081 - Lady Frankenstein
stellten wir selbst fest. Wer einen Stein
von dieser Größe in Bewegung zu setzen vermag, wie er dir beinahe an den Kopf
geknallt wäre, muß über Bärenkräfte verfügen.“
Die beiden
Freunde kamen überein auszulosen, wer sich nach Jaca begeben sollte.
Larry nahm
eine Münze aus seiner Geldbörse.
„Kopf oder
Zahl? Kopf ist Jaca , Zahl bleibt hier.“
„Ich nehm ’ die Zahl. Falls der unbekannte Knabe uns beobachtet,
ist es besser, er nimmt dich aufs Korn als mich. Den Rückweg möchte ich noch
nicht an- treten. Möglich, daß er’s ausgerechnet auf mich abgesehen hat.
Vielleicht beobachtet er uns und wartet nur auf eine Gelegenheit, noch mal ein
Steinchen in die Tiefe kullern zu lassen.“
Larry
seufzte. „Immer auf die Kleinen“, murmelte er. „Die schiebt man nach vorn.“
„Machen wir’s
gerechter“, meinte er, während er die Münze in den Händen schüttelt. „Kopf oder
Zahl? Wer gewinnt, darf sich’s aussuchen.“
„Na endlich.
Das laß ich mir gefallen. Ich bleib bei der Zahl „Towarischtsch.“ Die Zahl
gewann. Larry Brent war dazu ausersehen, sich auf den Weg zu machen.
„Kopf hoch,
Towarischtsch“, meinte der Russe. „Und wirf manchmal einen Blick zurück. Ich
werde dir noch ein Abschiedslied winken. Und denk dran: Bewegung ist gesund!
Der Fußmarsch nach Jaca ist gut für Herz und
Kreislauf. Wann kann ich dich zur ü ckerwarten? “ „ Das kann ich noch nicht sagen. Kommt ganz darauf an, was ich zu
besprechen habe und - ob ich
überhaupt' einen heißen Tip bekomme.“
„Ich gehe
sicher nicht fehl in der Annahme, daß du am Freitagabend auf jeden Fall zurück
bist. Denk an Maria-Rosa! Wie sie dich angesehen hat, Mann, da ist selbst mir
heiß geworden.“
●
Larry lief
gleichmäßig schnell. Er kam gut voran, da er nicht über den Bergpfad muße . Auf seinem Weg bis zur Hauptstraße waren noch
mindestens drei Kilometer zu gehen.
Larry hielt
die Augen offen.
Er passierte
einen Hügel. Viele Büsche und Pinien, das Gold dieses Landes.
Die Blätter
bewegten sich im leisen Wind. Die Luft war ständig erfüllt von einem angenehmen
Rauschen, vom Zwitschern der Vögel, vom Zirpen der Zikaden.
Dazwischen
ein raschelndes Geräusch, ein leises, kaum wahrnehmbares Knacken.
Ganz in Larry
Brents Nähe.
X-RAY-3, der
durch die Vorgänge um Gomez und Iwan Kunaritschew gewarnt war, zog
unwillkürlich den Kopf ein und wirbelte herum.
Im gleichen
Augenblick krachte der Schuß und zerriß die Luft.
Larry fühlte
den Schlag gegen die Stirn.
Ohne einen
Laut von sich zu geben, kippte er in das hohe, harte Gras.
●
Iwan
Kunaritschew hielt den Atem an.
Der Russe war
gut zwei Kilometer von der Stelle entfernt, wo der Schuß fiel.
Leise und
hell verklang das Echo.
X-RAY-7 legte
die Stirn in sorgenvolle Falten. Wenn es darum ging, den Bestimmungsort
festzulegen, von wo der Schuß gekommen war, wurde es schwierig. Die nahen
Berge, das irreführende Echo machten einen solchen Versuch zunichte.
Der Russe
lauschte. Es war wieder alles still.
●
Der Mann, der
sich dem reglosen Agenten näherte, hielt das Gewehr schußbereit in Händen. Er ging
um den Amerikaner herum und stiß ihn mit dem Lauf der
Waffe an.
Larry Brents
Reaktion erfolgte so schnell, daß das Auge den Vorgang kaum verfolgen konnte.
Der Schütze
gab einen erschreckten Aufschrei von sich und fiel nach vorn.
Larry drückte
den Lauf der Waffe nach oben und auf die Seite.
Ein Schuß
löste sich, doch er richtete kein Unheil an.
Flink wie ein
Wiesel entriß X-RAY-3 seinem Widersacher das Gewehr und sprang auf die Beine,
während der andere benommen und überrascht im Gras saß und den Mann, der ihn
bezwungen hatte, wie einen Geist ansah.
„Ich hätte
besser zielen sollen“, kam es rauh über die aufgesprungenen Lippen von Paco Arimez -Prado. Der Bauer sah bleich und übernächtigt aus. Um
den Hals hatte er ein kleines Fernglas hängen. „Ich war mir nicht ganz sicher, ob
ich getroffen hatte oder nicht.“
„Wenn ich im
richtigen Moment nicht den Kopf gedreht hätte, würde ich jetzt nicht mehr so
munter vor Ihnen stehen", erwiderte Larry Brent in fließendem Spanisch.
Mit einem Blick sah er, daß er einen überreizten, nervösen Menschen vor sich
hatte.
Arimez -Prado war am
Ende. Seine Augen glühten wie Kohlen in seinem faltigen, verwitterten Gesicht.
Der Mann, dem Larry das Gewehr entrissen hatte, war kein Berufskiller, aber er
war gefährlich. Er war in die Irre geleitet und zu allem
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