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0806 - Die Hexe von Köln

0806 - Die Hexe von Köln

Titel: 0806 - Die Hexe von Köln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Mehnert
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sein Gesicht. Wer immer hier unten tätig war, rechnete offenbar damit, dass bei einem Notfall die elektrische Beleuchtung ausfiel. Anders ließen sich die Fackeln nicht erklären, die achtlos zwischen einigen Schaufeln auf dem Boden lagen. Sie kamen ihm wie gerufen.
    Er nahm vier Stufen und spähte in die gähnende Vertiefung. Der Boden war im Schein der schwachen Flamme nicht auszumachen. Wer hier abstürzte, hatte es wahrscheinlich hinter sich, ganz davon abgesehen, dass er aus eigener Kraft nie wieder aus dem Loch herauskäme.
    Plötzlich vernahm Zamorra ein Geräusch und drehte sich in die Richtung, aus der es gekommen war. Zumindest wenn er sich nicht irrte, aber das unüberschaubare Labyrinth machte eine exakte Bestimmung schwierig. Unter einer halb in der Luft hängenden, viele Jahrhunderte alten Treppe entdeckte er eine geräumige Kammer, die sein Interesse erregte.
    Rasch griff Zamorra nach einer der Fackeln, und nach mehreren Versuchen gelang es ihm, sie anzuzünden. Aufatmend steckte er das Feuerzeug weg, an dessen Metallteilen er sich bereits die Finger verbrannte.
    »Versteckst du dich dort hinten?«, murmelte er und lief ein Stück Weg zurück, bis er eine bereits zuvor passierte Abzweigung erreichte.
    Diesmal folgte er ihrem Verlauf rechtsseitig, wobei sich die Fackel als große Hilfe erwies. Dank ihr kam er viel schneller und sicherer voran. Einen Sinn in dieser Jagd konnte er indes immer noch nicht erkennen. Wieso versteckte sich diese Frau ausgerechnet unter dem Kölner Dom?
    Mehrmals musste er Höhenunterschiede zwischen den Mauerresten überwinden. An vielen Stellen hatten über fünfzig Jahre Ausgrabungen alles offenbart, was davor verschüttet gewesen war. Nicht nur die Vorgängerbauten des Kölner Doms seit dem frühen vierten Jahrhundert, sondern Überbleibsel noch älterer römischer Gebäude. An anderen Stellen waren die Arbeiten irgendwann eingestellt worden, und niemand wusste, wann man mit ihnen fortfahren würde.
    Zamorras Interesse war geweckt, und er hätte sich zu gern intensiver umgeschaut, aber dafür gab es öffentliche Führungen, an denen jeder teilnehmen konnte. Die Geistermörderin, wie sie von der Presse genannt wurde, war zweifellos aus einem anderen Grund hier unten. Doch aus welchem?
    Wieder kam er zu einer Treppe, die abwärts führte, und Zamorra rief sich in Erinnerung, dass er sich in östlicher Richtung, also zum Rheinufer hin bewegte. Deshalb war es hier so abschüssig, denn zu römischer Zeit hatte dieser Bereich noch in einem längst nicht mehr existierenden Rheinarm gelegen. Er erinnerte sich, von einer versteckten Kapelle gelesen zu haben, die verschlossen und nicht zugänglich war. Er musste sich in ihrer unmittelbaren Nähe befinden.
    Als er vor einem schweren grünen Brokatvorhang stand, war er sicher, dass sie vor ihm lag. Vorsichtig schob er die beiden Hälften des Vorhangs auseinander, dabei die Fackel gleichzeitig als Abwehrwaffe gegen einen möglichen Überraschungsangriff vor der Brust erhoben. Hinter dem Vorhang war eine Krypta, in der seit den Fünfziger Jahren die Kölner Erzbischöfe bestattet wurden.
    Als Zamorra durch den Vorhang trat, hielt er überrascht inne. Das Tor zur Kapelle stand weit offen. Kühle Luft empfing ihn, und der Raum, in den er eintrat, war klein, die Wände bestanden aus beigebraunen Steinquadern. Ebenfalls steinerne Bänke füllten ihn beinahe vollständig, und es gab auch einen Steinaltar.
    Zamorra lauschte. Kein Laut war zu hören. War er auf der richtigen Spur, oder steckte die Frau ganz woanders?
    Zamorra schwenkte die Fackel, um die Raumecken auszuleuchten, aber dort versteckte sich niemand. Trotzdem sagten ihm seine Sinne, dass er nicht allein war. Er vermutete, dass die Kapelle normalerweise verschlossen war, also hatte sie jemand aufgesperrt.
    Jemand, der hier unten eigentlich nichts verloren hatte.
    Mit weiten Schritten lief er zwischen den beiden Bankreihen hindurch und stand vor einem weiteren Durchgang. Auch er war geöffnet. Fahles Licht war in der Ferne zu erkennen.
    In der Feme? Unmöglich. Als er sich darauf konzentrierte, hatte Zamorra das Gefühl, dass das Licht nicht in dem Raum selbst existierte, sondern auf unbegreifliche Art von einem anderen Ort übertragen wurde. Von einem Ort, der nicht in der kleinen Kammer lag. Er stand mit ihr nur in einer direkten Verbindung.
    Zamorra vernahm ein Geräusch, das beinahe wie Atmen klang, doch die verfolgte Frau war auch hier nicht zu sehen. Dabei war er sicher, dass

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