0805 - Der Echsenvampir
die Häuser. Hartmann, der Drucker, war mit einiger Wahrscheinlichkeit noch in der Werkstätte anzutreffen; er arbeitete dort, solange es die Lichtverhältnisse zuließen, bisweilen brachte er dort sogar die Nächte zu, im Schein etlicher Kerzen.
In den letzten beiden Tagen war Arthur selbst von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in der Werkstätte gewesen, nur heute hatte Hartmann ihn früher nach Hause geschickt, nachdem er alle vorhandenen Pergamentdrucke koloriert hatte.
Arthur ärgerte sich darüber, dass er während dieser Zeit zu vorsichtig vorgegangen war. Es war im Grunde genommen Zeitverschwendung gewesen, während seine Geliebte langsam aber unaufhaltsam dem Verderben entgegenschlitterte…
Was hatte er schon herausgefunden? Hinweise, Details, die darauf schließen ließen, dass irgendetwas in der Druckerwerkstätte nicht mit rechten Dingen zuging. Drucksätze sakraler Texte, die zerstört worden waren, Drucke der Heiligen Schrift, die aus unerfindlichen Gründen in der Nacht zerrissen wurden…
Er hätte entschlossener zu Werke gehen, offensiv den Echsenvampir herausfordern müssen! Jetzt blieben ihm nur wenige Stunden, ihn ausfindig zu machen und die Art seiner Magie zu ergründen. Die Zeit saß ihm im Nacken und forderte ihn zu einem gnadenlosen Wettlauf heraus. Wer ihn gewann, war mehr als ungewiss.
***
In dem verborgenen Raum der Druckerwerkstätte stank es unvermittelt nach Schwefel. Der Echsenvampir fuhr herum, und was er sah, erfüllte ihn mit tiefer Zufriedenheit. Hoher Besuch war eingetroffen.
Er verbeugte sich. »Meister, ich danke Euch, dass Ihr gekommen seid.«
Asmodis ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. »Ein armseliges Loch, in dem du dich verkrochen hast.« Feuer loderte in seiner ausgestreckten Hand, doch die Flammen leuchteten in einem kalten Blau. Auch der Hintergrund seiner Pupillen brannte.
Der Echsendämon ließ sich von solchen Spielereien weder überraschen noch einschüchtern. »Ihr selbst habt mir Zurückhaltung geboten, Meister.«
Asmodis lachte dröhnend. »Um Worte bist du wahrlich nicht verlegen.«
»Genauso wenig wie Ihr«, schmeichelte der Echsenvampir.
»Du riefst mich«, sagte Asmodis schlicht, nicht auf die Unterwürfigkeit seines Dieners eingehend.
»Es schreitet voran! Noch in dieser Nacht wird die Gefährtin des Auserwählten zu meiner Dienerin werden.«
»Nimm Kontakt zu ihr auf«, forderte Asmodis.
Der Echsenvampir nickte. »Ich werde Euch einen genauen Bericht über ihren Zustand geben, Meister.« Er verwandelte sich, denn in seiner ursprünglichen Gestalt konnte er am leichtesten in den Geist seiner Dienerkreaturen eindringen.
Blitzartig überzog sich sein kompletter Leib mit Schuppen, sein Kopf schrumpfte zunächst in sich zusammen und zog sich dann in die Länge. Seine Zähne veränderten sich, bis zwei spitz zulaufende Reihen von Reißern entstanden waren. Sein Brustkorb dehnte sich aus, während der komplette Körper des Dämons zu einer riesenhaften Echsengestalt heranwuchs, die allerdings über vier komplett ausgebildete Extremitäten verfügte.
»Beeile dich«, meinte Asmodis, und es klang gelangweilt.
Ärgerlich wandte der Dämon seine Magie an, durchquerte den geringen trennenden Raum in Nullzeit. Er konnte zu seinen Dienern auf der ganzen Welt in Kontakt treten, wenn es die Situation erforderte.
Johanna, die Zielperson, widersetzte sich ihm allerdings. Sie war noch nicht vollständig zu seiner Dienerin geworden, ein Rest ihres erbärmlichen menschlichen Daseins regte sich noch in ihr. Ein letztes kleines Refugium des Widerstands, das den völligen Zugriff auf ihren Geist verhinderte.
In diesem Moment spürte der Echsendämon, wie eine ungeheure Macht ihn selbst überflutete. Magie griff nach ihm, floss durch ihn, die alles übertraf, das er jemals erlebt hatte. Er selbst schmolz im Vergleich zu einem unbedeutenden Nichts zusammen.
Asmodis! Der Fürst der Finsternis selbst nutzte ihn als Vehikel, ließ seine Macht durch ihn fließen. Kraft, die die seine um das Tausendfache übertraf, prallte auf den Widerstand, den Johanna zu leisten vermochte und der hinweg gespült wurde wie ein Staubkorn im Ozean.
Ich brauche keinen Bericht aus zweiter Hand, donnerte die Stimme des Höllenfürsten im Geist des Dämons auf. Was ich sehen möchte, sehe ich selbst!
Das letzte bisschen Mensch in Johanna wand sich und schrie, als sie bemerkte, wer sich ihr näherte, ihre innersten Gedanken aufspürte.
Der Kontakt dauerte nur Sekunden, und
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