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0825 - Böse kleine Elena

0825 - Böse kleine Elena

Titel: 0825 - Böse kleine Elena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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aufnehmen, denn wieder hörten wir aus einer nicht begreifbaren Tiefe ein Geräusch.
    Kein tiefes Stöhnen, eher ein Krächzen.
    »Hier – Elena – sehen…«
    Wir schauten uns an.
    Harrys Hand mit der Lampe begann zu zittern. Auch ich merkte, dass etwas über meinen Rücken rieselte.
    »Sie wird kommen, John. Der Totenkopf hat sie gerufen. Sie hat ihn gehört.«
    »Sei still.« Ich hatte mich zur Seite bewegt, weil ich in den Schatten der Wand wollte. Es roch feucht, nach Steinen, nach Vergänglichkeit und Asche.
    Auch Harry hielt sich zurück. Selbst der Schädel blieb stumm. Wir hatten den Eindruck, als wäre die Zeit stehen geblieben. Sie umklammerte uns wie mit langen Armen, deren Griff wir nicht sprengen konnten.
    In dieser kleinen Welt fühlten wir uns wie in einen Traum versetzt. Alles andere, was sonst auf dem Erdball passierte, war uninteressant geworden, es war allein wichtig, sich hier, auf dieser Insel, zu konzentrieren, denn jedes fremde Geräusch würde auf dieser kleinen Fläche schon etwas Weltbewegendes sein.
    Wie der Tritt – wie das Knirschen – wie auch das leise Schleifen im Hintergrund.
    Harry atmete zischend aus. Hinter seiner eingeschalteten Taschenlampe wirkte er wie eine dunkle Statue, die aber sprechen konnte, denn er fragte:
    »Hast du das gehört, John?«
    »Sicher, sie kommt.«
    Harry schluckte. »Elena…?«
    »Ich will es hoffen.«
    »Verdammt, das ist…«
    »Nicht bewegen, Harry!«
    Er tat mir den Gefallen. Nur seine rechte Hand zitterte leicht, was sich auf den Strahl übertrug. Sein Kegel hatte zwar den Schädel erfasst, aber er sah durch das Zittern aus, als hätte er auf ihm eine leuchtende Gänsehaut hinterlassen.
    Jemand näherte sich, der sich im Hintergrund aufgehalten hatte. Uns war es bisher nur gelungen, einen kleinen Teil der alten Ruine zu durchleuchten. Dass wir relativ schnell Elenas Lager gefunden hatten, konnten wir als Glück ansehen.
    »Jetzt dreh dich um!«
    Harry wusste Bescheid, was ich damit gemeint hatte. Er sollte sich nicht nur umdrehen, sondern auch in eine bestimmte Richtung leuchten, was er auch tat.
    Wieder wurde die Dunkelheit zerschnitten. Diesmal glitt der Lichtarm nicht ins Leere. Auf einmal, wie vom Himmel gefallen, stand da die Gestalt, die Frau…
    Elena war da!
    ***
    Es gab nichts, was jetzt noch zwischen uns stand. Keiner von uns gab einen Kommentar ab. Die Szene sprach für sich, und wir mussten sie auf uns einwirken lassen.
    Böse kleine Elena…
    Aber war die Gestalt, die da vor uns stand, tatsächlich so böse? Ich konnte dies beim besten Willen nicht unterschreiben, sie sah eher – ja, wie sah sie aus?
    Es fiel mir schwer, ihren Zustand zu beschreiben. Was das Äußere anging, war alles klar. Wegen der Kälte hatte sie einen alten Mantel über ihr Kleid gezogen. Das Haar war dunkel, es umhing den Kopf wie eine faserige Gardine, die aus unterschiedlich langen Fetzen bestand. Das Gesicht war eingefallen, die Haut wirkte bleich, die Augen lagen tief in den Höhlen, und der Mund mit den breiten Lippen zitterte leicht. Ob vor Furcht oder Kälte, das konnte ich nicht sagen, aber sie schien sich zu fürchten. Die Arme hingen wie Stöcke zu beiden Seiten des Körpers herab, nichts an ihnen bewegte sich, und die Finger hielt sie weit ausgestreckt.
    Das Licht hatte sich auch in ihren Augen gefangen. Sie zeigten einen sehr traurigen Ausdruck. Auf den Wangen verteilten sich graue Schmutzflecken.
    Als Elena einen zögerlichen Schritt nach vorn ging, hob sie den Arm, und ihre Bewegung glich der eines Zombies.
    Da war nichts Geschmeidiges mehr, aber sie war keine lebende Leiche, sondern ein Mensch, der meiner Ansicht nach unter einem tiefen Schock litt.
    Ein zitternder Zeigefinger wies nach vorn. Verfolgte ich seine Spitze, so war zweifelsfrei der Schädel das Ziel.
    Wusste sie Bescheid?
    Wir mussten davon ausgehen, doch in den folgenden Sekunden geschah erst einmal nichts.
    Bis sie die Lippen bewegte.
    Wir hörten nichts.
    Harry wollte sie ansprechen, aber er unterließ es, denn das Flüstern erreichte unsere Ohren.
    Hatte sie Mutter gesagt?
    Soviel von ihrer Sprache verstand ich noch, und ich sah, wie sie Luft holte. Auch das war bei ihr kein normaler Vorgang, sie pumpte sich regelrecht auf, und plötzlich drang ein irrer Schrei aus ihrem Mund. Er war so laut und plötzlich aufgebrandet, dass Harry und ich zusammenzuckten, obwohl wir damit gerechnet hatten.
    Ein Schrei, ein Wort.
    »Mutter!«
    Als Echo brandete er in unseren Ohren wider, und das

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