0820 - Im Netz der Para-Wölfin
mehr.
Einen Moment lang blieb der alte Patriarch reglos inmitten seines Salons stehen und sammelte sich. Einmal mehr wurde ihm die historische Bedeutung dieser Nacht bewusst. Nun endlich würden die Werdingos den ihnen angestammten Platz innerhalb der großen Wolfsfamilie einnehmen.
So lange hatte er auf diesen Augenblick hingearbeitet, intensive magische Forschungen betrieben und unzählige Rückschläge erlitten, ohne sich jemals von seinem Ziel abbringen zu lassen. An sich selbst, seinen Kindern sowie seinen engsten Vertrauten hatte er das Experiment erfolgreich durchgeführt. Um es jedoch in großen Stil auf den gesamten Clan ausdehnen zu können, brauchte er Hilfe.
Die hatte er in der para-begabten Werwölfin Elena gefunden.
Mit Ihrer Unterstützung konnte es endlich gelingen.
Edward LaGrange lächelte still, dann leitete er übergangslos die Metamorphose ein. Graues Fell spross auf seinen Wangen, die hageren, raubvogelartigen Gesichtszüge verformten sich, bis der Kopf des Patriarchen einem Dingoschädel glich. Als die Verwandlung endete, war aus dem Lächeln LaGranges ein hündisches Hecheln geworden.
Nein, nicht hündisch! Wölfisch!, korrigierte er sich.
Trotz seines animalischen Äußeren war der Patriarch immer noch menschlicher Gedankengänge fähig. Er war alt genug, um sich nicht von seinen dunklen Trieben hinfort tragen zu lassen.
LaGrange fuhr die Krallen aus und fetzte sich den sündhaft teuren, schwarzen Maßanzug vom Körper Dort, wo er jetzt hinging, brauchte er ihn nicht mehr. Stattdessen würde er sich seinem Rudel in all seiner Pracht zeigen, nicht in der schwächlichen menschlichen Hülle, die nur eine Tarnung war, um unter den Sterblichen kein Aufsehen zu erregen.
Hechelnd ließ sich Edward LaGrange vornüberfallen, bis er auf allen Vieren kauerte. Im nächsten Moment stieß er ein lautes Heulen aus, das laut durch alle Räume des gewaltigen Anwesens schallte.
Und dann eilte der alte Patriarch los, heulend und mit düsterer Vorfreude im Herzen.
***
»Vorsicht«, rief der Meister des Übersinnlichen geistesgegenwärtig und drängte Nicole und Seagrove zurück in den Gang.
In der Dunkelheit vor ihnen leuchtete ein blutrotes Augenpaar auf. Das Knurren wurde lauter.
»Sieht so aus, als wären wir hier richtig«, bemerkte Nicole trocken und zückte einen der Energiestrahler aus dem Arsenal der EWIGEN.
Zwar sprachen Wer-Kreaturen bevorzugt auf die zersetzende Kraft von Silber an, den nadelfeinen Hochenergiestrahlen der Blaster hatten sie jedoch ebenfalls nichts entgegenzusetzen.
Seagrove blickte irritiert auf die futuristische Waffe.
»Was ist das?«, fragte er. Auch er hatte bereits geistesgegenwärtig seinen Dienstrevolver gezogen.
Ehe Nicole oder Zamorra antworten konnten, löste sich das knurrende Geschöpf aus der Dunkelheit.
Der knochige Chief Inspector taumelte unwillkürlich zurück, als er das haarige Monster erblickte. Wie von selbst riss er die Waffe hoch.
»Das nützt nichts«, zischte Nicole. »Gehen Sie in Deckung!«
Seagrove taumelte nach hinten. Er konnte kaum glauben, was er sah.
Das Wesen, das aus der Dunkelheit auf sie zustürzte, war ein gestaltgewordener Albtraum aus Zähnen und Fell.
Vielleicht mochte es einmal menschlich gewesen sein, doch davon war nun nichts mehr zu erkennen.
Auch Zamorra hatte seinen Blaster gezogen. Nicole und er feuerten nahezu gleichzeitig.
Die nadelfeinen roten Laserstrahlen trafen die Kreatur mitten ins Herz.
Der Werdingo stieß ein schmerz erfülltes Heulen aus. Er hatte keine Chance zu reagieren. In Sekundenschnelle verbrannte er zu Asche.
Zamorra atmete tief durch und ließ den Blaster sinken.
»Was war das für ein Monster?«, fragte Seagrove kreidebleich.
»Eins von den Biestern, hinter denen auch unser Freund Veidt her ist«, klärte ihn Nicole auf. »Ein Werdingo, um genau zu sein. Und ich habe das dumpfe Gefühl, das war nicht der Letzte von der Sorte, der uns heute seine Aufwartung macht«
Unterdessen tastete Zamorra vorsichtig nach dem Lichtschalter. Einen Moment später wurde der Kellerraum von einer trübem Deckenlampe halbwegs erleuchtet. Mit der Waffe im Anschlag trat der Parapsychologe ein, doch es hielt sich offenbar kein weiterer Werdingo hier versteckt.
Außer Gerümpel und einigen Kisten war nichts zu sehen. Es schien sich auf den ersten Blick um einen gewöhnlichen Abstellraum zu handeln. Dennoch spürte Zamorra, dass das nicht alles sein konnte. Der Werdingo würde sich nicht ohne Grund hier unten
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