0806 - Die Hexe von Köln
mal wieder das Gras wachsen hören, was in diesem Fall nicht besonders schwierig war, weil die bizarren Morde inzwischen in ganz Köln Stadtgespräch waren. Dass Nicole allerdings zeitgleich darauf gestoßen war, war ein höchst amüsanter Zufall.
Sie lächelte ihn an und machte ihn mit Claus Wagenbach bekannt.
»Schriftsteller? Und da interessieren Sie sich für ungewöhnliche Verbrechen?«
Irgendwie erinnerte ihn das an Brik Simon, den britischen Literaten, der in Deutschland ansässig geworden war und mit dem zusammen er erst vor kurzem verhindert hatte, dass sich die Tore zu den Ash-Welten schlossen.
Es hatte mit den Siegeln der Vernichtung zu tun gehabt, und auch Nicole und der Silbermond-Druide Gryf ap Llandrysgryf waren mit von der Partie gewesen. Und um ein Haar wären Nicole und Gryf für alle Zeiten in Ash'Tarr gefangen geblieben, wenn sich das Tor dorthin tatsächlich geschlossen hätte.
Aber Zamorra hatte diesen Vorgang gerade noch stoppen können und den beiden die Rückkehr zur Erde ermöglicht.
Das war allerdings nicht ohne die Hilfe einer goldäugigen Wesenheit möglich gewesen, die von Nicole und Gryf aus der Tyrannei des Vampirgrafen Ormoff befreit worden war und sich in mehreren Wesen zugleich manifestierte. [1]
Brik Simon, der mit Zamorra freundschaftlich bekannt war, hatte ihm das Tor nach Ash’Tarr gezeigt. Er gehörte zu der Kategorie Mensch, die immer wieder in mysteriöse Ereignisse verwickelt wurden, ob sie es nun wollten oder nicht.
War dieser Wagenbach auch so ein Typ?
»In der Not frisst der Teufel Fliegen«, sagte der Kölner. »Vielleicht benutze ich den Stoff für einen Roman.«
»Sie haben eine blumige Ausdrucksweise. Lassen Sie das mal nicht den Teufel hören, solche Bemerkungen von Sterblichen schätzt er nämlich gar nicht. Glauben Sie mir, ich kenne ihn.«
Zamorra entging nicht, dass Wagenbach die Nase rümpfte. »Wenn das so ist, achte ich künftig besser auf meine Worte. Wer bin ich, dass ich mich mit dem Teufel anlege?«
»Kluge Entscheidung.« Nicole lachte, und Zamorra war der Grund bewusst. Sie hatten Bekannte in zahlreichen Ländern der Erde, auch bei vielen Polizeiorganisationen, die vom Kampf der beiden Gefährten gegen das manifestierte Böse wussten, aber dieser Wagenbach hatte nicht die geringste Ahnung von solchen Dingen.
»Glauben Sie an Übersinnliches?«, fragte Zamorra aus einem Impuls heraus.
»An UFOs und so etwas?« Die Gegenfrage klang verächtlich. »Na ja, ganz so unbedarft, wie Sie vielleicht meinen, bin ich nicht. Weiße Mäuse und rosa Elefanten habe ich jedenfalls schon gesehen. Wenn ich mich recht entsinne, saßen sie sogar gemeinsam mit mir an der Theke.«
Zamorra und Nicole warfen sich einen viel sagenden Blick zu. Dieser Wagenbach wollte den Eindruck erwecken, ein bierseliger Spinner zu sein, aber es steckte weitaus mehr hinter dieser Fassade.
»Überzeugen wir uns mit eigenen Augen.«
Zamorra zog Merlins Stern unter dem Hemd hervor und konzentrierte sich auf die Zeitschau. Er kniff die Augen zusammen und versetzte sich in eine Halbtrance, bis in der Mitte des Amuletts Bilder wie auf einem Mini-Bildschirm erschienen.
Da die Geschehnisse noch nicht allzu lange zurücklagen, bereitete dem Parapsychologen der Prozess keine besondere Mühe. Im Extremfall ließ sich mit Hilfe des Amuletts bis zu 24 Stunden in die Vergangenheit schauen, doch war der Vorgang dann äußerst kraftraubend und erforderte anschließend geistige und körperliche Regeneration.
Ein Überschreiten dieses Zeitrahmens konnte sogar den Tod bedeuten.
»Was tun Sie da?« Erfolglos versuchte Wagenbach einen Blick zu erhaschen.
»Fernsehen«, warf Nicole ein. Sie drängte Wagenbach etwas zur Seite, damit er ihren Gefährten nicht in seiner Konzentration störte.
Wortlos setzte sich Zamorra in Bewegung und lief die Stufen der Treppe zum Rathaus hinauf. Die Polizisten achteten nicht auf ihn, und Peffgen war wahrscheinlich sowieso froh, ihn los zu sein.
Nicole eilte hinter Zamorra her, und Wagenbach schloss sich ihr nach kurzem Zögern an. Er wirkte jetzt wie ein Bluthund, der Witterung aufgenommen hatte.
»Die Personenbeschreibung ist ziemlich gut«, murmelte Zamorra, das Bild der jungen Frau deutlich vor Augen. »Ein Spinner war der Zeuge also nicht. Ich glaube eher, dass seine Schilderung ziemlich genau mit dem Tathergang übereinstimmt.«
Zamorra hatte die Frau mit dem Amulett »erwischt«, direkt am Tatort. Die Schilderung des Zeugen und das wirkliche Aussehen
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