0808 - Anruf aus dem Jenseits
zeigte das Amulett keine weitere Reaktion. Dennoch zweifelte der Parapsychologe nicht daran, dass sie hier des Rätsels Lösung einen Schritt näher kommen würden. Sein durch jahrelange Auseinandersetzungen mit dem Übernatürlichen geschärfter Instinkt trog ihn selten.
Sie machten sich auf den Weg in Gougeons Wohnzimmer, um sich auch dort gründlich umzusehen. Der hintere Teil des Raums wurde von reich gefüllten Bücherregalen und einem Schreibtisch eingenommen, auf dem sich Papiere stapelten.
»Das habt ihr alles durchgeforstet?«, entfuhr es Nicole angesichts des Papierwusts.
»Allerdings«, bestätigte Vendell. »Es war ein Fest für die Sinne«, fügte er etwas säuerlich hinzu. Nicole schmunzelte.
Zamorra trat unterdessen vor eines der Bücherregale und ließ seinen Blick über die Titel schweifen. Neben Romanen und Bildbänden fand sich viel Fachliteratur. Er erinnerte sich, dass Gougeon Student gewesen war.
Nicole hatte derweil eine kleine schwarze Kladde vom Schreibtisch genommen. Es schien sich um das Adressbuch des Toten zu handeln. Neugierig begann sie, darin zu blättern. Tatsächlich, in der Kladde waren streng alphabetisch die Namen seiner Freunde und Bekannten aufgelistet.
»Hat man die alle schon überprüft?«, fragte sie und wedelte mit dem Buch.
Robin verzog die pfiffigen Gesichtszüge zu einem Grinsen. »Nicole, wir sind schnell, aber nicht so schnell! Der Mann ist gerade 24 Stunden tot und bis gestern Abend hatten wir keine Ahnung, dass tatsächlich ein Mord vorliegt.«
Nicole nickte abwesend und blätterte weiter. Plötzlich runzelte sie die Stirn.
»Das ist komisch«, murmelte sie.
»Haben Sie etwas gefunden, Mademoiselle?«, fragte Jerome Vendell sogleich neugierig. Auch die Übrigen blickten sie gespannt an.
»Vielleicht«, gab Nicole zurück. Sie reichte Vendell das Adressbuch und begann zu erklären. »Sehen Sie, Gougeon hat alle Namen seiner Bekannten streng nach dem Alphabet sortiert. Bis auf diese letzten Fünf!«
»Das muss nicht viel heißen«, warf Robins Assistent Brunot ein und fuhr sich mit der Hand über den Kahlkopf. Wie immer sprach er schnell und abgehackt. »Schauen Sie, wie es hier aussieht. Ordentlich war er nicht gerade.«
»Das stimmt natürlich«, gab Nicole dem modisch gekleideten Brunot Recht, »aber ich habe da so ein Gefühl…«
Robin ließ sich das Adressbuch reichen und studierte die fünf Namen. Er wusste, dass Nicole eine gute Spürnase hatte.
Und auch diesmal schien Zamorras Gefährtin einen Treffer gelandet zu haben.
»Die Namen kenne ich«, sagte Robin und fügte auf die fragenden Blicke der Umstehenden hinzu: »Das sind exakt die Personen, die im Rahmen von Zindlers Verschwinden von der Polizei vernommen wurden.«
Er überlegte einen Moment, bevor er weitersprach.
»Georges Tribolet wohnt hier ganz in der Nähe. Auf dem Rückweg zum Präsidium schauen wir mal bei ihm vorbei und klopfen auf den Busch.«
Zamorra war immer noch damit beschäftigt, sich umzusehen. Er war hoch konzentriert und nickte deshalb nur beiläufig.
»Irgendetwas war hier«, stellte er fest, »aber ich kann es nicht näher spezifizieren.«
In der Tat hatte sich Merlins Stern leicht erwärmt. Das war allerdings auch die einzige Reaktion der Silberscheibe.
Der Parapsychologe verzog das Gesicht. Nur allzu gerne hätte er jetzt mit Hilfe des Amuletts eine Zeitschau durchgeführt, um so herauszufinden, was wirklich in diesem Raum geschehen war. Gougeons Tod lag jedoch schon zu lange zurück. Die Zeitschau war eine sehr Kraft raubende Angelegenheit. Zamorras Blick in die Vergangenheit durfte die Höchstgrenze von 24 Stunden nicht überschreiten, sonst würde er an den Folgen sterben. Aus nahe liegenden Gründen verzichtete er daher auf den Einsatz des Amuletts.
»Zwecklos«, sagte der Dämonenjäger schließlich und ließ Merlins Stern wieder unter seinem Hemd verschwinden. »So kommen wir nicht weiter. Fahren wir zu diesem Tribolet.«
Robin nickte. »Ihr habts gehört, Männer!«
Sie verließen die Wohnung. Der Chefinspektor führte Zamorra und Nicole zu seinem altersschwachen Dienstwagen, einem Citroën XM, der seine besten Zeiten schon längst hinter sich hatte. Wisslaire, Brunot und Vendell folgten mit einem eigenen Wagen.
Kurz darauf erreichten sie die Rue Crillon, wo Tribolet ein kleines Apartment im sechsten Stock eines Mietshauses bewohnte. Der vorhandene Aufzug war außer Betrieb, sodass sie sich zum Treppensteigen gezwungen sahen.
»… Meilen gehen,
Weitere Kostenlose Bücher