0814 - Mister Amok
Zwischen den Streifen zeigten sich grinsende Clowngesichter. Vorsichtig löste er es, und auf seinem Gesicht ging die Sonne auf, als er die beiden Bücher sah, die man ihm geschenkt hatte. Tolle Bücher, denn zahlreiche Gruselgeschichten für Jugendliche waren darin als Anthologie gesammelt worden.
»Zufrieden?« erkundigte sich Amy.
Er nickte heftig. »Super.«
»Na, dann hast du ja einiges zu tun.«
»Und ob. Du hast mir auch viele Bücher geschenkt. Finde ich stark, ehrlich.«
»Hoffentlich hält es an.«
»Was denn?«
»Der Spaß am Lesen.«
»Und wie, Mummy. Ich werde immer lesen, auch wenn ich so alt bin wie du. Ich werde auch versuchen, die Kinder zum Lesen zu bringen.«
Amy staunte. »Ach – was du nicht sagst. Welche Kinder denn? Sprichst du von deinen eigenen?«
»Nicht ganz.« Jake grinste von Ohr zu Ohr. »Dir kann ich es ja sagen. Ich weiß nämlich schon, was ich werden will.«
»Da bin ich aber gespannt.«
»Lehrer.«
Amy schwieg. Sie war überrascht und gleichzeitig stolz auf ihren Sohn, der sich mit seinen zwölf Jahren schon so erwachsen präsentierte. Sie konnte nicht anders und musste ihm immer wieder erklären, wie toll sie ihn fand.
»Hoffentlich schaffe ich es, Mummy.«
Amy schaute ihn ernst an. »Ja, mein Junge, du wirst es schaffen. Ich bin davon überzeugt.«
Luigi erschien und erkundigte sich nach weiteren Wünschen. Beide waren wunschlos. Sie wollten nur noch zahlen. Nachdem Amy Lester die Rechnung beglichen hatte, verließen sie das Restaurant.
Auf der Straße bewegte sich Jake wie ein dicker Kloß. Dabei schwang er seine Arme von einer Seite zur anderen und stöhnte, als wäre ihm die Tasche zu schwer geworden, die er trug.
»Jetzt geht es nach Hause, Jake.«
»Ich habe keine Hausaufgaben auf.«
»Um so besser.«
Er drängte sich gegen Amy. »Aber ich bin müde, Mummy. Das viele Essen hat mich geschafft.«
»Kann ich mir denken.«
»Legst du dich auch hin?«
»Mal sehen.«
Sie hatten nicht weit zu fahren. Das kleine Haus war von einem ebenfalls kleinen, aber sehr gepflegten Garten umgeben, in dem der Frühling seine ganze Pracht zeigte und blühende Blumen hatte wachsen lassen.
Die Häuser lagen dicht nebeneinander. Sie waren ziemlich alt. Früher einmal hatten hier die Professoren der Uni gewohnt. Später waren sie dann zu niedrigen Preisen verkauft worden, und da hatte Amy Lester sehr schnell zugegriffen.
Sie schloss die Tür auf. Hinter ihr betrat der Junge das Haus. Er gähnte.
Amy blieb stehen.
Ihr war etwas aufgefallen.
Einige Male zog sie die Nase hoch, zwinkerte dabei und wusste im ersten Augenblick nicht, was sie gestört hatte. Da war schon etwas gewesen, das nicht in das Haus passte.
»Was ist denn, Mummy?« Jake hatte die Tür geschlossen und schaute zu, wie sich seine Mutter drehte.
»So genau kann ich dir das auch nicht sagen, aber es riecht seltsam.«
»Stimmt.« Jake wies auf die Treppe. »Das kommt sogar von oben, Mummy. Ich rieche es.«
Amy nickte. Sie ging vor. Die Treppe war schmal und eng. Sie hatte sich dem kleinen Haus angepasst, das sich Mutter und Sohn untereinander aufgeteilt hatten. Amy wohnte unten, in der ersten Etage hatte Jake sein eigenes Reich.
Einen Keller gab es nicht, aber für zwei Personen reichte das Häuschen.
Die Tür zu Jakes Zimmer stand offen. Bevor sie die Treppe hinter sich gelassen hatten, wusste sie bereits Bescheid. Der Geruch drang aus Jakes Zimmer.
Der Junge wollte sich vordrängeln, doch Amy hielt ihn zurück. Sie spürte die Kälte in sich. Etwas war wieder in ihr hochgestiegen, das lange begraben gewesen war. Auf ihrem Rücken lag eine kalte Haut.
Sie hasste den Geruch plötzlich.
Blut… so roch Blut!
Amy betrat das Zimmer.
Es war zu dunkel, um etwas erkennen zu können, denn zwei Vorhänge bedeckten die kleinen Fenster. Aber sie konnte es riechen. Eklig, widerlich und süßlich.
»Du bleibst am besten zurück, Jake.«
»Nein, Mummy, nein.«
Der Junge schob sich vor. Er machte Licht – und fing an zu schreien. Auch seine Mutter war geschockt.
Blut, überall Blut, wohin sie auch schaute. Und in dem Zimmer verteilt, lagen die zerfetzten Körper der drei Kaninchen, die Jake so liebte…
***
Gegenwart
Wir waren unterwegs und hatten Sukos BMW genommen. Ein strahlender Sommertag hätte es eigentlich sein sollen, doch nach der großen Hitze hatte der Wettergott seine andere Laune gezeigt und uns kältere Temperaturen und auch Schauer geschickt.
So wussten wir nie, ob wir die dunklen Brillen
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