0806 - Die Hexe von Köln
Gedanken an ihn zuckte Samira heftig zusammen. Gestern hatte er ganz üble Laune gehabt, und auch wenn er den Grund dafür nicht genannt hatte, sie konnte ihn sich denken. Sicher hatte er in dem Club, in dem er verkehrte, wieder Karten gespielt und dabei ein kleines Vermögen verzockt.
Mein Geld , dachte sie mit einem Anflug von Trotz.
Wenn es ihr doch nur endlich gelänge, ihn zu verlassen. Einfach abzuhauen und zu verschwinden, irgendwohin, wo er sie niemals finden würde.
Vielleicht in eine andere Stadt. Aber wohin? Sie kannte doch niemanden. Und dann, wenn er sie doch fand, was würde er mit ihr machen? Allein bei der Vorstellung bekam sie eine Gänsehaut.
Freddie war brutal. Ihm war alles zuzutrauen. Mehr als nur einmal hatte sie es am eigenen Leib erfahren.
Und sie war hilflos. Sie konnte nichts anderes tun, als sich zu fügen.
Samira wischte eine Träne aus dem Augenwinkel und strich sich die langen Haare glatt. Es ging nicht anders. Wenn sie nicht riskieren wollte, dass Freddie wieder ausflippte, blieb ihr nur die Straße.
Als sie nach ihrer Jacke griff, um sie sich über die Schultern zu werfen, öffnete sich die Tür.
Ein 1,80 Meter großer, kräftig gebauter Mann trat ein, ohne vorher zumindest angeklopft zu haben. Er trug Jeans, eine schwarze Lederjacke und derbe Stiefel. Seine schwarzen Haare waren im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
»Freddie«, sagte Samira mit zitternder Stimme. »Ich habe gerade an dich gedacht.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Er schlug die Tür hinter sich zu und torkelte ins Zimmer.
»Du hast getrunken?«
In Freddies gerötetem Gesicht traten die Wangenknochen hervor. »Das geht dich nichts an. Sieh lieber zu, dass du mit meinem Geld rüberkommst. Ich hab es eilig.«
Jedes seiner Worte traf Samira wie ein körperlicher Schlag. Sie brachte keinen Ton hervor, denn es gab nichts zu sagen. Sie hatte heute noch nichts eingenommen, und gestern hatte er bereits abkassiert.
Kaum merklich schüttelte sie den Kopf.
»Du hast also nichts?« Freddies Stimme klang eiskalt. Samira hatte den Eindruck, dass sich das Zimmer in eine Gruft verwandelte. Und Freddie war Henker und Bestattungsunternehmer in einer Person.
Sie wollte ihm antworten, sich entschuldigen, aber sie kam nicht mehr dazu.
Plötzlich sprang Freddie vor und packte die junge Frau mit einer Hand bei den Haaren. Mit der anderen holte er aus und gab ihr eine schallende Ohrfeige.
Benommen taumelte Samira zu Boden.
»Bitte nicht«, wimmerte sie mit tränenerstickter Stimme. »Ich will nicht…«
»Du willst nicht? Ich glaube, ich muss dir mal wieder deine Pflichten aufzeigen.«
Erneut holte Freddie aus und schlug zu.
Dann fiel er ohne Mitleid über sie her…
***
Verfolgungsjagd
»Sie sind… was?« Im Gesicht des Hauptkommissars arbeitete es. »Das erinnert mich an diesen John… wie heißt er noch gleich? Dieser Geisterjäger von Scotland Yard…«
Zamorra zuckte mit den Achseln. In der Öffentlichkeit sprach er nicht gern über Kollegen.
»Parapsychologe und Geschichtsforscher«, sagte er stattdessen. »Das sollte ausreichen.«
»Und der Polizeipräsident ist tatsächlich der Meinung, Sie können in diesem Fall mehr erreichen als der gesamte Kölner Polizeiapparat?« Kopfschüttelnd studierte Peffgen das Schreiben in Zamorras Hand. »Wie ich sehe, haben Sie Vollmachten, von denen das BKA nur träumt. Also schön, wenn Sie Hilfe benötigen, lassen Sie es mich wissen.«
»Zunächst würde ich gern einen Blick auf die Personenbeschreibung werfen.«
Peffgen winkte einen Uniformierten heran und ließ sich die Zeugenaussage geben. »Wir lassen eine Zeichnung danach anfertigen, aber vielleicht hilft Ihnen das hier schon.«
Zamorra studierte sorgfältig die Beschreibung der jungen Frau, die der Augenzeuge angeblich gesehen hatte. Die beschriebene Person unterschied sich in nichts von tausend anderen Frauen in diesem Alter - bis auf einen Unterschied: die magischen Symbole auf ihrer Jacke.
Zu gern hätte der Dämonenjäger den Augenzeugen noch einmal persönlich befragt, aber die Polizei hatte ihn nach seiner Aussage bereits wieder entlassen. Das war ärgerlich, aber nicht mehr zu ändern.
»Ich kann Ihnen seine Adresse geben«, bot Peffgen an.
Zamorra dachte einen Moment lang nach, dann winkte er ab. »Wenn es nötig ist, komme ich darauf zurück.«
Er hatte nicht den Eindruck, dass dem Polizeibeamten seine Einmischung schmeckte, aber das war ihm egal.
Sein Informant Pascal Lafitte hatte
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