0814 - Mister Amok
aufbehalten sollten oder nicht.
»Ein Lehrer, John, das will mir nicht in den Kopf.« Suko wusste selbst nicht, wie oft er diesen Satz schon wiederholt hatte. »Ich bin da völlig von der Rolle.«
»Du glaubst es nicht?«
»Es fällt mir zumindest schwer.«
Ich nickte, denn auch ich konnte mich damit nicht anfreunden.
Auf der anderen Seite war der Beruf eines Lehrers die perfekte Tarnung. Niemand hätte in ihm einen Killer vermutet.
Wir wussten nicht, wie wir ihn uns holen sollten. Er unterrichtete in Ardley, wohnte allerdings in Oxford bei seiner Mutter. Die paar Meilen fuhr er jeden Tag hin und zurück. Wenn wir eintrafen, war die Schule beendet, wir würden den Killer höchstwahrscheinlich im Haus seiner Mutter erwischen, die von seinem zweiten mörderischen Job bestimmt nichts ahnte.
In der nächsten Woche begannen die Ferien. Da hatte Jake Lester dann Zeit gut, um wieder zu killen und Aufträge auszuführen. Das alles war begreiflichund wollte mir trotzdem nicht in den Kopf. Ich konnte nicht einmal sagen, was mich störte. Vielleicht waren die Dinge zu glatt gelaufen, zu einfach, und ich verließ mich dabei auf mein Gefühl. Fest stand folgende Tatsache: Wir sollten hingehen und einen Killer, der kein Mensch war, sondern ein lebender Toter, verhaften. Nicht mehr und nicht weniger.
Es war kein Killer im eigentlichen Sinne, sondern eine wahre Mordmaschine, zudem unverletzbar, wie es schien. Ein Wesen, das gemietet werden konnte, um andere Menschen reihenweise aus dem Weg zu räumen, wie es der Demonstrationsfilm gezeigt hatte.
Suko, der sonst gern schnell fuhr, ließ den BMW nur gemächlich dahinrollen. Bei ihm gehörte das nicht zur Regel. Ich fragte ihn:
»Was stört dich?«
»Das Gleiche wie dich.«
»Tatsächlich?«
»Ja.«
Ich streckte die Beine aus. »Und was, bitte, ist das genau, mein Lieber?«
»Ich komme mit den Umständen des Falls nicht zurecht. Da gibt ein Mensch jungen Leuten Unterricht. Er ist Lehrer und gleichzeitig ein untoter Killer, der zudem noch bei seiner Mutter wohnt.« Suko schlug sich gegen den Kopf. »John, das ist Blödsinn, da will man uns leimen. Wer immer auch dahinter stecken mag, ich akzeptiere es nicht. Da hat sich jemand einen raffinierten Plan ausgedacht und uns in das Feuer geschickt. Ich kann das einfach nicht akzeptieren.«
»Sir James?« fragte ich.
Suko schüttelte den Kopf. »Das traue ich ihm nicht zu, ehrlich gesagt.«
»Ja, du hast Recht.« Mein Blick glitt aus dem Fenster. Sonnenstrahlen badeten die sanfte Hügellandschaft um Oxford. Nur noch wenige Meilen, dann hatten wir die Stadt mit der berühmten Universität erreicht, in der sich alles um das Studieren dreht, und die in einer immerwährenden Konkurrenz zu Cambridge stand.
»Jemand hat uns etwas gedreht, John.«
»Der Secret Service.«
»Zum Beispiel.«
»Der Film war echt.«
»Gebe ich zu.«
»Was stört dich weiter?«
»Das Gleiche wie dich, John. Es sind die Umstände, die mich so nervös machen. Ich kann einfach nicht akzeptieren, dass Schulkinder von einem mordenden Zombie unterrichtet werden. Denk mal nach. Wir kennen uns mit diesen Bestien aus. Wir haben erlebt, wozu sie fähig sind. Sobald sie Menschen sehen oder menschliches Fleisch riechen, drehen sie doch durch. Und dieser Zombie soll sich dermaßen unter Kontrolle halten, seinen Trieb sozusagen regulieren können?«
»Ja, das ist das Problem.«
»Es wird zum Horror.«
Ich hob die Schultern. »Wir werden jedenfalls versuchen, mit ihm zu reden.«
»Das glaube man nur.«
Ich dachte an den Bumerang, den ich mitgenommen hatte. Er war mir von meinen alten Waffen noch geblieben. Den Dunklen Gral und auch den Dolch besaß ich nicht mehr. So konnte ich nur hoffen, dass er mich nicht auch verließ.
Noch einmal stellte ich mir den Killer vor. Er hatte auf mich wie ein Roboter gewirkt. Eine regelrechte Killermaschine. Er war zwar menschlich gewesen, doch ich hatte starke Abstriche machen müssen, um ihn als einen Menschen zu akzeptieren.
Hier stimmte einiges nicht, aber ich glaubte auch nicht, dass sich der Geheimdienst geirrt hatte. Wenn ja, dann hatte man uns bewusst auf eine andere Spur gelockt.
Wir fuhren nach Oxford hinein.
Hier war die Welt noch in Ordnung. Zumindest auf den ersten Blick, wenn ich die sauberen Straßen sah, die zahlreichen Parks und Grünflächen, in denen die historischen Gebäude standen, in denen auch heute noch gelehrt wurde. In einigen von ihnen waren auch Museen untergebracht, und zahlreiche Kirchtürme
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