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08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

Titel: 08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Lärm von Wind und Wellen hörte sie ein seltsames Stöhnen. Es schien von den Seitenplanken ihrer Kajüte zu kommen. Ohne Warnung schoß plötzlich ein Strom Seewasser schäumend und gurgelnd durch die Planken.
    Einen Moment starrte Fidelma entsetzt auf das Wasser und das zersplitterte Holz, dann langte sie eine Decke von ihrer Koje und stopfte sie verzweifelt in den Riß. Sie spürte, wie das zerbrochene Holz unter ihren Händen arbeitete. Alles wurde naß – ihre Kleidung, die Strohmatratze, die Decken. Das Seewasser war so kalt, daß ihr die Zähne klapperten.
    Sie versuchte zu rufen, aber Wind und See übertönten ihre Stimme. Sie wußte nicht, wie lange sie dort blieb und betete, das Holz möge nicht weiter reißen. Ihr schienen es Stunden, und ihre Hände wurden gefühllos vor Kälte.
    Schließlich merkte sie, daß die Kajütentür in ihrem Rücken sich geöffnet und geschlossen hatte. Sie blickte über die Schulter zurück und sah, daß Wenbrit, ebenso naß, mit einem Eimer und anderen Dingen in der Hand hereingetaumelt war.
    »Ist es schlimm?« schrie er ihr ins Ohr.
    »Sehr schlimm!« schrie sie zurück.
    Der Junge setzte den Eimer und die anderen Gegenstände ab, zog die Decke weg und prüfte den Schaden.
    »Die See hat Planken des Rumpfes zerbrochen«, rief er ihr zu. »Ich verstärke und kalfatere sie, so gut ich kann. Eine Weile sollte das halten.«
    Er hatte ein paar Stücke Holz unter dem Arm und nagelte sie über die beschädigte Stelle. Dann stopfte er sie mit durchtränkten Haselstrauchblättern aus. Das Einströmen des Seewassers verminderte sich zu einem winzigen Rinnsal.
    »Dabei muß es bleiben, bis der Sturm vorüber ist!« Wenbrit mußte wieder schreien, um sich verständlich zu machen. »Ich fürchte, bis dahin sind wir alle naß. Die Brecher gehen über das Schiff, und alle sind durchweicht.«
    Eine Stunde später gab Fidelma ihrer Erschöpfung nach und versuchte auf dem nassen Stroh einzuschlafen. Sie hörte noch ein lautes »Miau!« und begriff, daß Mäuseherr die ganze Zeit voller Angst unter der Koje gehockt hatte. Schläfrig lockte sie ihn und spürte, daß er zu ihr auf die Koje sprang. Mit tiefem, zufriedenem Schnurren rollte sich sein warmer Körper auf ihrer Brust zusammen. Sie empfand ihn als wohlig und tröstend auf ihrer nassen Kleidung, und schließlich fiel sie in einen unruhigen Schlaf.
    Der Schmerz durchzuckte sie jäh.
    Die feinen Nadeln bohrten sich ihr peinigend in die Brust. Dann ertönte ein gräßlicher, fast menschlicher Schrei, der Fidelma an die bean sidhe erinnerte, an die Totenfee, deren schrille, klagende Schreie einen bevorstehenden Todesfall ankündigen. Erst nach einem Moment merkte Fidelma, daß Mäuseherr mit gebogenem Rücken und gesträubtem Fell auf ihrer Brust stand und seine Krallen tief in ihr Fleisch schlug. Er stieß durchdringende Schreie aus. Dann sprang er von der Koje.
    Vor Schmerz fuhr Fidelma mit einem Satz hoch.
    Sie erspähte eine Gestalt an der Tür, eine schlanke Gestalt, die sich nur für einen Moment abzeichnete. Dann schlug die Kajütentür zu. Das Schiff holte über, und Fidelma verlor das Gleichgewicht. Sie landete auf den Knien. Ein dunkler Schatten, sicherlich der Kater, schoß unter die Koje. Sie hörte sein schreckliches Jaulen. Dann packte sie die Tür und riß sie auf.
    Es war niemand da. Die Gestalt war verschwunden. Sie hielt sich mit einer Hand fest, schloß die Tür und blickte sich um. Was war da los gewesen?
    Der Kater hatte aufgehört zu schreien. Es war dunkel, aber sie hatte das Gefühl, der Morgen könne nicht mehr weit sein. Das Schiff stampfte und rollte. Sie taumelte zurück zur Koje und setzte sich darauf.
    »Mäuseherr?« rief sie schmeichelnd. »Was ist denn mit dir?«
    Der Kater antwortete nicht. Sie wußte, daß er da war, denn sie hörte seine Bewegungen und seinen seltsam rasselnden Atem. Ihr wurde klar, daß sie erst bei Tageslicht herausfinden konnte, was ihm fehlte. Sie saß auf der Koje und konnte nicht schlafen, sah, wie sich der Himmel aufhellte, ohne daß der Sturm nachließ. Als sie meinte, nun sei es hell genug, ließ sie sich auf die Knie nieder und spähte unter die Koje.
    Mäuseherr spuckte und schlug mit der Pfote nach ihr, die Krallen ausgefahren. So hatte er sich noch nie zu ihr benommen.
    Sie hörte die Tür gehen und fuhr herum. Wenbrit trat ein mit einem zugedeckten kleinen Ledereimer.
    »Ich hab dir ein bißchen corma und Zwieback gebracht, Lady«, sagte er und wunderte sich, was sie auf

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