0806 - Die Hexe von Köln
sie darüber zu informieren. Also war er noch in der Nähe.
»Dann müssen die mich hier einschließen.«
»Klingt nach einer romantischen Nacht«, antwortete Wagenbach. Aber sein Gesichtsausdruck verriet, dass ihm bei der Vorstellung alles andere als wohl war.
***
Zamorra hatte keine Ahnung, wie viel Zeit verstrichen war, als sein Geist aus der Dunkelheit wieder ans Licht trat. Er schlug die Augen auf und stellte fest, dass er nackt war. Seine Kleidung lag ordentlich sortiert auf einem Schemel.
Mit Stricken aus Leder war er an ein x-förmiges übermannsgroßes Holzkreuz gefesselt, das von der Decke herabhing. An verschiedenen Stellen standen Leuchter, in deren Schalen glühende Kohlen loderten. Sie verbreiteten eine angenehme Wärme, die die Kälte der unterirdischen Gänge vergessen ließ. Gleichzeitig erhellten sie die Umgebung, sodass jedes Detail des kleinen Raums zu erkennen war.
Zamorra entdeckte allerlei okkultes Brimborium. Die Wand in seinem Rücken war mit zahlreichen fantasievoll gezeichneten Symbolen bedeckt, von denen sich ein Großteil Darstellungen des Hexensabbats widmete.
»Endlich wieder aufgewacht? Ich habe schon befürchtet, dich zu hart angefasst zu haben.«
Eine junge Frau mit langen brauen Haaren stand vor ihm. Es war diejenige, die ihm das Amulett in der Zeitschau gezeigt hatte. Er war also der richtigen Beute gefolgt.
Das Amulett! Es hing nicht mehr über seiner Brust, sondern lag auf einem Tisch, auf dem verschiedene magische Utensilien aufgebaut waren.
Zamorra gewahrte mehrere dicke Bücherschwarten, Gläser und Fläschchen mit Tinkturen, Kräutern oder anderen Destillaten neben Gemmen und magischen Steinen. Außerdem seinem eigenen entfernt ähnelnde Amulette und andere Fetische. Dazwischen lag ein Totenschädel, über dessen Herkunft sich Zamorra lieber keine Gedanken machte.
»Wer bist du?«, fragte er mit einem rauen Krächzen. »Was mache ich hier?«
»Kaum wach, und schon so neugierig?«
»Ich weiß immer gern, auf wessen Party ich eingeladen bin.«
Die junge Frau trat näher an ihn heran, und zum ersten Mal hatte er Gelegenheit, sie genauer zu betrachten. Sie hatte ein ebenmäßiges Gesicht mit grünen Augen und vollen Lippen. Auf ihrer Stirn prangte ein Pentagramm. Das hatte sie nicht getragen, als er sie in der Zeitschau gesehen hatte.
Auch nicht die Kleidung, in der sie nun steckte. Sie hatte sich umgezogen und trug nun ein knöchellanges weinrotes Kleid, das die Schultern frei ließ und von einer im Nacken geschlossenen Spange gehalten wurde. Reife schmückten ihre Arme. Am beeindruckendsten fand Zamorra aber den Dolch in ihrer Hand, mit dessen Spitze sie sanft über seine Brust fuhr.
»Ich heiße Samira«, sagte sie. »Die zweite Frage kannst du dir selbst beantworten. Du bist hier, weil du mich verfolgt hast. Das hast du doch, nicht wahr?«
»Und wenn das so wäre?«
»Dann würde ich dich fragen zu welchem Zweck.«
»Eine alte Angewohnheit von mir. Ich verfolge häufig schöne Frauen.«
Wieder erklang das glockenhelle Lachen, doch dann wurde Samira schlagartig ernst. »Ein nettes Kompliment, aber du kannst mich nicht täuschen. Du bist nicht irgendwer. Ich spüre deutlich die Gefahr, die von dir ausgeht.«
»Ich kann mich nicht erinnern, gefährlich zu sein.«
»Gib dir keine Mühe, mich zu belügen. Ich durchschaue dich und erkenne deine Fähigkeiten. Ich bin zwar noch nicht sicher, was du wirklich darstellst, aber ich werde es herausfinden.«
Ihre Worte bestätigten Zamorras Ahnung. Auch er hatte es nicht mit einer gewöhnlichen jungen Frau zu tun. Ansonsten hätte er nämlich weder eine Gefahr für sie dargestellt, noch wäre sie überhaupt auf diese Idee gekommen. Wieder schaute er sich in dem kleinen Verlies um, und was er sah ließ nur einen Schluss zu.
»Du bist eine Hexe, auch wenn die Presse dich eine Geistermörderin nennt.«
»Was weißt du von Hexen?«, schnitt es scharf durch die Luft. »Hexen sind Aberglaube. Sie existieren nur in Erzählungen.«
»Wir beide wissen es besser. Ich bin Zeuge einer deiner Taten geworden.«
»Unmöglich. Ich bin sicher, dass ich dich schon vorher bemerkt hätte.«
»Ich bin auch erst später am Ort deiner Tat eingetroffen. Ich habe andere Möglichkeiten und musste nicht persönlich dabei anwesend sein, um zu sehen, was du getan hast.«
Die Frau schielte zu dem Amulett hinüber. »Dein kleines Spielzeug ist dafür verantwortlich, vermute ich.«
Zamorra sparte sich die Antwort. Stattdessen versuchte er
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