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0813 - Der Schrecken vom Mekong-Delta

0813 - Der Schrecken vom Mekong-Delta

Titel: 0813 - Der Schrecken vom Mekong-Delta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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Tunnelsystem gehört. Ursprünglich hatten es dieVietminh [5] im Kampf gegen die französischen Kolonialherren angelegt. Die Vietcong hatten es schließlich im Vietnamkrieg zu einem über 100 Kilometer langen Netz ausgebaut, das von den Ausläufern Saigons bis zur kambodschanischen Grenze reichte. Nach den Flächenbombardements der Amerikaner war allerdings kaum etwas davon übrig geblieben.
    Aber vielleicht genug, um ihnen das Leben zu retten.
    Keuchend rannten sie weiter, als Zamorra plötzlich spürte, dass die Kreatur aufholte. Ihr schwerer, süßlicher Geruch drohte ihn zu überwältigen. Der Dämonenjäger wirbelte herum - sein Gesichtsfeld wurde ganz eingenommen von der schwarzen Masse, die sich auf ihn herabzustürzen drohte. Silberne Blitze schossen aus Merlins Stern hervor, und Zamorra feuerte so lange, bis sich das Wesen kreischend zurückzog. Doch es würde wiederkommen, das war Zamorra klar. Sie hatten gerade mal ein paar Sekunden gewonnen.
    »Hier lang!«, rief Phuong. Zamorra hatte keine Ahnung, wie sich die Vietnamesin in dem unwegsamen Gelände zurechtfand, aber sie hatten keine andere Chance, als ihr zu vertrauen. Ohne auf die domenübersäten Zweige zu achten, die ihnen Haut und Kleidung zerrissen, hasteten sie durch das Unterholz.
    »Hier«, sagte Phuong plötzlich.
    »Hier?«, Zweifelnd betrachtete Nicole die kleine Lichtung auf der sie sich befanden. »Hier sieht es aus wie überall sonst.«
    »Das ist ja genau der Trick. Wäre es eine auffällige Stelle, hätte sie kaum als Versteck gedient«, erwiderte Phuong. Trotz ihrer Angst gelang ihr ein verschmitztes Grinsen.
    »Auch wieder wahr.«
    »Beeilt euch ein bisschen, unser schleimiger Freund kommt zurück«, zischte Zamorra.
    Das Toben der Kreatur klang wie eine heranwalzende Dampflok. Der Boden erzitterte unter der Urgewalt des von blanker Mordlust getriebenen Wesens.
    Phuong warf sich auf die Knie und suchte die Lichtung ab, und plötzlich hielt sie ein Stück Erde in der Größe eines Kanaldeckels hoch, das eine winzige Öffnung im Boden verdeckt hatte.
    »Hier rein!«
    »Da?« Zamorra glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Das Loch war für zierliche Vietnamesen gemacht. Obwohl Nicole und er sehr schlank waren, würden sie es nie schaffen, sich durch diese lächerlich kleine Öffnung zu zwängen.
    »Unmöglich, das schaffen wir nicht!«
    »Dann werden Sie hier sterben, Professor.« In Phuongs Augen blitzte Entschlossenheit auf, und plötzlich wusste Zamorra, warum es ihrem Volk gelungen war, einer bis an die Zähne bewaffneten Supermacht so lange Widerstand zu leisten.
    »Also gut«, sagte Nicole. Sie ging in die Hocke, schwang ihre Beine in die kreisrunde Öffnung und zwängte sich mit einiger Anstrengung in den engen Tunnel.
    »Jetzt Sie, Phuong!«, drängte Zamorra.
    »Jemand muss das Loch wieder schließen, ohne dass der Eingang zu erkennen ist. Sie haben darin keine Erfahrung.«
    Der Boden bebte als ihr dämonischer Gegner auf die Lichtung zuschoss. Zamorra sah ein, dass sie keine Zeit für Diskussionen hatten. Mit den Beinen voran sprang er ins Loch - und blieb hängen.
    »Schnell! Es kommt«, schrie Phuong.
    Du kommst da durch, du musst da durch, beschwor sich Zamorra, als plötzlich von unten etwas an ihm zerrte. Nicole hielt seine Beine umklammert, und gemeinsam schafften sie es. Plötzlich gab der Ring um sein Becken etwas nach und Zamorra knallte mit dem Gesäß unsanft auf den harten Boden. Sofort rollte er sich zur Seite. Keinen Moment zu früh. Nur einen Sekundenbruchteil später sprang Phuong hinter ihm ins Loch. Im Fallen schloss sie den Deckel, und völlige Dunkelheit umgab sie.
    Drei Sekunden lang geschah nichts.
    Dann prallte etwas mit ungeheurer Gewalt auf die Erdoberfläche über ihnen. Erde, Wurzeln und kleinere Steine prasselten auf sie nieder, als das Wesen voller Wut nach seiner Beute suchte. Für einen Moment befürchtete Zamorra, die Decke würde auf sie runterkommen, doch die improvisierte Höhle hielt.
    Zumindest vorerst.
    Unendlich lange dauerte das Toben der rasenden Kreatur. So müssen sich die Vietnamesen gefühlt haben, als die amerikanischen Bomben auf sie herabfielen, dachte Zamorra. Und vermutlich waren ihre Überlebenschancen ähnlich gering gewesen.
    Neben sich spürte er die bebenden Körper von Nicole und Phuong. Niemand bewegte sich oder machte ein Geräusch. Zamorra wusste nicht, ob das Wesen sie unter der Erdoberfläche wahmahm, aber sie konnten nichts riskieren.
    Schließlich ließ das Toben nach.

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