirge umrundete und ihr Entkommen aus der Bucht verhindern wollte. Von ihrem Ankerplatz waren es drei Kilometer bis zur Mündung der Bucht, die an der breitesten Stelle höchstens einen Kilometer maß. Die Seeräuber hatten genügend Zeit, jeden Fluchtversuch zu vereiteln.
»Sie sind hartnäckig, diese Teufel von Angelsachsen«, knurrte Murchad. »Das muß man ihnen lassen. Ihr Kapitän muß so viel Seeverstand gehabt haben, daß er merkte, daß wir neulich nachts hinter ihm kehrtgemacht haben. Daß er uns bis hierher verfolgen konnte, spricht für ihn.«
»Diesmal verbirgt uns keine Dunkelheit«, warf Fidelma ein.
Murchad schrie den Befehl, die Pilger sollten wieder unter Deck, denn Cian, sich selbst überlassen, war unter Deck gegangen und hatte seine Gefährten mit der Nachricht vom Auftauchen der Seeräuber aufgeschreckt. Dann blickte Murchad finster zum leicht diesigen blauen Himmel empor, über den lange Streifen kleiner weißer Wölkchen zogen.
»Das kann man wohl sagen«, antwortete er Fidelma. »Das ist ein Schäfchenhimmel da oben – klar, aber unbeständig. Der hüllt uns weder in Dunkelheit noch in Nebel. Käme Nebel, würde ich versuchen, an ihm vorbeizusegeln. Ha! Das ist das erstemal, daß du einen Seeemann um Nebel bitten hörst!«
Fidelma hatte den Eindruck, er rede nur, um ihr die Angst zu nehmen.
»Mach dir keine Sorgen um mich, Murchad. Wenn wir angegriffen werden, wollen wir wenigstens nicht kampflos zugrunde gehen.«
Er sah sie anerkennend an.
»Das ist nicht wie von einer Nonne gesprochen, Lady.«
Fidelma erwiderte sein grimmiges Lächeln.
»Das spricht eine Prinzessin der Eóghanacht. Vielleicht soll ich mein Leben so beschließen, wie ich es begonnen habe, als Tochter von König Failbe Fland und Schwester von König Colgú. Wenn wir kämpfend untergehen, dann wollen wir dafür sorgen, daß unsere Feinde einen hohen Preis dafür bezahlen.«
Gurvan verließ seinen Posten und trat zu ihnen. Seine Miene war ernst.
»Also ich jedenfalls habe nicht vor, kämpfend unterzugehen«, erklärte er. »Ein guter Rückzug ist besser als eine schwache Verteidigung.«
Murchad kannte Gurvan zur Genüge und hörte etwas aus seinem Ton heraus.
»Heißt das, du hast eine Idee?«
»Das hängt vom Wind und vom Segeln ab«, antwortete Gurvan mit einem kurzen Nicken. »Der Angelsachse ist sich sicher, daß er uns in der Falle hat. Er liegt beigedreht bei Pointe de Pern im Norden und will uns entern, wenn wir herauskommen. Wie eine Katze vor dem Mauseloch, was?«
»Das merkt man auch, wenn man kein Seemann ist«, stimmte ihm Fidelma zu.
»Seht ihr die kleine Insel da vor uns?« Gurvan zeigte auf den Ausgang der Bucht.
»Die sehe ich, ungefähr einen Kilometer vor uns«, meinte Murchad.
»Nun guck dir das angelsächsische Schiff an«, sagte Gurvan.
Sie spähten hinüber.
Das große längliche Segel wurde gerefft.
»Der Kapitän will sich zum Angriff wieder auf die Ruder verlassen. Das hat schon beim vorigen Mal nicht geklappt«, murmelte Gurvan.
Murchad lächelte anerkennend, denn ihm war plötzlich klar, was sein Steuermann im Sinn hatte.
»Jetzt weiß ich, was du meinst. Wir steuern erst die kleine Insel an und passieren sie im Süden außer Sicht. Dann weiß er nicht, wo wir hinaus wollen. Das verschafft uns einen Vorsprung.«
Fidelma schaute unsicher drein.
»So ganz verstehe ich euren Plan nicht, Murchad.«
Der Wind zerrte an dem gerefften Segel und dem Tauwerk. Die Mannschaft wartete
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