0804 - Der Zeithammer
stutzig. Hatte der Gott ihn zu sich geholt? Hatte er sich anders besonnen?
An der Spitze der Ältesten stürmte Mitsino den schrägen Stollen hinab, der zu der Kammer führte, in die er die neue Gottheit eingesperrt hatte. Von Zeit zu Zeit sah er sich nach Itsinach um.
Dieser merkte wohl, daß ihn der Allerälteste nicht aus den Augen ließ, und folgte getreulich. Levojs Leute standen noch immer vor dem einzigen Eingang der Kammer.
„Hat er sich bemerkbar gemacht?" fragte Mitsino.
„Kein einziges Mal, Erhabener."
„Dann öffnet!"
Die schwere, steinerne Tür schwenkte beiseite.
„Kommt und seht...!" rief Mitsino und war selbst der erste, der in die Kammer trat.
Mehr Worte brachte er nicht hervor. In den Wänden staken Fackeln, die rötlichgelbes Licht verbreiteten. Ein ganzes Dutzend Fackeln hatte der Allerälteste hereinbringen lassen, damit es dem neuen Gott, der Helligkeit gewöhnt war, nicht an Licht fehle.
Die Fackeln waren noch da.
Aber der Gott war spurlos verschwunden.
Itsinach war einer der ersten, die nach Mitsino über die Schwelle drängten. Er erfaßte die Lage mit einem Blick und begriff, daß die Stunde seines Triumphs gekommen war.
„Wo ist dein neuer Gott, Erhabener?" rief er spöttisch und drehte sich dabei einmal um die eigene Achse, um zu zeigen, daß er den Gesuchten nirgendwo erblicken könne. „Ich glaube gar, Mitsino hat den Rat der Ältesten täuschen wollen, um sich Respekt zu verschaffen, den er nicht verdient!"
Drohendes Gemurmel erhob sich unter den Ältesten. Mitsino kämpfte sich durch die Menge hinaus auf den Gang und fuhr Levojs Krieger an: „Ihr habt ihn entkommen lassen, ihr Schurken!"
Der Sprecher der Krieger trat vor.
„Du tust uns unrecht, Erhabener", widersprach er. „Wir haben die Tür keinen Atemzug lang aus den Augen gelassen. Der fremde Gott ist nicht an uns vorbeigekommen."
„Vielleicht ist er durch zehn Mannslängen Fels hindurch entwichen", höhnte Itsinach aus dem Hintergrund.
Mitsino packte den Sprecher der Krieger bei den Schultern.
„Erzähl diesen Narren, daß wir tatsächlich einen Gott gefunden und hierhergebracht haben!" flehte er ihn an. „Erzähl es ihnen!
Sie wollen mir nicht glauben!"
Der Krieger wandte sich an die Ältesten.
„Was der Erhabene sagt, ist wahr, ihr Ehrwüdigen.
Zwar bin ich nicht geschult zu erkennen, ob ein fremdes Wesen ein Gott ist oder nicht. Aber das Geschöpf, das wir brachten, sah dem Gott Bluf-po-la ähnlich!"
Itsinach trat vor.
„Schweig!" fuhr er den Krieger an. „Du weißt nichts über solche Dinge und kannst nichts dazu sagen. Diese Sache geht nur die Ältesten an."
Der eingeschüchterte Krieger trat zurück. Itsinach wandte sich an die übrigen Ältesten.
„Man muß über diese Sache beraten", erklärte er. „Wenn Mitsino die Absicht hatte, uns irrezuführen, dann müssen wir Beweise finden und ihn bestrafen.'' Zustimmendes Gemurmel antwortete ihm. Feindselige Blicke richteten sich auf den Allerältesten, der es gewagt hatte, den Rat der Ältesten an der Nase herumzuführen.
Das war ein Verstoß, den man ihm nicht vergeben würde.
Vielleicht hätte sich Mitsinos Schicksal schon jetzt, an diesem Ort, entschieden. Aber es trat ein Ereignis ein, wodurch der Allerälteste noch einmal eine Galgenfrist erhielt.
Dumpfe Heultöne erschollen plötzlich ringsum. Das waren die Steinhörner der Wachen, die von den Ausgucklöchern an der Außenseite des Burgfelsens Ausschau hielten und dafür sorgten, daß die Iti-Iti nicht unversehens von ihren Feinden angegriffen wurden.
Levojs Krieger, die den neuen Gott hatten bewachen sollen, rannten sofort davon.
Sie eilten zum Versammlungspunkt, um dort die Befehle der Truppenführer entgegenzunehmen. Von oben herab war lautes Geschrei zu hören.
Ein wirrer Haufen von Mucierern kam den Stollen herab.
Die Gesichter vor Angst verzerrt, stoben sie in panischer Furcht dahin. Die Ältesten wichen in die Kammer aus.
Der Strom der Flüchtenden tobte an ihnen vorbei. Mitsino hörte sie schreien: „Die fremden Götter sind zurückgekehrt!"
Fast hätte es dieser Information nicht mehr bedurft. Wenige Augenblicke später erschienen die ersten Fremden um die Biegung des Stollens. Mitsino erstarrte vor Schreck. Er kannte diese Gestalten, diese blauen Monturen, diese tödlichen Waffen.
Das waren die Fremden aus den Wolkenschiffen.
Die, denen er Gute Alte Gott hatte weichen müssen, dessen Burg im Hochtal gestanden hatte. Deren Station im Talkessel die Iti-Iti
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