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08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

Titel: 08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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sie erstaunt an.
    »Willst du damit sagen, daß Schwester Muirgel es so eingerichtet hat, daß wir denken sollten, sie sei über Bord gefallen?« Schwester Ainder hatte immer noch Mühe, das zu begreifen. »Warum denn?«
    »Sie wollte ihren Mörder irreführen.«
    Bruder Tola stieß ein ungläubiges Lachen aus.
    »Wo in Gottes Namen könnte sie sich auf dem Schiff versteckt haben? Es gibt doch keinen Platz dafür.«
    »Verzeih, aber darin kann ich dir nicht zustimmen.« Fidelma war versucht, ihm zu erklären, daß Muirgel die erste Nacht nur eine Armlänge von ihm entfernt verbracht hatte, während er schlief. »Wichtiger ist jedoch, daß der Mörder Schwester Muirgels unserer Gruppe angehört. Wo wart ihr alle innerhalb der vergangenen Stunde?«
    Sie sahen einander mißtrauisch an.
    Bruder Tola nahm für sie das Wort.
    »Wir setzten uns alle zum Frühstück hin. Das war etwa vor einer Stunde.«
    Wie sich herausstellte, wollte jeder davor in seiner Kajüte gewesen sein, mit Ausnahme von Schwester Ainder, die erklärte, sie habe die defectora aufgesucht, und Cian, der sagte, er habe an Deck Freiübungen gemacht.
    »Warst du in deiner Kajüte, Bruder Bairne?« erkundigte sich Fidelma.
    »Ja.«
    »Sie liegt neben der von Muirgel. Hast du etwas gehört?«
    »Willst du mich beschuldigen?« entrüstete sich der junge Mann und wurde rot im Gesicht. »Eine solche Anschuldigung müßtest du beweisen.«
    »Ich würde eine solche Beschuldigung nur erheben, wenn ich sie beweisen könnte«, erwiderte Fidelma fest. »Ich muß mit jedem von euch noch einmal einzeln sprechen.«
    »Mit welchem Recht?« fauchte Schwester Ainder empört. »Das ist doch alles lächerlich. Leute werden über Bord gespült, und dann sind sie’s gar nicht. Unfälle verwandeln sich in Morde. Hier gibt’s sogar Leichen, die nicht tot sind!«
    »Du kennst mein Recht und meine Befugnis zu dieser Untersuchung bereits«, unterbrach Fidelma ihren Redeschwall.
    Bruder Tola sah Murchad an.
    »Ich nehme an, Fidelma handelt weiterhin mit deiner Billigung, Kapitän?«
    »Ich habe Fidelma von Cashel unbeschränkte Vollmacht in dieser Sache erteilt«, sagte Murchad. »Und dabei bleibt es.«
     

K APITEL 15
    Sie hatten die Westküste von Armorica gesichtet, dem Land, das nun »Klein-Britannien« oder Bretagne genannt wurde.
    Murchad verkündete: »In ein paar Stunden werden wir die Insel Ushant in Sicht bekommen, die vor seiner Westspitze liegt.«
    Fidelma war noch nie in Armorica gewesen, aber sie wußte, daß in den beiden letzten Jahrhunderten Zehntausende von Briten durch die Ausbreitung der Angeln und Sachsen aus ihrem Land vertrieben worden waren und die meisten von ihnen eine neue Heimat bei den Armorikanern gefunden hatten. Andere hatten im Nordwesten Iberias Zuflucht gesucht, und dieses Land, nach dem sie jetzt fuhren, nannte man Galicia. Wieder andere siedelten sich in den fünf Königreichen von Éireann an, allerdings nicht in solcher Zahl wie woanders. Doch in Armorica, unter einem Volk mit ähnlicher Sprache und Kultur, hatten die Flüchtlinge aus Britannien die politische Landschaft so verändert, daß man das Land nun »Klein-Britannien« nannte.
    »Auf Ushant werden wir Wasser und frische Lebensmittel an Bord nehmen«, fuhr Murchad fort. »Wir haben noch nicht den halben Weg zurückgelegt, doch danach gibt es keine Gelegenheit mehr für euch, sich die Beine auf festem Boden zu vertreten und eine warme Mahlzeit und ein Bad zu genießen.«
    Fidelma hörte seinen Worten nur zerstreut zu. Sie beobachtete, wie sich die Pilger auf dem Hauptdeck ergingen. Sie war verwirrt. Einer von ihnen war ein Mörder, und sie hatte keine Ahnung, wen sie verdächtigen sollte! Sie hatte Bruder Guss’ Geheimnis, daß Schwester Canair ebenfalls tot war, nicht preisgegeben. Sie hoffte, daß so vielleicht jemand seine Kenntnis davon verraten würde, die ihn oder sie als Mörder überführen würde. Die Anschuldigung gegen Schwester Crella ließ sich jedenfalls vorerst nicht beweisen.
    Bruder Tola hatte seine gewohnte Stellung an Deck eingenommen, er saß mit dem Rücken an das Wasserfaß neben dem Großmast gelehnt und las in seinem Meßbuch. Die Brüder Dathal und Adamrae spazierten Arm in Arm auf dem Deck herum und lachten unpassenderweise, so meinte Fidelma, über einen gemeinsamen Witz. An der Steuerbordseite saß die hochgewachsene Schwester Ainder und hielt Bruder Bairne einen Vortrag. Schwester Crella wanderte mit verschränkten Armen immer noch erregt auf dem Deck

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