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080 - Befehle aus dem Jenseits

080 - Befehle aus dem Jenseits

Titel: 080 - Befehle aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Ihr müßt mir versprechen, wenn ich jetzt umfalle und mich nicht mehr rühre, dann dürft ihr mich nicht zum Arzt schaffen. Bringt mich nach Hause! Holt um Himmels willen keinen Arzt! Der stellt doch bloß den Totenschein aus und verfrachtet ei nen in die Leichenhalle."
    Die jungen Burschen schwiegen bedrückt. Trotz der eisigen Kälte froren sie nicht. Ihre Gesichter waren gerötet, und ihre Augen leuchteten fiebrig.
    „Habt ihr vergessen, weshalb wir uns hier getroffen haben?"
    Oto und Andrej blickten zu Boden.
    „Nein", sagte Andrej schließlich.
    „Wir wollten Schluß machen. Aber können wir uns das nicht noch mal überlegen?"
    Andrej mußte an seine Eltern denken. Seine Schwester hatte ihm vorhin nachgewunken und ihn daran erinnert, daß Vater morgen Geburtstag hatte. Er sollte das Geschenk im Buchladen abholen, bevor er zum Abendessen kam.
    „Da gibt es nichts zu überlegen", stieß Juri erregt hervor. „Ich halte das nicht mehr aus. Wenn ich heute nacht wieder diesen Alptraum habe, werde ich verrückt vor Angst. Vielleicht kippe ich dann tatsächlich um und wache erst wieder im Sarg auf."
    „Wir sollten zum Popen gehen und uns ihm anvertrauen", schlug Andrej vor. „Vielleicht gibt es ein Mittel gegen die Angst, lebendig begraben zu werden."
    Juri brauste auf. „Das einzige Mittel dagegen ist der richtige Tod. Sonst hilft nichts. Ich habe nichts mehr zu verlieren. Also, was ist mit euch? Kommt ihr mit, oder laßt ihr mich im Stich?"
    Oto dachte kurz nach, dann stand sein Entschluß fest. „Ich halte es auch nicht länger aus, Juri. Ich begleite dich."
    Juri kniete nieder. Fast zärtlich strichen seine Hände über das vereiste Kopfsteinpflaster. Wenn er hier aufprallte, würde seine Angst vor dem Lebendig begraben werden mit ihm sterben.
    „Und wie steht's mit dir, Andrej?"
    „Ich - ich kann es nicht tun. Ich darf meine Eltern nicht enttäuschen. Es muß einfach einen anderen Ausweg geben."
    Juri und Oto drehten sich abrupt um. Sie ließen ihren Freund einfach stehen und betraten die Schalterhalle des Postamtes. Jeder, der sie sah, hätte nicht im geringsten vermutet, was sie vorhatten. Sie fuhren mit dem Fahrstuhl ins neunte Stockwerk. Dort öffneten sie die Tür zum Montageraum des Hausmeisters. Wenig später standen sie auf dem Flachdach des Hauses. Eisiger Wind pfiff um ihre Köpfe. Der Frost nistete sich in ihre Glieder ein. Plötzlich glaubte Juri, eine wispernde Stimme in seinem Innersten zu hören. Sie war leise und kaum verständlich, lockend und geheimnisvoll zugleich.
    Komm doch schon! pulste es in seinem Innersten. Du brauchst keine Angst zu haben. Es geht ganz schnell, Kümmere dich nicht um die anderen Schwächlinge! Sie werden lebendig begraben werden. Sie werden Ängste ausstehen, die du dir nicht vorstellen kannst. Komm doch schon! Schau nicht hinunter! Spring einfach!
    Juri schaute doch hinunter. Wie klein ihm die Welt auf einmal vorkam. Die Autos fuhren vorbei, ohne daß man die Insassen am Steuer erkannte. Die Häuser standen wie schwarze, weißköpfige Monolithen im Schnee.
    „Andrej steht noch unten."
    „Laß ihn, Oto! Wir tun's jetzt."
    Die Gedankenstimme in ihrem Innersten wurde fordernder. Sie faßten sich an den Händen und traten ganz dicht an den Dachrand heran. Oto wurde schwindelig, doch er beherrschte sich. Die fremde Stimme in seinem Kopf beruhigte ihn wieder. Dann gab er sich einen Ruck und sprang. Juri wurde einfach mitgerissen. Sein Schrei trug der Wind hinweg. Ihre Körper drehten sich mehrmals um die eigene Achse, dann folgte der tödliche Aufprall.
    Menschen liefen aus allen Richtungen herbei. Andrej stand nur ein paar Meter von den beiden toten Freunden entfernt. Er war wie gelähmt. Seine Freunde brauchten keine Angst mehr zu haben, lebendig begraben zu werden. Aber hatten sie damit wirklich alle ihre Probleme gelöst?

    Der Betrunkene sprang von einer Eisscholle zur anderen. Er rutschte aus, fing sich wieder und balancierte mit ausgebreiteten Armen wie ein Seiltänzer in großer Höhe umher. Ein Wunder, daß er das Gleichgewicht halten konnte. Wahrscheinlich hatte der Alkohol seinen Verstand derart umnebelt, daß er die Gefahr, in der er schwebte, überhaupt nicht mehr wahrnahm.
    Am Ufer hatten sich zahlreiche Schaulustige eingefunden. Sie kommentierten das Geschehen mit „Ah"- und „Oh"-Rufen. Einige wandten sich beschämt ab. Sie waren zu feige, um den Betrunkenen wieder ans sichere Ufer zu holen - und wußten, daß er nicht der einzige sein würde,

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