081 - Lady Frankenstein
war
ungewöhnlich, daß das Mädchen um diese Zeit nicht auf ihrem Zimmer war. Aber
eigentlich hatte sie, Carmen Mojales , wenig
Kontrolle, was um diese Zeit sich alles in ihrem Haus ab- spielte. Bis kurz vor
dem Essen hielt sie sich meistens selbst im Labor auf.
Wahrscheinlich
machte Maria-Rosa einen Spaziergang durch den Park. Dieser Entschluß mußte
allerdings sehr spontan gekommen sein, da sie vergessen hatte, das Bandgerät
auszuschalten.
Carmen Mojales kniff unmerklich die Augen zusammen.
Hatte
Maria-Rosa vielleicht eine Liebschaft? Es gab genügend gutaussehende und
finanzstarke junge Männer, die ihr den Hof machten, zu den unmöglichsten Zeiten
hier auftauchten, um sie zu sehen und zu sprechen und mit ihr ein Rendezvous vereinbaren
wollten.
Die
Neunzehnjährige war begehrt. Carmes Mojales sah das nicht ungern.
Sie kam auf
den Gedanken, nach oben zu gehen.
Vielleicht
saß Maria-Rosa auf der Galerie draußen vor dem Haus, die rund um das erste
Stockwerk lief. Vielleicht hatte sie sich auch in die Bibliothek oder
Gemäldesammlung ihres Vaters zurückgezogen. Schon mehr als einmal hatte sie
sinnend und gedankenverloren vor einem der kostbaren Bilder gesessen, hatte
Form und Farben genossen. Maria-Rosa war den schönen Künsten sehr zugetan.
In der Höhe
der Tür zum Arbeitszimmer von Alfredo Mojales zuckte
Carmen plötzlich zusammen. Hinter der Tür raschelte Papier.
Jemand war im
Raum!
Alfredo! War
er schon zurück?
Auf
Zehenspitzen schlich Carmen Mojales zur Tür, legte
die Hand auf die Klinke und drückte sie vorsichtig herunter.
Lautlos schob
sie die Tür nach innen. Neben dem Fenster sah sie einen Schatten.
Maria-Rosa
stand am Schreibtisch, hatte die Schublade geöffnet und suchte.
mit schnellen
Fingern zwischen einigen wohlgeordneten Papieren.
„Maria-Rosa?!“
Es klang verwundert und vorwurfsvoll aus dem Munde Lady Frankensteins.
Das Mädchen
wirbelte mit einem erschreckten Aufschrei herum.
„Mutter?“
fragte sie leise, sofort verschwand der Schrecken von
ihrem Gesicht und stahl sich ein Lächeln in ihre Züge.
„Was hast du
hier zu suchen, Maria- Rosa? Du weißt, daß du während der Abwesenheit deines
Vaters nichts in seinem Zimmer zu suchen hast.“
Carmen Mojales hübsches Gesicht war starr wie eine Maske. Ihre
Augen blitzten.
„Ich - ich
wollte einen Brief schreiben, Mutter.“ Die Stimme des Mädchens gewann an
Festigkeit. „In meinem Sekretär habe ich kein Papier mehr gefunden. Es ist
verbraucht. Ich habe vergessen, mir neues zu besorgen. Ich wollte dich vorhin
besuchen, klopfte an. Du hast mir nicht geöffnet.“
Carmen Mojales nickte. „Ich war müde und hatte mich etwas
hingelegt.“
Die
Neunzehnjährige wich dem Blick ihrer Mutter nicht aus. „Das habe ich mir
gedacht. Deshalb bin ich nach oben gegangen, um bei Vater nachzusehen.“ „Aber
wie bist du ins Zimmer gekommen? War es nicht verschlossen?“
„Nein.“
„Schon gut.
Nun geh!“ Carmen Mojales wollte dieses Thema nicht
fortsetzen. Sie komplimentierte das Mädchen aus dem Raum, ordnete die Papiere,
schloß die Schublade wieder ab und nahm den Schlüssel an sich.
Maria-Rosa
blieb mit gesenktem Kopf an der Tür stehen. Plötzlich spannte sich ihr Körper.
„Ich kann
euch, nicht verstehen. Ich bin eure Tochter, und doch verbergt ihr etwas vor
mir! Was ist so geheimnisvoll am Inhalt von Vaters Schreibtisch?“ Carmen Mojales sah ihrer Tochter nach, wie sie nach draußen ging
und die Tür hinter sich zuzog, ohne noch einen Blick zurückzuwerfen.
Lady
Frankenstein war äußerst nachdenklich und ernst.
Das Ganze
gefiel ihr nicht.
Hatte
Maria-Rosa Verdacht geschöpft? Carmen Mojales wußte genau,
daß die Tür zum Arbeitszimmer ihres Mannes verschlossen war. Sie selbst hatte
das nach seinem Weggehen nachgeprüft.
Maria-Rosa
besaß einen Nachschlüssel. Das Mädchen hatte gelogen.
●
Das
Mittagessen war einfach, aber schmackhaft.
Larry und
Iwan kamen sich vor wie zwei Cowboys, über Holzfeuer eine Büchse mit Bohnen und
Speck aufwärmten und aus der Dose löffelten.
Da sie in der
Nähe einer sprudelnden Bergquelle saßen, die ein Rinnsal in der Landschaft
bildete und als kleiner Bach sich quer über die sich anschließend,
steppenartige Ebene schlängelte, war es für sie kein Problem, das Besteck
gleich mit klarem Wasser abzuspülen.
Sie hatten
ihr frugales Mahl kaum beendet, als der PSA-Ring Larry Brents ein leises Signal
von sich gab.
Die
Miniatursende- und - empfangsanlage wurde durch
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