0802 - Besuch aus der Hölle
reizende Dame mir doch noch so einiges zu erzählen hat.« Er deutete auf Nicole. »Davon gehe ich zumindest aus.«
»Allerdings«, meinte Nicole, über die Ablenkung nicht undankbar. Wer wusste, was sich daraus ergab.
»Bitte den Besuch doch herein, damit er mir selbst sagen kann, worum es geht.«
»Die Besucher«, wurde er verbessert. »Es sind Diana Cunningham und Andrew Millings.«
Korkonis sprang auf, dass sein Stuhl zurückgeschleudert wurde und gegen die Wand prallte. »Dann aber rasch!«, rief er, und fügte noch hinzu, als seine Nichte sich gerade abwenden wollte: »Und rede mich nicht mehr mit diesem unseligen Namen an!«
Ein glockenhelles Lachen antwortete ihm, dann schloss sich die Tür.
»Bitte entschuldigen Sie, dass ich die beiden Besucher vorziehe, aber sie könnten äußerst wichtige Informationen für mich haben«, erklärte der Polizist der hübschen Französin. »Wenn Sie freundlicherweise draußen kurz warten würden, ich kümmere mich um Sie, sobald es mir irgend möglich ist.«
Der Name Cunningham war Nicole nicht unbekannt. Paola Lukos hatte ihn erwähnt. »Ist Diana Cunningham die Mutter oder die Schwester des Toten?«
Korkonis blickte sie leicht verblüfft an. »Die Schwester«, sagte er dann.
Wieder öffnete sich nach einem Klopfen die Tür. Ein Mann - Nicole schätzte, dass er in den Dreißigern war - und eine etwas jüngere Frau traten ein.
Korkonis nickte den beiden zu. »Miss Cunningham, Mr. Millings…« Und zu Letzterem sagte er: »Ich bin überrascht, Sie so bald schon wiederzusehen.« Mit Blick auf Nicole fügte er eindringlich hinzu: »Mademoiselle Duval wird draußen warten.«
Nicole sah den eingetretenen Mann wie gebannt an. Er hatte eine ungewöhnliche Ausstrahlung. Sie konnte nicht festmachen, woran es lag, doch sie war sich sicher, dass er kein gewöhnlicher Mensch war. Darum wollte sie sich nicht ganz so leicht abwimmeln lassen. »Ich bedauere den Tod Ihres Bruders«, sagte sie deshalb zu der eingetretenen jungen Frau und behielt Andrew Millings genau im Auge.
»Danke«, murmelte Diana Cunningham beiläufig.
Die erhoffte Rückfrage, woher sie denn darüber Bescheid wisse, blieb aus, also ging Nicole kurz entschlossen in die Offensive. »Ich untersuche den Mord an Ihrem Bruder.«
Korkonis räusperte sich. »Davon kann keine Rede sein.« Er sah Nicole durchdringend an. »Hören Sie, Mademoiselle Duval! Ich bin gerne bereit, mich mit Ihnen später zu unterhalten und mir anzuhören, was Sie zu sagen haben, aber wir wollen doch bei den Tatsachen bleiben. Sie untersuchen keineswegs irgendetwas, denn - um mich zu wiederholen - das ist mein Job!«
Um den Kommissar nicht weiter zu verärgern, lenkte Nicole ein. »Entschuldigung. Ich habe mich wohl in meiner Wortwahl vergriffen. Ich werde draußen warten.«
»Aber nein«, sagte Andrew Millings in diesem Moment und sah die Französin sezierend an. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Kommissar, wäre ich froh, wenn Mademoiselle Duval hier bleiben dürfte.«
***
Zamorra erwachte mit brummendem Schädel aus der Ohnmacht. Blitzartig kam die Erinnerung zurück. Er hatte sich an dem Ort befunden, an dem Paola Lukos von dem gehörnten Dämon überfallen worden war, als ihn ein Schlag getroffen hatte. Rasch sah er sich um.
Er befand sich immer noch an Ort und Stelle. Er vermutete, dass er nur für Sekunden ohne Besinnung gewesen war. Mühsam kam er auf die Füße.
Und er registrierte, dass sich sein Amulett, das sich an einer Kette vor seiner Brust befand, erwärmt hatte. Um eine Sekunde zu sparen, rief er es zu sich, statt die Kette abzunehmen. Augenblicklich materialisierte Merlins Stern in seiner Hand.
Hektisch sah sich Zamorra um. Rechts von sich, weit abseits des Weges, knackte es in diesem Augenblick vernehmlich im Unterholz. Er sah dort eine huschende Bewegung; offenbar versteckte sich irgendjemand hinter dem breiten Stamm eines Olivenbaums.
Zamorra meinte, die Silhouette eines massigen Mannes gesehen zu haben. Ohne eine weitere Sekunde zu verlieren, rannte er los.
Die Gestalt legte nun jede Vorsicht ab, sprang aus ihrer Deckung und flüchtete.
Zamorra erkannte tatsächlich einen breitschultrigen Mann, dessen lange weiße Haare im Wind flatterten. Er huschte in atemberaubender Schnelligkeit zwischen den knorrigen Olivenbäumen hindurch.
Zamorra hechtete ihm hinterher. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte dieser Kerl ihn ohnmächtig geschlagen, und da das Amulett sich mittlerweile noch weiter erwärmt hatte, musste es
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