0804 - Das Teufelstor
eigenen Richtlinien, die auch schon einmal alle Naturgesetze auf den Kopf stellen konnten. Vorsicht war also angesagt.
Nicole sah sich ein wenig unentschlossen um. Im Grunde spielte es keine Rolle, in welche Richtung sie ging-Es war der leichte Wind, der ihre Entscheidung beeinflusste. Er trug Gerüche heran. Seltsame Düfte, die blumig und fruchtig zugleich erschienen.
Nicole Duval war ganz sicher nicht die Frau, die einer solchen Verlockung widerstehen konnte. Denn eines war gewiss: Diese Odeurs gehörten zu Parfümsorten, die sie noch nicht kannte.
Parfüm aus einer fremden Welt… mehr brauchte es nicht, um den Entdeckergeist der Französin zu wecken.
***
Zamorra starrte das geschlossene Tor an. Er wünschte, er hätte sich in eine Maus oder einen kleinen Vogel verwandeln können. Dann wäre es ihm sicher gelungen, Nicole doch noch durch den sich schließenden Türspalt zu folgen.
Aber Magie hatte auch für ihn ihre Grenzen. Es gab Dinge, die er nicht bewirken konnte, auch wenn er in der letzten Zeit wieder erheblich hinzu gelernt hatte; eingedenk der Tatsache, dass er sich nicht immer auf sein Amulett verlassen konnte und dass Dhyarra-Kristalle und E-Blaster auch keine omnipräsenten Hilfsmittel waren.
So wie jetzt: die Strahlwaffen hatten sie daheim gelassen, weil sie davon ausgingen, sie bei dieser Aktion nicht zu brauchen; außerdem war es bei Flügen immer so eine Sache, Waffen bei sich oder im Gepäck mitzuführen. Nicht überall half der Sonderausweis des britischen Innenministeriums, und nicht immer half Hypnose. Seit die Al-Quaidah die Twin-Towers von New York mit Flugzeugen auseinandergesprengt hatte und seit Mister President als Gegenaktion den Irak mit Krieg überzog, war Wachsamkeit erstes Gebot.
Den Dhyarra-Kristall hatte Nicole bei sich.
Und war mit ihm jenseits des Tores verschollen.
Blieb Zamorra also nur sein Amulett. Seine Gedanken überschlugen sich; er versuchte einen Weg zu finden, wie er das Tor wieder öffnen konnte. Wie er vielleicht ein anderes, neues Tor erschaffen konnte, das ihm parallel zu diesem einen Weg in die dahinter liegende Welt gewährte.
Er hatte so etwas einmal gemeinsam mit Ted Ewigk gemacht. Der eine mit seinem Machtkristall, der andere mit seinem Amulett. Die gewaltigen Energien, die sich dann nicht miteinander vertrugen, wenn ein Mensch sie zusammen einsetzte, hatten ein kleines Tor aus dem Nichts erschaffen.
Aber das schied hier aus. Er konnte Ted nicht schnell genug hierher bitten; hinzu kam, dass der vermutlich nicht einmal zu Hause in Rom zu erreichen war. Er suchte immer noch nach einer Spur, die ihn zu seiner spurlos verschwundenen Lebensgefährtin Carlotta führte. Und immer noch war er der Ansicht, es handele sich bei diesem Verschwinden um eine Entführung durch die DYNASTIE DER EWIGEN.
Also: kein Machtkristall.
Ob die Kraft von Nicoles Sternenstein ausreichte, war zweifelhaft. Zudem befand sie sich auf der anderen Seite und würde nicht einmal ansatzweise vorhersehen können, an welchem Punkt Zamorra das künstliche Ersatztor zu schaffen versuchte.
Der Parapsychologe schüttelte den Kopf. Er fand keine praktikable Lösung, zumindest nicht auf die Schnelle.
Fühlte Brik Simon, welche Gedanken hinter Zamorras Stirn kreisten?
Er legte seine Hand auf die Schulter des Dämonenjägers. »Du brauchst einen Schlüssel«, sagte er.
Zamorra sah ihn an. »Was meinst du damit, Brik?«
»Wenn eine Tür verschlossen ist, öffnet man sie mit einem Schlüssel. Wenn man den nicht hat, nimmt man einen Dietrich. Alte Einbrecherweisheit.«
»Wusste gar nicht, dass das auch zu deinem Berufsbild gehört«, murmelte Zamorra.
»He, ich bin nie ein Einbrecher gewesen, aber in London wurde ständig bei mir eingebrochen. So etwa zweimal im Jahrhundert«, schränkte er ein. »Daraus habe ich meine Schlüsse gezogen.«
»Schlüsse und Schlüssel unterscheiden sich nur durch einen Buchstaben«, grübelte Zamorra.
»So wie uniformiert und uninformiert«, ergänzte Simon sarkastisch.
Zamorra trat an das Tor heran. Begann es nicht allmählich zu verblassen? »Dieses verdammte Höllentor«, murmelte er verbissen. »Welcher Schlüssel passt hier? Sesam, öffne dich!«
Simon lachte; es klang fast hysterisch. »Glaubst du wirklich, der imaginäre Zauberspruch aus einem Märchen funktioniert auch in der Wirklichkeit?«
»Wenn du mir erklären kannst, was Wirklichkeit in Wirklichkeit ist, sage ich dir, was ich glaube und was nicht«, grummelte Zamorra verdrossen.
Simon
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