0806 - Der Voodoo-Club
Frage. An seiner gerunzelten Stirn erkannte ich, daß er über den Stopp nachdachte. »Was geht dir nicht aus dem Sinn, Alter?«
Ich gab noch keine Antwort, sondern schaute nach vorn. Dort lief das Leben normal ab. Alte Autos fuhren über staubige Straßen. Die Sonne brannte gnadenlos auf die Häuser und Hütten nieder. Der Staub riß niemals ab, und manche Gerüche nahmen uns den Atem.
»Die Frau«, sagte ich.
»Also doch.«
»Hör auf, so meine ich das nicht. Ich habe eher das Gefühl, daß sie verdammt gut weiß, wie der Hase läuft.«
»Mit dieser Ansicht stehst du nicht allein, John.«
»Eben, das hatte ich gehofft.«
»Aber was weiß sie?« fragte Suko.
Ich hob die Schultern. »Vielleicht alles. Vielleicht nur einiges, jedenfalls wohl mehr als ihr Vater.«
»Kann hinkommen. Und sollte dies zutreffen, müssen wir uns warm anziehen. Aber nicht nur wir, auch der gute Carlos Miller, denn dann hat seine Tochter möglicherweise bei Gabors Tod mitgemischt, und das wäre fatal und verdammt schlimm.«
»Stimmt genau.«
»Die Folge wäre«, fuhr ich fort, »daß auch Carlos Miller in einer nicht unerheblichen Gefahr schwebt.«
Suko wischte seine Handflächen an der Hose ab. »Da gehst du aber sehr weit vor.«
»Warum nicht?«
»Weil du voraussetzt, daß Roberta auch ihren Vater, falls es hart auf hart kommt, töten muß oder wird. Stimmt das? Liege ich da so falsch?«
»Nein, wohl nicht.«
»Eben.«
»Voodoo«, murmelte Suko. »Voodoo ist ein verdammter Teufelskreis. Ich könnte mir vorstellen, daß Roberta mitmischt, denn Voodoo ist nicht nur reine Männersache.«
»Das außerdem.«
»Was sollen wir machen? Uns an sie halten?«
»Wir fahren erst zurück zum Hotel. Da wir hier keinen Stadtplan haben, schauen wir dort nach, wo es den kreolischen Friedhof gibt. Einverstanden?«
»Immer.«
»Okay.« Ich wollte starten, und meine Finger berührten auch den Zündschlüssel, das war auch alles. Im Innenspiegel hatte ich einen Wagen entdeckt, der hinter uns ankam. Es war ein Buick, froschgrün und mit weißen Reifen.
»Warum fährst du nicht?«
»Roberta kommt.«
Suko drehte sich um. Er pfiff durch die Zähne, und sein Gesicht nahm einen gespannten Ausdruck an, als er sah, daß sich Robertas Buick an unseren Wagen heranschob, ihn aber nicht passierte, sondern neben uns anhielt. Bei ihr fuhr die Scheibe automatisch nach unten. Wir sahen das Brillengestell funkeln, und hinter den Gläsern wirkten ihre Augen noch größer als normal.
»Was möchten Sie?«
Roberta lächelte eisig. »Daß Sie meinen Vater in Ruhe lassen und so schnell wie möglich aus diesem Land verschwinden. Nehmen Sie das nächstbeste Flugzeug. Fliegen Sie irgendwo hin, wo Sie nichts mehr von Haiti sehen können. Das ist mein Rat.«
»Danke dafür«, sagte ich, »aber noch gefällt es uns hier auf der Insel. Es gibt noch so viel zu entdecken.«
»Was denn?«
»Mal sehen…«
Sie schaute uns an, sagte dabei nichts. Ihr Blick versprach Bände.
Er war kalt wie Eis. Vor ihr würden wir uns in acht nehmen müssen.
Sie stand nicht auf unserer Seite.
»Eine Frage noch«, sagte ich.
»Ja…?«
»Was wußten Sie über Dan Gabor? Waren Sie gut mit ihm bekannt?«
»Ich kannte ihn«, gab sie zu.
»Auch seine Leidenschaft für Voodoo?«
»Wie bitte?«
»Voodoo…«
Roberta gab keine Antwort. Sie schien in dem Fahrzeug zu einem Eisklumpen zu werden. Auf ihrem Gesicht sahen wir eine zweite Haut, die Augen funkelten, und sie leckte einige Male über ihre Lippen. »Ihr werdet euch wundern«, sagte sie gerade so laut, daß nur wir es verstehen konnten, nicht die Neugierigen, die uns umstanden, weil sie etwas aufschnappen wollten.
»Worüber?«
Der Motor des Buick heulte zwar nicht auf. Für einen Zwölfzylinder wurde er aber doch laut, als der Wagen mit einem Kavaliersstart nach vorn preschte und mächtige Staubwolken unter seinen Reifen in die Höhe quollen.
Er schoß davon, und die Frau nahm keine Rücksicht auf die Menschen. Wir blieben noch stehen, bis sich der Staub etwas gesenkt hatte. Dann räusperte ich mich. »Es sieht so aus, als hätten wir in ihr schon eine Spur entdeckt.«
»Kann man sagen.«
»Gabor ist tot.«
»Und du meinst, diese Roberta hätte etwas mit seinem Ableben zu tun, denke ich.«
»Ja, das ist möglich. Jedenfalls schließe ich nichts aus. Zudem war ihre Warnung nicht zu überhören.«
Suko deutete nach vorn. »Fahr weiter, bevor die Menschentraube noch dichter wird.«
In der Tat schienen wir hier in der
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