0808 - Das unheimliche Herz
manchmal so vorgekommen war. Sie musste nach rechts gehen, um die Tür zu erreichen, denn sie war der einzige Fluchtweg, auch wenn er verschlossen war.
Kiki ging davon aus, dass es ihr leichter fallen würde, die Tür aufzubrechen als die Wände, und sie nahm allen Mut zusammen, als sie sich nach rechts bewegte.
Es klappte.
Das Herz bewegte sich nicht in ihre Richtung. Es lag weich und klumpig auf dem Boden, es zuckte, aber seltsamerweise schlug es nicht mehr. Sie hatte den Eindruck, als würde es atmen, sich aufpumpen, um sich allmählich zu vergrößern, ähnlich einer dicken, fetten Kröte, die sich aufblies.
War das überhaupt möglich? Konnte so etwas passieren? Kiki machte sich durch ihre eigenen Gedanken verrückt, die Fantasie quoll bei ihr über, und sie stellte sich schon jetzt die schrecklichsten Dinge vor, die mit dem Herz passieren könnten.
Nein, nein, nein! Sie hämmerte sichein, normal zu bleiben und nicht durchzudrehen.
Der zweite Schritt.
Wunderbar, es klappte alles. Sie verlor sogar die schlimme Steifheit aus ihren Beinen. Die Muskeln spielten wieder mit und bewegten sich in dem Rhythmus, der ihnen vom Gehirn vorgegeben wurde.
Das Wunder rückte näher, besonders nach dem dritten, dem vierten und dem fünften Schritt.
Zu früh, um Jubelschreie auszustoßen – viel zu früh! Kiki riss sich auch zusammen. Ihr etwas puppenhaftes Gesicht mit der jetzt angstbleichen und ebenfalls leicht grünlich verfärbten Haut war verzerrt.
Ihr Mund stand offen, und sie stieß den Atem heftig und in Intervallen aus. Dabei hatte sie das Gefühl, das Herz zu stören, aber es reagierte nicht und blieb auf derselben Stelle liegen.
Es rollte und bewegte sich, ohne jedoch von der Stelle zu kommen.
Es kämpfte mit sich selbst, als wollte es einen großen Widerstand überwinden, der nur für das Herz persönlich Bestand hatte.
Kiki kümmerte sich nicht darum. Der wie gemalt aussehende Ausschnitt der Tür war ihr wichtiger, auch wenn sie an der Innenseite keine Klinke entdeckte.
Das Leben hatte ihr wirklich nichts geschenkt. So manches Mal hatte sie kämpfen müssen, um überleben zu können, und sie hatte in dieser Zeit auch ihre körperlichen Kräfte verbessert. Darauf vertraute sie jetzt. Kiki sah nicht wie eine Kämpferin aus, sie hatte sich keine großen Muskelpakete aus dem Fitnesscenter geholt, sondern war eher schlank. Schlank wie eine Katze. Ob sie auch sieben Leben hatte?
Mit dem nächsten Schritt kam sie wieder näher an die Tür heran, und Kiki maß schon jetzt nach, wie weit sie noch zu gehen hatte.
Das Verlies war nicht eben groß, nur kam es ihr jetzt doppelt so breit und doppelt so lang vor.
Weitergehen…
Sie stand vor der Tür.
So plötzlich, dass sie selbst erschrak, und sie dachte für einen Moment daran, wie einfach dies doch gewesen war. Das hätte sie schon längst vorher haben können. Sie war dumm gewesen, es nicht getan zu haben. Wahrscheinlich hatte sie das Pochen davon abgehalten, darauf brauchte sie jetzt keine Rücksicht mehr zu nehmen.
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie beide Hände flach gegen die Türbretter legte und festzustellen versuchte, wie stark die Tür eigentlich war.
Ziemlich stark sogar. Zwar waren die Bretter feucht, wie eigentlich alles hier in diesem Klima, aber leider nicht so verfault und nachgiebig, als dass sie sich durchgebogen hätten, und dies wiederum machte ihr nicht eben Mut.
Dennoch war die Tür die Chance.
Kiki trat einen Schritt zurück. Mit einer knappen Bewegung strich sie ihr schwarzes Haar zurück. Eine Strähne blieb auf dem Kopf kleben und fiel nicht mehr nach unten.
Ein sehr kurzer Anlauf, mehr ein Vorschnellen, dann prallte sie zum ersten Mal gegen die Tür, spürte, dass das Holz leicht nachgab, sie aber wieder abfing und als Erfolg letztendlich der leichte Schmerz in ihrer Schulter zurückblieb.
Das ging so nicht.
Eine andere Möglichkeit war, wenn sie versuchte, die Tür einzutreten. Glücklicherweise trug sie dicke Schuhe undnicht die dünnen Leinentreter oder Mokassins.
Sie ging weiter zurück.
Drei Schritte, noch einen, sie blieb stehen und schielte nach rechts, denn ihr war wieder das verdammte Herz eingefallen.
Es hatte seine Lage nicht verändert.
Kiki lachte leise auf. Wieso auch sollte sich die Lage verändert haben? Es hatte weder Beine noch Füße, es konnte sich nicht bewegen, es rollte sich nicht davon, es schlug nicht einmal hörbar, sondern blieb dabei leise und normal.
Nein, nicht normal. Es hätte
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