082 - Das Geheimnis der Kristalle
Datenspeicher ist.«
»Was dann?«
Quart’ol antwortete nicht. Aber sein Schweigen war Antwort genug. Zu ungeheuerlich war die Ahnung, die in Matt hochstieg. Er verzichtete darauf, weiter in den Hydriten zu dringen.
»Ich bin traurig und sehr erschöpft«, murmelte Quart’ol.
»Aber ich will mich noch einmal mit dem Kristall beschäftigen.«
»Danke.«
Sie überquerten die Brücke und den Vorplatz und betraten kurz darauf das Gewölbe der Eingangshalle. In seiner Mitte lag der Kristall auf dem Boden. Er leuchtete schwach, und das grüne Licht in seinem Inneren pulsierte unrhythmisch. Die Gefährten standen schweigend um den transparenten Stein herum. Quart’ol watschelte zu ihm hin, kniete sich darauf und schloss die Augen.
Matt beobachtete seinen hydritischen Freund. Neugier und Anspannung ließen ihn seine Erschöpfung vergessen.
Da erklang draußen Gebell. Matt horchte auf. Es war Wulf, kein Zweifel, aber er klang heiser und aufgeregt. Als wollte der Lupa Alarm schlagen oder um Hilfe rufen.
Beunruhigt verließen sie die Halle - alle bis auf Quart’ol, der bereits in Trance versank. Rulfan vorneweg, stürmten sie auf den Vorplatz.
In weiten Sprüngen setzte Wulf durch das Gras und die Brücke. Neben dem ARET trafen sie mit ihm zusammen. Er legte einen schleimigen Fetzen vor ihnen ab - grauweiß und irgendwie amorph. An Vorderläufen und Brust des Lupas klebten Blutkrusten in seinem Fell.
»Aruula…«, flüsterte Rulfan. Der Lupa bellte, warf sich herum und rannte wieder dem Wald entgegen. Matt spurtete ihm hinterher…
***
Das Fremde berührte sie schon wieder. Ora’leq’murana zog sich zusammen, versuchte sich in den Tiefen ihrer Speichereinheit abzuschotten. Doch die Aura der unbekannten ontologisch-mentalen Substanz drang in sie ein, tastete nach ihren Gedanken, Bildern und Empfindungen. So sehr die Leq sich zu verschließen suchte - das Fremde war stärker.
(Wo bist du, Ora’sil’gagaru?! Hilf mir! Das Fremde ist mächtiger als ich! Berühre mich, Ora’sil’gagaru! Hilf mir!) Vergeblich sandte sie ihre flehenden Empfindungsströme aus, und sie wusste es. Hatte sie doch gespürt, dass man sie vom Landeplatz weggebracht hatte. Nein, nicht die Modelle erster Ordnung hatten sie geholt, wie sie die Berufenen holten.
Etwas Anderes, Fremdes hatte sie mitgenommen, etwas, das der Kontrolle ihrer eigenen Substanz widerstand.
Und jetzt betastete das Fremde das Ziel. Ora’leq’murana versuchte das Bild jener feinschuppigen, biotischen Organisation zu verbergen. Das Bild des Ziels, das der Sol ihr geschenkt hatte. Doch es gelang ihr nicht.
Und schließlich tat sie, was jeder ihrer Art angesichts unüberwindbarer Gefahr getan hätte und zu tun geschworen hatte: Sie löste die Wurzeln ihrer ontologisch-mentalen Substanz vom Kern ihrer Speichereinheit. (Nimm mich auf, Sol’daa’muran, nimm mich auf in das Zentrum deines Seins…!)
***
Geknickte Bäume, aufgewühlter Uferschlamm, zerpflügtes Unterholz und niedergedrückte Büsche, und im seichten Uferwasser die Trümmer eines Schiffes. Die Brandung schaukelte Leichen hin und her.
»Aruula!«, brüllte Matt. Mitten in den Spuren eines ungleichen Kampfes fand er sie sitzen. Apathisch starrte sie auf das Schiffswrack.
»Aruula…« Er sank neben sie auf die Knie und schloss sie in die Arme. »Himmel, Aruula… was ist mit dir?«
Sie lehnte sich an ihn und weinte. Vollkommen nackt war sie, und voller Blut am Bauch und an den Schenkeln. Im Geäst einer umgestürzten Birke entdeckte Matt ihren Lendenschurz, und ein paar Schritte weiter ragte ihr Schwert aus dem Unterholz.
Die Barbarin zitterte am ganzen Leib. Kein Wort kam über ihre Lippen; sie klammerte sich nur an ihn und weinte. Er schob die Arme unter sie und hob sie hoch. Als er sich umdrehte, traf ihn Rulfans trauriger Blick. Stumm stand der Albino am Seeufer.
Matt trug Aruula zur Festung hinauf und in den Raum, den sie sich seit ein paar Wochen teilten. Dort wusch er sie, hüllte sie in Decken und Felle, legte sich neben sie und hielt sie fest, bis sie einschlief.
Später setzte Miss Honeybutt sich neben ihr Lager. Matt schleppte sich die Stufen hinunter. In der Eingangshalle lag der Kristall. In seinem Inneren war das pulsierende Licht erloschen, und niemand sonst hielt sich noch in der Halle auf.
Matthew ging zum Fluss hinüber. Kaum spürte er seine Beine noch, und hinter seinem Brustbein schien ein Loch zu gähnen. Er fühlte nichts mehr, gar nichts.
Quart’ol lag ausgestreckt
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