082 - Das Geheimnis der Kristalle
suchten, würde es ihnen nicht anders ergehen.
Matt winkte die Gefährten hinter sich her. Schritt für Schritt arbeiteten sie sich zu der Stelle vor, an der sie Quart’ol zurückgelassen hatten. Widersprüchliche Gedanken und Gefühle zerrten an Matts Nerven während der halben Stunde, die sie dazu benötigten: Schuldgefühle wegen des Verlustes des Hydriten, Entsetzen über die enorme Menge an Kristallen hier unten, Angst vor dem Tod und gleichzeitig der unbedingte Wille zu leben, und dann die Enttäuschung darüber, nicht mehr über die Macht im See erfahren zu haben.
Quart’ol hockte noch immer auf dem Kristall. Er sah oder spürte die Männer kommen, blickte auf und stieg von seiner exotischen Beute. »Nie haben ich dergleichen erforscht - es ist rätselhaft, es erschüttert mich!« Blasen stiegen aus seinem Mund, die Klack- und Schnalzlaute purzelten ihm nur so über die dünnen Lippen. »Es sieht so aus, als wären in diesem Ding auch visuelle Fakten über den Kometeneinschlag gespeichert!«
Er deutete auf den Kristall. »Einmal glaubte ich geradezu den Einschlag zu erleben. Und dann ist das Bild eines humanoiden Wesens darin gespeichert, und zwar verknüpft mit Symbolen - oder soll ich es Gefühle nennen? -, die ihm so etwas wie Dringlichkeit verleihen. Es ist wirklich schwer auszudrücken…« Er verstummte, blickte sich um, und seine Augenlider verengten sich. »Wo ist Mer’ol?«
Matt deutete über die Schulter zurück und gestikulierte dann so lange, bis der Hydrit verstand, was nun vor allem anderen getan werden musste: Zurück zur Qualle.
Quart’ol nickte langsam. Er schien zu ahnen, was geschehen war.
Sie machten sich auf den Rückweg. Ausläufer der Blutwolke zogen über den Seegras-Wald, dämpften das allgegenwärtige grüne Licht und boten eine gewisse Deckung, die es den drei Männern erlaubte, ihre Rückstoß-Triebwerke zu aktivieren.
Während sie einen Meter über dem Boden an den Halmen vorbei schwebten, ordneten sich Matts Gedanken ein wenig. Er begann über das nachzudenken, was Quart’ol da gerade gesagt hatte. Und die leise Ahnung, vielleicht doch mehr zu erfahren als die Gewissheit über das bloße Vorhandensein unzähliger Kristalle, beflügelte ihn.
Bei der Qualle angekommen, aktivierte Quart’ol gleich zwei Gewebeschleusen auf einmal, sodass sie in zwei Schichten relativ schnell ins Innere des bionetischen Unterwasser-Gefährts gelangten. Dort stiegen sie aus den Tauchhüllen.
Der hydritische Wissenschaftler ließ Gewebelappen aus der Innenwand wachsen, die sich zu Sitzen formten und in die sie versanken. Er selbst nahm Mer’ols Kapitänssessel ein.
»Wohin?«, fragte er knapp.
»Hast du alles erfahren, was der Kristall an Informationen birgt?«, fragte Matt.
Quart’ol schüttelte den Kopf. »Nicht mal einen Bruchteil davon! Wie gesagt: Die Informationen sind nur schwer zu interpretieren.«
»Dann nehmen wir ihn mit«, entschied Matthew Drax.
»Gut. Das wäre auch mein Vorschlag gewesen.« Quart’ol bediente die organischen Instrumente. Die Qualle setzte sich in Bewegung. Während sie dicht über Grund zurück zum Kristall kroch, drehte sich der Hydrit zu den Männern um. »Und jetzt will ich wissen: Was ist mit Mer’ol geschehen?«
Sie berichteten von der gesteigerten Aggressivität der Rochen nach dem Kampf mit dem Wal. »Es wäre Selbstmord gewesen, noch weiter vorzudringen«, sagte Rulfan. »Also haben wir den Rückweg angetreten.«
»Die beiden waren schon auf dem Weg, da hat Mer’ol etwas Merkwürdiges entdeckt«, erzählte Matt weiter. »Eine Art flaches Bauwerk auf dem Kometen, etwa zwanzig Meter über dem Boden, auf dem kein einziger Kristall zu sehen war.«
»Ein Bauwerk?« Black schüttelte den Kopf. »Das ist doch absurd! Wer sollte das errichtet haben? Die Rochen?«
»Ich vermute, dass es schon vorher dort war«, entgegnete Matt. »Vielleicht der Sitz der Macht im See oder eine Art Kommandozentrale -«
»… des Kometen?«, fiel ihm Rulfan ins Wort. »Das wird ja immer schöner. Als nächstes wirst du mir erzählen, das Ding wäre ein Raumschiff!«
Matt hob die Schultern. »Ich möchte es nicht mehr ausschließen«, sagte er und wählte seine Worte mit Bedacht.
»Als ›Christopher-Floyd‹ damals in unser Sonnensystem eindrang, schien er mehrfach seinen Kurs zu korrigieren - als würde er auf die Erde zielen. Damals vermutete man explosionsartige Ausdünstungen dahinter, die ihn von seiner Bahn abbrachten. Mit dieser neuen Entdeckung aber…«
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