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0808 - Anruf aus dem Jenseits

0808 - Anruf aus dem Jenseits

Titel: 0808 - Anruf aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Breuer
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um ihr beruhigend die Hand auf die Schulter zu legen.
    »Keine Panik«, beschwichtigte er sie. »Wir schaffen das schon!«
    Er wusste selbst, wie furchtbar hohl sich diese Worte anhören mussten.
    Christine blickte auf. »So wie Claude?«, fragte sie bitter.
    Vignier konnte nur mit den Achseln zucken. Was hätte er auch sagen sollen?
    Als er am Vortag von der Geistererscheinung heimgesucht worden war, hatte er sogleich Claude angerufen. Anstelle des alten Freundes hatte sich jedoch ein Polizeibeamter gemeldet.
    »Ich brauche jetzt erstmal was zu trinken«, riss ihn Christine aus seinen Gedanken.
    Abrupt schüttelte sie seine Hand ab und stand auf.
    »Denkst du nicht, du hattest schon genug?«, fragte Vignier hart. Seit er bei ihr war, schüttete sie ein Glas Rotwein nach dem anderen in sich hinein. Er konnte es ihr nicht einmal verdenken. Am Liebsten hätte er sich ebenfalls betrunken, doch er ahnte, dass er schon bald einen klaren Kopf brauchen würde.
    Christine schenkte sich eine Erwiderung. Stattdessen warf sie ihm einen bösen Blick zu, griff nach ihrem Glas und verschwand damit in der Küche.
    Vignier blickte ihr kopfschüttelnd nach. Von dem Polizeibeamten hatte er erfahren, was mit Claude geschehen war. Ob die seltsame Erscheinung nun tatsächlich übernatürlichen Ursprungs war oder nicht - offensichtlich meinte sie es verdammt ernst!
    »Ich versuche noch einmal, Georges zu erreichen«, rief Vignier in Richtung Küche und griff wieder nach dem Telefon.
    Christine antwortete nicht. Vielleicht hatte der Wein endlich Wirkung gezeigt und sie aus den Schuhen gehauen. Das wäre jedenfalls besser als ein weiterer hysterischer Anfall, wie ihn Vignier bei seiner Ankunft hatte erleben dürfen.
    Ruhig nahm er den Hörer ab und tippte die Handynummer seines Freundes ein. Einen Moment später lauschte er gespannt.
    »Ja?«, meldete sich eine verschlafen klingende Stimme, gerade als Vignier die Hoffnung, jemanden zu erreichen, für diesen Morgen aufgeben wollte.
    »Georges?«, fragte er. »Georges Tribolet?«
    »Am Apparat«, antwortete der Freund gereizt. Offenbar war er wie Corbiere aus dem Tiefschlaf gerissen worden. »Was gibt’s? Wer ist da überhaupt?«
    Vignier nannte seinen Namen. Am anderen Ende der Leitung wurde es still.
    »Dir ist es auch erschienen?«, fragte Tribolet nach einer schier endlosen Zeit zögernd.
    »Christine ebenfalls«, bestätigte Vignier.
    Er machte eine Pause. »Claude ist schon tot«, fügte er dann hinzu. »Was immer das ist, es macht ernst!«
    »Claude ist tot?«, echote Tribolet. Seine Stimme schien sich fast zu überschlagen. »Was ist passiert?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Vignier wahrheitsgemäß. »Die Polizei wollte mir am Telefon nichts Näheres sagen. Georges, wir müssen uns treffen!«
    Aus den Augenwinkeln sah er, wie Christine zurückkam. Sie blieb abwartend im Türrahmen stehen und nippte an ihrem frisch gefüllten Glas.
    »Ja«, antwortete Tribolet schließlich gedehnt, »du hast Recht…«
    Plötzlich klingelte es im Hintergrund. Er unterbrach sich.
    »Moment, jemand versucht, mich über das Festnetz zu erreichen«, erklärte er.
    Vignier hörte, wie sein Freund das Mobiltelefon ablegte und sich entfernte. Das Klingeln verstummte.
    Er wechselte einen Blick mit Christine. Ihre Augen glänzten vom Wein. Wenn sie so weitermachte, würde sie spätestens gegen Mittag volltrunken sein.
    Undeutlich wehte Tribolets Stimme zu ihm herüber. Der Freund sprach in kurzen, abgehackt wirkenden Sätzen mit dem Anrufer. Was er sagte, war jedoch nicht zu verstehen.
    Dann stieß er plötzlich einen heiseren Schrei aus.
    Vignier spürte, wie ihm eiskalt wurde.
    »Georges«, rief er in den Hörer, »Georges, was ist los?«
    Der Freund antwortete nicht. Er schrie immer noch. Ja, mehr noch, er brüllte wie am Spieß. Tribolet schien unglaubliche Schmerzen zu haben.
    Schlagartig wurde Vignier klar, dass er soeben Zeuge eines Mordes wurde.
    »Georges, was geht da vor?«, rief er wieder, doch ihm war längst klar, dass er keine vernünftige Antwort mehr bekommen würde.
    Das infernalische Schreien brach ab. Das Geräusch eines zu Boden fallenden Körpers war zu hören, dann herrschte völlige Stille.
    Totenbleich ließ Vignier den Hörer sinken und starrte Christine an. Auch sie war aschfahl geworden. Ihre um das Glas gekrallte Hand zitterte.
    »Was ist da passiert?«, hauchte sie.
    Vignier schüttelte stumm den Kopf. »Ich weiß nicht«, antwortete er. »Georges… Plötzlich hat er

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