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082 - Das Geheimnis der Kristalle

082 - Das Geheimnis der Kristalle

Titel: 082 - Das Geheimnis der Kristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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auf.
    Minuten verstrichen, ohne dass jemand etwas sagte, ohne dass draußen über dem Seegrasfeld etwas geschah.
    »Sie entfernen sich wieder«, meldete Quart’ol schließlich.
    »Es sind aber nicht die Einzigen. Überall patrouillieren sie hier. Ich kann sie mental ertasten.«
    »Wie weit ist der Komet noch entfernt?«, wollte Matt wissen.
    »Höchstens sechs Kilometer.« Quart’ol schloss die Augen, legte die Flossenhände auf den Mund. Seine Miene wirkte hoch konzentriert. »Unglaublich…«, flüsterte er, ohne die Augen zu öffnen. »Ein einziges Raunen und Summen und Wispern da draußen… unglaublich. Noch nie habe ich so etwas erlebt.«
    »Kannst du… ich meine…«, Matts Hände kreisten in Schulterhöhe, als wollten sie dort die treffenden Worte einfangen, »… kannst du irgendeinen Sinn in diesem Raunen und Wispern erkennen?«
    Quart’ol, die Augen noch immer geschlossen, schüttelte den Kopf. Sein Schädelflossenkamm pendelte hin und her dabei.
    »Weiter«, verlangte Mr. Black.
    »Davon rate ich ab«, widersprach Rulfan. »Wenn sich die Qualle durch das Seegrasfeld bewegt, könnten die Rochen sie an den Bewegungen der Halme erkennen. Und wenn wir wieder auftauchen, entdecken sie uns erst recht.«
    »Stimmt«, sagte Matt. »Es ist Zeit. Steigen wir aus…«
    ***
    In der zweiten Nacht nach Maddrax’ Aufbruch fand Aruula lange keinen Schlaf. Fast den ganzen Tag über hatte sie Wudan und MacGyver um Beistand für ihre Freunde angefleht, hatte das Linienmuster auf ihrem Leib erneuert und den Göttern ein Feueropfer dargebracht - die Eingeweide eines Spikkars, den sie am Fluss erlegt hatte.
    Nun wälzte sie sich auf ihrem Lager hin und her. Schließlich stand sie auf, ging zur Fensteröffnung und sah eine Weile in die Dunkelheit hinaus. Dann kehrte sie zu ihren Decken zurück. In Gedanken weilte sie bei Matt und den anderen. Wie mochte es ihnen gehen? Sie mussten das Zentrum des Kratersees inzwischen erreicht haben. Aber würden sie auch zurückkehren?
    Irgendwann schlief sie doch ein. Aber nur um nun im Traum von beunruhigenden Bildern gequält zu werden. Sie sah die Qualle in Fetzen gerissen im Wasser treiben, sie sah Matt wie tot im Inneren eines Kristalls, sah ihn zwischen den Tentakeln eines Todesrochen verbluten. Sie hörte seine Stimme im Traum - er schrie nach ihr; erst im Würgegriff der Rochententakel, dann aus dem Inneren eines Kristalls. »Aruula!«, schrie er und bewegte die Lippen nicht einmal dabei. »Komm! Komm zu mir…!«
    Das Gesicht hinter der Wabenstruktur verschwamm, das Bild des Kristalls löste sich auf, bis nur noch grünes, gespenstisches Licht pulsierte. Aus dem Licht entstand sein Gesicht neu - jünger, schmaler und grün. Auf einmal war es wieder, als wüchse Geäst unter seiner Haut, und der junge, halb fremde, halb vertraute Mann schien sie aus gefiedertem hellen Laub anzublicken.
    Aruula wusste, dass sie ihren Sohn sah. Mächtig und stark erschien er ihr. »Komm!«, rief er. »Du gehörst mir!« Im Traum befremdete es sie, Matjunis so mit ihr reden zu hören.
    Und dann sah sie eine unüberschaubare Menschenmenge -Tausende, Zehntausende -, und alle strömten sie zu dem Baum, aus dessen Laub ihr Sohn sie anblickte und rief. Barbaren, Technos, WCA-Agenten, Hydriten, Nord- und Ostmänner - ein buntes Völkergemisch. Der Baum wuchs und wuchs - wuchs plötzlich in den Himmel, erfüllte die ganze Welt, und die Menschenmassen warfen sich vor ihm nieder, als würden sie zu ihm beten.
    Aber Matjunis hatte nur Augen für sie, rief nur sie: »Komm zu mir! Du gehörst mir! Komm…«
    Aruula schreckte hoch, das Traumbild verblasste. Schweiß stand auf ihrer Stirn. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, sie rang nach Luft und setzte sich auf. In ihrem Bauch regte sich das Ungeborene. Aruula legte die Hand darauf: Es zappelte und strampelte und wollte sich nicht mehr beruhigen.
    Sie lauschte. Rief sie noch immer, die Stimme? Die Fensteröffnung - wie ein Magnet zog sie Aruula an. Sie stand auf, mit weichen Knien, und wankte zum Fenster. Einzelne Sterne funkelten, Wind rauschte im Laub des Birkenwaldes.
    Der Mond war noch nicht aufgegangen.
    »Komm zu mir…!«
    Da rief sie wieder, die Stimme! Wem gehörte sie? Matt?
    War er zurückgekehrt? Oder war es sein Geist, der sie rief?
    Der Gedanke erschütterte sie bis ins Mark. Wenn sein Geist sie rief, war er tot… Oder riefen die Geister der Verstorbenen etwa nicht nach denen, die sie zu Lebzeiten geliebt hatten? Ihre Mutter hatte sie das gelehrt,

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