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082 - Das Geheimnis der Kristalle

082 - Das Geheimnis der Kristalle

Titel: 082 - Das Geheimnis der Kristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Wasser und wuchs von Tag zu Tag. Ja, es wuchs, das Wesen, das sie Transportqualle nannten.
    Mannsgroße Wucherungen stülpten sich aus seinem Fleisch, und ständig versammelten sie sich am Ufer und betrachteten diese Wucherungen, als hinge ihr Glück davon ab - Maddrax, Dave McKenzie, dieser Fischmann namens Quart’ol und die anderen.
    Pieroo schüttelte sich, weil er fror, und zog sich den Fellmantel um die Schultern zusammen. Alle schwitzten sie hier in dieser Gegend am Rande von Orguudoos Finsternis, und ihn fröstelte ständig. »Eine Atmosphäre wie in der Sauna«, pflegte Dave McKenzie zu sagen. Der eureeische Barbar hatte keine Ahnung, was das war, eine Sauna. Irgendwas Heißes, Feuchtes schätzte er. Gleichgültig - er jedenfalls fror. Und er fühlte sich schwach dabei. Von seiner alten Form, da machte er sich nichts vor, war er weit entfernt.
    Tauchen? Noch dazu in diesem Zustand? Pieroo hatte schon Mühe sich vorzustellen, in so einer Qualle unter Wasser zu schwimmen - das hatten sie nämlich getan, Quart’ol, Mer’ol, McKenzie, Rulfan und dessen Lupa -, aber der Gedanke, sich in einen dieser Auswüchse zu hüllen und bis auf den Grund dieses gottlosen Sees zu tauchen, dieser Gedanke schnürte ihm schier den Hals zu.
    Aber genau das hatten sie vor, hinunter tauchen. Verrückt!
    Als hätte er nicht schon genug verschlungen, dieser verdammte See, ja bereits die endlose Reise zu seinen Ufern.
    Seinen Freund Ru’alay, die nette Ärztin Helena Lewis, den schreckliche Jazz Garrett, die Anführer Crow und Smythe, und so viele andere - wo waren sie geblieben? Tot waren sie, ja, tot.
    Ein Fluch lag auf dem See, ein Fluch hatte auf der Reise zu ihm gelegen; davon war Pieroo überzeugt. Und jetzt auch noch in ihn hineintauchen? »Was ‘ne Quatsch«, murmelte der bärtige Barbar. »Was ‘ne Riesenquatsch…«
    Was ihn betraf - ob er nun der Alte war oder nicht -, keine zehn Frekkeuscher würden ihn in so eine Qualle hinein bringen, und schon gar nicht in eine dieser schleimigen Wucherungen. So viel war klar.
    Über ihm im Wald brach ein Zweig. Er lauschte: Schritte.
    Die Wachablösung, endlich. Pieroo gähnte. Drei Stunden, eine Ewigkeit! Er blickte auf den Halbmond über dem See. Für einen Moment standen da zwei Mondsicheln im Nachthimmel.
    Auch so etwas - immer häufiger sah er doppelt. Fühlte sich müde, fröstelte, sah doppelt; nein, er war nicht mehr der Alte.
    Die Schritte näherten sich, Pieroo stand auf. Wie der Geruch von Aas, in das man versehentlich getreten war, klebte die missmutige Stimmung an ihm. Schon seit er von der Lüge wusste.
    Ja, die anderen hatten ihn lange belogen, hatten ihm verheimlicht, wie es wirklich um ihn stand. Und das nahm er ihnen übel. Nachdem er ein Gespräch belauscht und endlich die Wahrheit erfahren hatte, erklärte ihm Maddrax, was passiert war. Wegen dieses Lichtblitzes über den Ruinen der Riesenstadt damals - wie hieß sie gleich? Nuu’ork, richtig - sei er verstrahlt worden, behauptete Maddrax, er und seine Frau Yuli - und Samtha, Ru’alays Witwe.
    Verstrahlt… Pieroo hatte keine klare Vorstellung, was das bedeutete, aber er hatte eine sehr konkrete Vorstellung davon, wie seine Yuli sich jetzt fühlen musste, wenn es ihr ähnlich ging wie ihm.
    In den See tauchen? Taratzendreck! Er wollte nach Hause, er wollte zu Yuli, so schnell wie möglich!
    Die Umrisse zweier menschlicher Gestalten schälten sich aus der Dunkelheit. Zwischen Büschen und jungen Bäumen liefen sie ihm durch kniehohes Gras entgegen. »Ich bin’s, Pieroo«, sagte eine Männerstimme. »Alles klar hier unten?«
    Doch nur eine Gestalt. »Alles klar, Maddrax.«
    Zwei, drei Bilder blitzten in Pieroos Schädel auf -Situationen, in denen er dem blonden Krieger aus der Vergangenheit begegnet war. Maddrax auf den Palisaden von Laabsisch - damals hatte er ihn kennen gelernt -, Maddrax auf dem Sklavenmarkt von Plymeth, Maddrax in der Riesenstadt unter dem Eis, als der Lichtblitz den Himmel verbrannte, und schließlich Maddrax wie von Wudan geschickt, als Pieroo vor dem wahnsinnigen Smythe floh. Erst einen Mond etwa lag das zurück.
    Hatte er den blonden Mann schon einmal in einer Situation getroffen, in der alles klar war?
    Das schoss dem bärtigen Hünen durch den Kopf, während Matthew Drax vor ihm stand und ihn musterte. Pieroo gähnte.
    »Ich tu mich inne Decken verkrieche.«
    »Schlaf gut.« Maddrax setzte sich auf den Baumstumpf, legte sein Gewehr über die Schenkel und spähte zur Bucht hinunter.

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