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0813 - Der Schrecken vom Mekong-Delta

0813 - Der Schrecken vom Mekong-Delta

Titel: 0813 - Der Schrecken vom Mekong-Delta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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halten.«
    »Bitte, wenn Sie sich unbedingt die Nacht um die Ohren schlagen wollen«, sagte Thanh. »Wecken Sie mich, wenn Sie irgendwo ein Monster sehen.«
    »Das werden wir, Thanh. Keine Sorge, das werden wir!«
    ***
    Hongkong
    Chin-Li sah herab auf die Stadt und versuchte, sich von ihren Gefühlen nicht überwältigen zu lassen. Nach dem Einbruch der Dunkelheit hatte sich Hongkong in ein glitzerndes Lichtermeer verwandelt, und nirgendwo war dieser Anblick so atemberaubend wie auf dem Victoria Peak, dem höchsten Berg der ehemaligen Kronkolonie.
    Die chinesische Kriegerin stand auf der Aussichtsplattform, von der aus täglich Tausende von Touristen dieses einmalige Panorama genossen. Um sie herum drängten sich die Besucherscharen um die viel zu wenigen Ferngläser, mit denen man gegen ein paar Cents den Einheimischen fast in die Wohnzimmer gucken konnte. Chin-Li war früh genug mit der aus dem späten 19. Jahrhundert stammenden Peak Tram heraufgefahren, um noch einen Blick auf ihre alte Heimat zu werfen.
    Doch vielleicht hätte sie das nicht tun sollen. Die Aussicht, die bei den unzähligen Hongkong-Besuchern um sie herum romantische Hochgefühle auslöste, versetzte ihr nur einen tiefen Stich. Hongkong hatte sich nicht verändert. Aber sie selbst war nicht mehr dieselbe. Seit sie sich von den Neun Drachen losgesagt hatte, war Chin-Li ein Mensch ohne Heimat - und ohne Aufgabe.
    Reiß dich zusammen. Jetzt ist keine Zeit für Selbstmitleid, wies sich die Ex-Killerin selbst zurecht. Obwohl der Peak Tower mit seinen unzähligen Cafés und Restaurants, Madame-Tussauds Wachsfigurenkabinett und dem Kuriositätenkabinett Ripley’s Believe it or not bald schloss, strömten immer noch mehr Besucher auf die Aussichtsplattform.
    Unauffällig scannte Chin-Li jeden Einzelnen von ihnen. Und schließlich sah sie ihn. Rupert Jenkins war mit seinem sehr speziellen Gefühl für adrette Outfits auch kaum zu übersehen. Der schnurrbärtige Brite trug viel zu enge weiße Shorts und ein T-Shirt, auf dem »Bier formte diesen schönen Körper« stand. Seinen Kopf zierte ein schlabberiges Stoffhütchen, und er schleckte versonnen an einer überdimensionalen Eistüte.
    Jenkins war tatsächlich allein gekommen. Offenbar wussten die Neun Drachen nach dem Debakel in Boston, dass sich Chin-Li so schnell nicht aufs Kreuz legen ließ. Verstohlen sah sich der ehemalige MI6-Mann um, doch die Maskerade täuschte die chinesische Kriegerin keine Sekunde. Sie sah das verdeckte Lauem in seinen Augen, als Jenkins scheinbar müßig den Blick über die Menschenmenge schweifen ließ. Er ignorierte völlig die vermeintliche japanische Punkerin, die nur wenige Meter von ihm entfernt ihren Reiseführer studierte, und wandte sich nach rechts. Chin-Li glitt durch den Strom der Touristen wie ein Fisch durch die Fluten, und dann war sie hinter ihm.
    Sie spürte, wie sich Jenkins versteifte, als sie ihm das kalte Metall der Luger in den Rücken presste. »Eine falsche Bewegung - und Sie verbringen den Rest Ihres Lebens im Rollstuhl!«
    »Freut mich auch«, sagte Jenkins und biss ein großes Stück von seinem Eis ab. »Ich sollte wirklich öfter hier raufkommen. Verdammt gutes Eis hier.«
    »Dann hoffen Sie, dass Sie es auch später noch genießen können.« Mit einem leichten Kopfnicken deutete Chin-Li auf eine etwas abgelegene Ecke am hinteren Ende der Plattform. »Da rüber. Tun Sie so, als wären Sie ein reicher Tourist auf der Suche nach einer Bekanntschaft für eine Nacht.«
    Mit einem höchst anzüglichen Zungenschnalzen ließ der Brite den Blick über Chin-Lis freizügige Punker-Verkleidung schweifen. »Lohnen würd sich’s ja. Darf ich Sie berühren? Natürlich nur der Tarnung wegen?«
    »Sicher. Wenn Sie keinen Wert auf Ihre Finger legen.«
    Der Brite sah die junge Chinesin skeptisch an. »Ich fürchte, wer sich mit Ihnen einlässt, muss eine gute Lebensversicherung haben. Sind Sie nie einsam?«
    »Los, machen Sie schon.«
    Jenkins legte ein übertriebenes Grinsen auf und begann mit großer Geste, um Chin-Li zu werben. Er war ein höllisch schlechter Schauspieler, aber es würde reichen.
    »Haben Sie den Neun Drachen meine Nachricht überbracht?«
    »Darauf können Sie Gift nehmen. Die alten Knaben waren nicht gerade begeistert von Ihrem Vorschlag.«
    »Das kann ich mir denken.«
    »Aber angesichts dessen, was Sie, Zamorra und Miss Duval - mit meiner bescheidenen Hilfe - für Hongkong getan haben, sind die Drachen bereit, Ihnen eine Audienz zu

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