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0806 - Die Hexe von Köln

0806 - Die Hexe von Köln

Titel: 0806 - Die Hexe von Köln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Mehnert
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unter der Wasseroberfläche lebten. Heute wusste Samira es besser. Die Monster lebten nicht im Wasser, sie lebten in den Städten, und ausgerechnet sie war in die Fänge eines von ihnen geraten, aus denen es kein Entkommen mehr gab.
    Ihr blieb einfach keine andere Wahl. Vielleicht hätte es eine gegeben, wenn sie einen Freund zum Reden gehabt hätte. Jemanden, der ihr half. Oder besser noch - eine Freundin. Eine Frau, die so dachte wie sie selbst und die sie verstand. Doch außer dem widerlichen Freddie gab es keinen Menschen in Samiras Leben, der sich um sie gekümmert hätte, also waren die Gedanken müßig.
    Ein kurzer Sprung, ein paar Sekunden der Furcht, und alles war vorbei. Danach würde sie nie mehr Angst haben.
    Entschlossen richtete sich Samira auf und hob ein Bein, um über das Brückengeländer zu klettern. Es war nicht besonders hoch, trotzdem hatte sie sich die Sache leichter vorgestellt. Da war etwas in ihr, dass sie zurückhalten wollte und ihren Körper schwer wie Blei machte. Sie musste sämtliche Kraft zusammennehmen, dann war sie endlich halb drüben.
    Unter ihr war der Abgrund, der darauf wartete, sie zu verschlucken. Samira stieß sich ab und…
    ... wurde zurückgerissen.
    Was sollte das? Wer wagte es, sie an der Ausführung ihres Plans zu hindern? Ein zweites Mal würde sie den Mut, den entscheidenden Schritt zu tun, wahrscheinlich nicht aufbringen.
    »Nein!«, schrie sie verzweifelt. Ein Passant? Wieso ausgerechnet in diesem Moment? Und wo war er so plötzlich hergekommen?
    »Du willst sterben? Was für eine törichte Idee für jemanden, der so hübsch ist«, flüsterte eine liebliche Stimme an Samiras Ohr. Sie stammte eindeutig von einer Frau.
    Samira fuhr herum. Das geht Sie gar nichts an , wollte sie schreien. Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten. Aber die Worte blieben ihr im Hals stecken, als sie die unbekannte Frau ansah.
    Fantasierte sie? Es war tatsächlich eine Frau, die sie festhielt, allerdings eine, wie Samira sie noch nie gesehen hatte, denn aus ihrem Kopf wuchsen Hörner.
    »Man nennt mich Stygia«, stellte sich die Fremde vor. Ein gleichermaßen diabolisches wie anziehendes Lächeln erschien in ihrem Gesicht. »Und ich erkenne dein Problem.«
    »Aber wieso… Ich verstehe nicht. Was willst du von mir?«
    Unwillkürlich duzte sie die Fremde ebenfalls. Der Regen peitschte nicht länger in Samiras Gesicht, wie sie voller Erstaunen feststellte. Als sie eine Hand hob und sich über die Wangen fuhr, waren sie trocken und glühten beinahe. Die Kleidung klebte nicht länger wie nasse Lappen an ihrem Körper. Selbst der ringsum pfeifende Wind erreichte sie nicht mehr, sondern machte einen Bogen um sie.
    Was ging hier vor sich?
    »Das ist Magie«, sagte Stygia, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. »Aber du brauchst dich nicht zu fürchten, denn ich bin hier, um dich mit meiner Magie zu schützen.«
    »Magie? So etwas gibt es nicht!«
    Ein helles Lachen war die Antwort. »Was, glaubst du, geschieht dann gerade mit dir?«
    Darauf fand Samira keine Antwort. Die unerklärlichen Veränderungen ließen sich nicht leugnen. Sie hätte pitschnass sein müssen, war es aber nicht, obwohl es unvermindert stark regnete. Dafür gab es keine logische Erklärung.
    »Dein Schweigen verrät mir, dass du verstehst. Also vergiss deine Zweifel und vertraue mir. Es ist nur zu deinem Besten.«
    »Aber wieso?« Samira hatte das Gefühl zu träumen. Es gab keine andere Erklärung für die seltsame Erscheinung. »Was willst du von mir?«
    »Dich zunächst einmal von hier fortbringen, bevor du deinen törichten Plan doch noch in die Tat umsetzt. Ich sagte doch, ich bin gekommen, um dir zu helfen. Nicht viele Menschen können diese Gunst von mir erwarten, denn sie sind es nicht wert. Bei dir ist das etwas anderes. Du bist etwas Besonderes.«
    Samira wollte die Fremde abwehren, aber sie brachte die Kraft nicht auf. Eigentlich war es ihr auch viel lieber so, denn tief in ihrem Innersten wollte sie nicht sterben. Sie wollte leben, und sie wollte lieben. Auf einmal spürte sie eine so tiefe Zuneigung in sich, wie sie sie noch nie für einen Menschen empfunden hatte.
    Aber war denn Stygia überhaupt ein Mensch?
    Es war Samira gleichgültig. Ohne dass sie darüber nachdachte, hob sie die Arme und schlang sie um die wunderschöne gehörnte Frau. Sie verschwendete keinen Gedanken daran, dass ihre Reaktion völlig widernatürlich war. Angesichts der geheimnisvollen Vorgänge und der Frau, die nicht von dieser

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