0806 - Der Voodoo-Club
Körper noch aus, als könnte er sich auf den Knien halten. Dann fiel Carlos Miller auf den Rücken.
Durch den Tränenschleier starrte er in die Höhe.
Beide Frauen standen über ihm. In den maskenhaften Gesichtern rührte sich nichts.
Nur die Messer funkelten.
Sie senkten sich synchron. Miller konnte nur auf die Klingen schauen, etwas anderes sah er nicht.
»Ein letzter Gruß von deiner Tochter!« wurde ihm zugeflüstert.
Er hörte die Worte, sie rissen ihn noch einmal aus seiner Lethargie, und er wollte sich aufbäumen.
Das gelang nicht mehr.
Ein Fuß trat ihn zurück.
Er schrie. Zweimal hatten die beiden Frauen zugestoßen. Sie richteten sich wieder auf, schauten sich an, und ihr Nicken bewies, wie zufrieden sie mit ihrer »Arbeit« waren.
Die jedoch war noch nicht beendet.
Sie hatten etwas versprochen.
Und dieses Versprechen hielten sie ein…
***
Der Pfeil sah aus wie ein straff gespanntes Band, als er aus der Lücke zischte.
Er hätte mich in der Brust getroffen, so aber drang er nur in die Lehne des Sessels, wo er auch stecken blieb. Ob seine Spitze mit Gift getränkt war, wußte ich nicht. Ich ging zunächst davon aus, rollte mich weiter und bemerkte aus dem Augenwinkel, daß auch Suko in Deckung gegangen war.
Noch lag ich, lauerte auf einen zweiten Angriff, hörte dann die lauten Stimmen vom Eingang her und warf einen Blick dorthin.
Neue Gäste waren eingetroffen, mit der Ruhe war es dahin, mit der Gefahr vorläufig auch. Ich stand auf und verließ mit schnellen Schritten die Nähe der Sitzgruppe. Suko war mir gefolgt. Er hatte sogar noch die Nerven gehabt, den Stadtplan mitzunehmen.
Zwischen Rezeption und der Sitzgruppe war ich stehen geblieben und schaute mich um.
Es war keiner zu entdecken, der es auf uns abgesehen hätte. Die sich in der Halle befindlichen Menschen verhielten sich völlig normal. Niemand zeigte für uns ein besonderes Interesse.
Suko hob die Schultern, als er mich anschaute. »Du bist nicht erwischt worden.«
»Nein, nicht einmal geritzt!«
»Glaubst du an einen vergifteten Pfeil?«
»Ich weiß nicht. Moment, warte hier.« Ich ging zu meinem ehemaligen Sitzplatz und zerrte den Pfeil aus der Lehne. Er war dünn, doch sehr stabil.
Ich nahm die Spitze in Augenschein. Sie erinnerte mich an die einer Nadel, doch von einer giftigen Flüssigkeit konnte ich nichts erkennen. Falls sie damit getränkt worden war, steckte die jetzt im Rücken des Sessels.
Suko besah sich den Gegenstand ebenfalls genauer. »Der hätte dich schon ins Jenseits befördern können«, meinte er.
»Klar, und ich sah das Frauengesicht hinter den Blüten.«
»Unbekannt?«
»Mir schon!«
Suko lächelte kantig. »Dann gehst du davon aus, daß ich mit meiner Vermutung doch recht hatte. Man hat es auf uns abgesehen und die beiden Mörderinnen ins Hotel geschickt.«
»Sicher. Wir haben uns zu weit vorgewagt.« Ich betrachtete den blanken Marmorboden. »Aber wer hat das getan? Meinst du wirklich, daß Millers Tochter dahintersteckt?«
»Dabei bleibe ich.«
»Dann könnten wir sie auch für Dan Gabors Tod verantwortlich machen.«
»Stimmt. Aber darüber haben wir schon geredet, John. Ich frage mich nur, was alles dahintersteckt. Wir haben ja einige Voodoo-Fälle gelöst. In diesem aber spielen nur Frauen die Hauptrolle. Ich will nicht von einer Emanzipationswelle der Voodoo-Frauen sprechen, aber seltsam ist es schon.«
»Du hast recht.«
»Warum nur Frauen?«
Ja, warum? Suko hätte mir diese Frage nicht stellen sollen, die Antwort kannte ich selbst nicht. Bislang deutete tatsächlich alles darauf hin, daß wir es mit Frauen zu tun hatten, und Roberta Miller spielte dabei eine sehr wichtige Rolle, auch wenn sie es nicht direkt zugegeben hatte. Sie konnte durchaus die Person sein, die alle anderen Mitglieder an der langen Leine laufen ließ.
Suko hatte über dasselbe Problem nachgedacht wie ich. »Wir werden die Miller bestimmt auf dem Friedhof treffen«, sagte er. »Und die anderen ebenfalls.«
»Okay, fahren wir hin.« Ich warf noch einen Rundblick durch die Halle und sah auch das helle Licht hinter dem Eingang, das die Sonne auf die Erde streute.
Mir war es noch zu hell. Aus Erfahrung wußte ich, daß die alten Voodoo-Rituale nur bei Dunkelheit durchgeführt wurden, zumeist gegen Mitternacht und natürlich bei Vollmond.
Wir hatten Vollmond, mußten allerdings noch ein paar Stunden warten.
Die Halle hatte sich mittlerweile geleert. Unsere Aktion war nicht aufgefallen. Suko wandte sich an
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