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080 - Befehle aus dem Jenseits

080 - Befehle aus dem Jenseits

Titel: 080 - Befehle aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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der heute freiwillig in den Tod ging. Diejenigen unter ihnen, die den Betrunkenen mit Namen kannten, wußten, daß er vor einigen Tagen noch ein verantwortungsbewußter Familienvater gewesen war.
    „Er kommt nie auf die andere Seite rüber."
    „Vielleicht will er das auch gar nicht", meinte ein anderer.
    „Was?" sagte sein Nebenmann. „Meinst du wirklich, er will sterben?"
    Die Strömung in der Flußmitte war mörderisch. Innerhalb weniger Stunden war dort die dicke Eisdecke aufgebrochen. In der gurgelnden und schäumenden Wasserrinne trieben zahlreiche Eisschollen. Immer, wenn die Brocken gegen die Eisränder stießen, gab es einen klingenden Ton. „Menschenskind, ruft doch die Polizei!"
    „Die haben jetzt keinen einzigen Mann mehr frei", sagte einer. „In der Stadt ist der Teufel los."
    Man wußte, daß viele Menschen in der Stadt freiwillig aus dem Leben schieden, weil sie die ständige Angst, lebendig begraben zu werden, nicht länger ertragen konnten.
    Plötzlich taumelte der Betrunkene auf seiner Eisscholle. Das Stück drehte sich rasend schnell: Der Mann kauerte sich zum Sprung auf die nächste Eisscholle nieder. Sein irres Gelächter hallte, vom Wind verzerrt, zu ihnen herüber. „Worauf wartet er denn noch?"
    Der Betrunkene sprang. Er schien für den Bruchteil einer Sekunde in der Luft zu schweben, dann fiel er kopfüber in das eisige Wildwasser.
    „Der ist erledigt", kommentierte ein Mann mitleidslos.
    Die meisten blieben stumm. Sie fröstelten. Am liebsten hätten sie sich ebenfalls ins Wasser gestürzt.
    Dunkles Wasser schäumte in der Flußrinne hoch. Mehrere Eisschollen verkeilten sich ineinander. Der Betrunkene kam noch einmal an die Oberfläche, doch die Kälte hatte ihn bereits gelähmt; er machte nur noch matte Schwimmbewegungen. Gurgelnd schoß das Wasser über ihn hinweg. Er wurde unter die Eisdecke gepreßt.
    „Der hat's überstanden", sagte eine Frau und ging mit schweren Schritten davon.
    Es hatte zu schneien aufgehört. Irgendwo ertönte das schrille Geheul einer Polizeisirene. Es klang wie die Posaune des Jüngsten Gerichts. Die meisten wußten instinktiv, daß sie diese Nacht nicht überleben würden.

    „Verdammt noch mal!" schrie Kiwibin. „Warum macht der alte Trottel denn nicht auf?"
    Gemeint war der Bürgermeister von Saboroschje. Trotz unseres Klopfens machte keiner auf. Weder die Frau noch der Bürgermeister selbst meldeten sich., Wir waren hungrig und müde. Es war wieder kälter geworden. Wir wollten die Füße unter dem Tisch ausstrecken und etwas Warmes in den Magen kriegen.
    „Oben ist Licht", sagte ich und deutete auf die oberste Fensterreihe des zweistöckigen Gebäudes.
    Ein Krankenwagen mit Blaulicht raste an uns vorüber. Irgendwo klappte ein Fenster.
    „Versuchen wir's an der Hintertür", meinte Kiwibin.
    Wir umrundeten das Haus und stiegen die Stufen zum Kellereingang hinunter. An den Fensterbänken hingen lange Eiszapfen.
    Ich rüttelte an der Tür. „Verschlossen."
    Kiwibin holte ein Schlüsselbund hervor. Er probierte ein paar Schlüssel aus, schließlich knackte es im Schloß, und die schwere Tür ging nach innen auf.
    Wir bahnten uns den Weg durch verstaubtes Gerümpel. In den Regalen dahinter stand Eingemachtes. Es roch nach sauren Gurken und Essig.
    „Hier ist Licht!"
    Im aufflammenden Lichtschein huschten mehrere Ratten davon.
    „Verdammt ungemütlich hier unten, was?"
    Wir erreichten das Erdgeschoß. Drinnen war es fast genauso kalt wie draußen.
    „Er hat vergessen, die Ölheizung auf zudrehen."
    Oben schrillte das Telefon. Es klingelte dreimal, viermal, fünfmal, ohne daß jemand abhob. Ich hatte aber von draußen deutlich gesehen, daß oben Licht brannte. Warum ging niemand ans Telefon?
    „Da stimmt was nicht."
    „Glaube ich auch bald", meinte Kiwibin und preßte die Lippen zusammen.
    Das Arbeitszimmer war aufgeräumt. Das Schreibgerät des Bürgermeisters lag akkurat neben der Unterschriftenmappe. Neben dem Foto seiner Frau stand ein Leninbild. Plötzlich entdeckte ich einen Briefumschlag auf dem Sessel. Er lag so da, daß man ihn beim Betreten des Zimmers sofort sehen mußte. Kiwibin nahm das Schreiben an sich und öffnete den Umschlag. Ich trat wieder in den Flur hinaus.
    „Genosse Bürgermeister, wo stecken Sie?"
    Mein Ruf verhallte im Haus. Es war kalt und ungemütlich. Die Stimmung war düster. 'Eine unheimliche Ahnung ergriff mich. Ich riß die Tür zum Empfangsraum auf. Das Licht war angeknipst, doch es war niemand im Zimmer. Das

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