0824 - Liebestanz der Totenbräute
suchen Sie mal in einer Zeit wie dieser. Wir werden zu schlecht bezahlt.«
»Kann ich mit Mrs. Griffith reden?«
Maggie schaute zu Boden. »Mrs. Griffith ist nicht hier.«
»Wann kehrt sie zurück?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Sie steht in irgendwelchen Verhandlungen mit Zulieferfirmen. Es geht da um neue Verträge. Jeder muss sehen, wo er bleibt.«
»Sicher. Schade, dass der Baron tot ist.«
»Warum?«
»Och, ich hätte ihn gern einmal kennen gelernt. Er scheint ein sehr interessanter Mensch gewesen zu sein. Allein der Name Gulbekian deutet auf eine ungewöhnliche Herkunft hin.«
»Das kann man wohl sagen.«
»Wissen Sie denn mehr?«
»Über ihn?«
»Ja«, sagte Lady Sarah lächelnd. »Hat er das Seniorenheim nicht gegründet?«
»Nein, doch nicht der Baron. Er hat hier einmal gelebt. Er war ein Flüchtling. Nach dem Ersten Weltkrieg musste er aus dem Osten fliehen. Sie wissen doch, da übernahmen die Kommunisten die Macht. Ich kannte ihn nicht, er ist schon zu lange tot, aber ich hörte, dass er ein sehr eleganter Mann gewesen sein soll. Ja«, sie nickte gedankenverloren, »elegant und gebildet. Dazu der Schwarm aller Damen. Ein richtiger Adeliger, ein Gentleman des Ostens.« Maggie geriet ins Schwärmen. »Wenn ich ehrlich sein soll, dann hätte ich ihn schon gern kennen gelernt, aber das ist nun nicht mehr möglich. Er ist tot, und er hat wirklich ein sehr schönes Grab auf dem alten Friedhof, obwohl man von einem Grab nicht sprechen kann, das ist schon eine besondere Gruft, in die er zur letzten Ruhe gebettet worden ist.«
»Die Gruft kann man besichtigen – oder?«
»Ja. Sie müssen nur das Grundstück verlassen. Der Friedhof grenzt direkt daran. Dort müssen Sie dann über einen kleinen Zaun klettern, falls das Rundbogentor geschlossen sein sollte.« Maggie schaute auf die Uhr. »Wenn Sie es sich noch ansehen wollen, dann sollten Sie sich beeilen. Es wird zu dieser Jahreszeit schnell dunkel.«
»Danke für den Rat, ich werde es mir überlegen.«
»Und was Ihre Freundin Hetty Morland angeht, da kann ich Ihnen leider nicht helfen. Wenn Sie unbedingt mit ihr reden wollen, wäre es besser, Sie versuchen es am morgigen Tag noch einmal. Dann ist sie bestimmt zurück.«
»Könnte sein – ja.«
Maggie brachte die Horror-Oma noch bis zur Tür. Als sie geöffnet wurde, sagte Maggie, den Griff festhaltend. »Keine Sorge, Mrs. Goldwyn, das wird sich schon alles klären.«
»Meinen Sie?«
»Sicher.«
»Dann ist es ja gut. Und vielen Dank für Ihre freundlichen Auskünfte, Maggie.«
»Keine Ursache, das habe ich doch gern getan.«
Sarah Goldwyn ging. Sie war sehr nachdenklich, als sie die Treppe hinabschritt. Dass hier etwas nicht stimmte, lag auf der Hand. Irgendjemand hatte Hetty Morland aus dem Weg geschafft, und die Nachricht an Sarah war wie ein letzter Hilfeschrei gewesen.
Sie war keine Pessimistin, aber sie rechnete damit, Hetty nicht mehr lebend zu sehen.
Mit sehr gemischten Gefühlen schlug sie den Weg zum Friedhof ein…
***
Ich war zwar nicht geflogen, hatte aber manches Tempolimit überschritten, um möglichst pünktlich den Treffpunkt zu erreichen. Die kleine Stadt Caldric war ein verschlafener Ort, in dem alles seinen geregelten Gang lief. Wer hier lebte, der hatte mit dem Stress der Großstadt nichts am Hut, obwohl sich der Verkehr an manchen Stellen, besonders im inneren Bereich, manchmal ballte.
Das Lokal hieß Meetingpoint , lag im Zentrum und gehörte zu den modernen Bauten, in denen meist jüngere Menschen verkehrten.
Eine grelle Reklame leuchtete zuckend immer wieder auf.
Ich hatte einen Parkplatz in der Nähe gefunden und brauchte nur über die Straße zu gehen. Vor dem Lokal schob ich mich an den dort abgestellten und aufgebockten Motorrädern vorbei und schlüpfte durch die weit offen stehende Tür in das Innere, wo eine normale Unterhaltung wegen des Stimmengewirrs und der Musik unmöglich war.
Die Wände waren grellrot gestrichen, die Tische schwarz, die Stühle ebenfalls. Das bemerkte ich nur am Rande, ebenso wie den großen Ventilator unter der Decke, der sich müde drehte. Ich suchte einzig und allein Jane Collins.
Ich sah sie nicht.
War sie noch nicht eingetroffen?
Unschlüssig und mich langsam drehend blieb ich in der Mitte des Raumes stehen, bis ich einen Gang entdeckte, der nicht nur zu den Toiletten führte, sondern auch in einen zweiten Gastraum.
Dort fand ich Jane dann. Sie war vor dem Lärm in diesen Raum geflüchtet. So wie hier hatte das
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