0816 - Meister der Gravitation
immer nur dasselbe erzählen."
Bjo verengte die Augen und starrte in die Wüste hinaus.
„Ich kann kein hellblaues Licht ausmachen", stellte er fest.
„Hier ist es zu hell, mein Junge. Laß uns weitergehen. An der Abzweigung wollen wir uns dann umsehen."
„Das Laufen auf dieser Straße beginnt mir Vergnügen zu bereiten", gestand Breiskoll. „Das hätte ich nicht für möglich gehalten."
„Du solltest deine Gefühle unter Kontrolle halten", warnte Atlan. „Wer weiß, vielleicht gibt es einen Gravitations-Rausch."
Sie gingen weiter, und jedesmal, wenn Bjo sich umschaute, bot die Niederlassung der Varben ein anderes Bild. Manchmal hatte er sogar den Eindruck, daß die Lage der seltsamen Straßenbänder sich veränderte, als seien sie alle von einer ständigen wellenförmigen Bewegung ergriffen.
Bjo dachte an Lareena Breiskoll, seine Mutter.
Ob sie unter den eintausend Solgeborenen war, die Wassytoir besuchten?
Fast wäre er der Versuchung erlegen und hätte nach ihren Mentalimpulsen geespert. Er benötigte jedoch seine volle Aufmerksamkeit, um sich auf die Umgebung zu konzentrieren. Dabei fiel ihm auf, daß auch die Flugmaschinen der Varben mit den Bandstraßen verbunden zu sein schienen. Alle Flugzeuge, die Bjo sah, bewegten sich parallel mit den Straßen.
Wahrscheinlich war das gesamte Verkehrsnetz auf einem System von unsichtbaren Gravitationslinien aufgebaut.
Bjo wäre mit Leichtigkeit schneller vorangekommen, doch er mußte an Atlan denken, der nicht über diese ungewöhnlichen körperlichen Fähigkeiten verfügte, die den Katzer neben seinen parapsychologischen Sinnen auszeichneten.
Schließlich erreichten sie eine Senke, die gleichzeitig den untersten Punkt der Straße bildete.
Zwei kleinere Bänder zweigten hier ab, eines davon führte zu den Wohnkugeln, das andere in die Wüste hinaus, genau wie der junge Varbe beschrieben hatte.
Jetzt sah Bjo auch einen hellblauen Lichtpunkt. Es war unmöglich zu schätzen, wie weit er von ihrem Standort entfernt lag.
„Dort ist es!" sagte Atlan. „Kannst du irgend etwas spüren?"
Bjo verneinte.
„Die Straße in die Wüste Tervth ist verlassen", sagte Atlan. „Kein einziger Varbe scheint zum Heim des Schweren Magiers unterwegs zu sein."
„Es ist Nacht", gab Bjo zu bedenken.
„Das ist zweifellos nicht der Grund! Ich möchte wetten, daß es am Tag hier nicht viel anders aussieht.
Sieh nur, dieses Band ist als einziges unbeleuchtet. Wer weiß, wann es zum letztenmal benutzt wurde."
Bjo war plötzlich unheimlich zumute.
„Wir sollten aufpassen, daß wir nicht ein Tabu brechen."
„Möchtest du jetzt umkehren?"
„Auf keinen Fall!" log Bjo. Er wußte, daß der erfahrene Arkonide ihn durchschaute. „Aber vielleicht sollten wir eine Funknachricht an die SOL geben, damit man weiß, wo wir sind."
„Damit man uns zurückpfeift? Nein, wenn es brenzlig wird, können wir uns noch immer melden."
Er setzte sich in Bewegung, und Bjo folgte ihm ohne Zögern auf das dunkle Band hinaus. Es war kalt und windstill. Die Dünen, die noch vom Licht der seltsamen Stadt erreicht wurden, ragten wie eine Mauer vor Bjo und Atlan auf.
Das Gepolter ihrer Schritte erschien Bjo Jetzt übermäßig laut.
Die Leichtigkeit, mit der er sich die ganze Zeit über bewegt hatte, hörte auf. Bjo empfand sein eigenes Körpergewicht nun wie eine Belastung.
Atlan schien das ebenfalls zu registrieren, denn er sagte: „Diese Wüstenstraße liegt außerhalb der Gravolinien, ich kann es spüren."
Der Marsch zum Quartier des Schweren Magiers würde beschwerlich sein, überlegte Bjo düster. Und noch hatten sie keine Ahnung davon, Wie lange sie unterwegs sein würden.
Das blaue Licht in der Ferne flackerte und schien sich auflösen zu wollen, doch dieser Eindruck ging rasch vorüber. Vielleicht war eine Nebelwolke zwischen sie und ihr Ziel geschwebt, sagte sich Bjo.
Bjo blickte zum Nachthimmel hinauf, in der Hoffnung, vielleicht die SOL sehen zu können. Er wurde jedoch enttäuscht. Auf seiner Umlaufbahn befand sich das riesige Fernraumschiff im Augenblick über einem anderen Gebiet Wassytoirs.
Die Straße fiel schon nach etwa hundert Metern weiter ab, bis sie schließlich den Boden berührte und weiter auf ihm verlief. Die Wunder der varbischen Gravo-Technik waren hier nicht mehr wirksam.
Eigentlich war die Straße nun vergleichbar mit einem Weg, wie sie auch auf vielen anderen Welten durch die Wüste führten.
Nur mit dem Unterschied, daß an ihrem Ende etwas Geheimnisvolles
Weitere Kostenlose Bücher