0825 - Böse kleine Elena
bergan, wobei die Finsternis um keinen Deut wich, allerdings eine Kontur erhielt, die wir gleichzeitig sahen und deshalb stehen blieben.
»Das ist es, John!«
Es konnte keine andere Lösung geben. Die Ruine des alten, kleine Schlosses oder was immer es gewesen sein musste, lag wie eine Ansammlung aus Bauklötzen inmitten der Landschaft, zum Greifen nahe, zwar vom dünnen Dunst umweht, aber nicht so stark, als dass sie überhaupt nicht zu erkennen gewesen wäre.
Ein dunkles Gemäuer, kein Licht, nur tiefe Stille, die darauf zu warten schien, zerrissen zu werden.
Harry wiegte den Kopf. »Die Ruine sieht nicht gerade bewohnt aus, wenn ich ehrlich sein soll.«
»Stimmt.«
»Glaubst du noch, dass wir Elena dort finden?«
»Lass uns hingehen.« Ich wollte nicht länger diskutieren, sondern endlich Nägel mit Köpfen machen, und hatte kaum den ersten Schritt getan, als ich etwas spürte.
Es war eine Bewegung, und sie ruckte noch in meiner rechten Hand nach. Zunächst war ich irritiert, weil ich keinen Grund erkennen konnte, denn ich selbst hatte die Hand nicht bewegt. Ich schaute dabei nach rechts unten, und auch Harry nahm die Veränderung meiner Haltung wahr. »He, was ist denn?«
Ich stellte die Tasche ab.
»Sag schon.«
»Moment noch.«
Ich hatte mich gebückt und schaute von außen gegen die Tasche. Dieser Ruck war nicht normal gewesen. Da ich die heftige Bewegungen nicht verursacht hatte, konnte nur der Inhalt die Schuld daran tragen.
Der Schädel hatte sich bewegt!
Harry Stahl wusste jetzt, dass etwas passiert sein musste, und er hielt sich zurück. Ich besah mir die Aktentasche – und sie bewegte sich.
Sogar die leichte Ausbeulung war zu sehen. Ein Tier schien sich befreien zu wollen, wir allerdings wussten, dass sich der Schädel sicherlich nicht verwandelt hatte.
»Mist«, flüsterte der Detektiv. »Was machen wir denn jetzt?«
»Wir werden unseren Weg fortsetzten.«
»Und dann?«
Ich deutete auf die Tasche. »Dieser Kopf hat genau gemerkt, dass er seinem Ziel entgegengetragen wird. Er spürte die Nähe, und genau das hat er uns mitgeteilt.«
»Befreien willst du ihn nicht?«
»Später vielleicht.« Ich hob die Tasche wieder an. Mein Begleiter hatte sich bereits zur Seite gedreht. In seiner rechten Hand trug er die Stableuchte, die er aus dem Wagen mitgenommen hatte. Noch ließ er sie ausgeschaltet, was auch gut war, denn wir wollten im Schutz der Dunkelheit so nahe wie möglich an unser Ziel heran und erst zwischen den alten Mauern das Licht einschalten.
Die Ruine lag nicht direkt auf einem Hügel, auch wenn man von einer Erhöhung sprechen konnte. Sie allerdings war abgeflacht und glich eher einer Kuppe.
Wie übergroße Bausteine schälten sich die Reste des Schlosses hervor. Sie hatten unterschiedliche Formen, die einen standen in die Höhe, die anderen lagen auf der Seite.
Die Bruchstücke selbst wurden von den weichen Dunstschleiern umweht, sodass es aussah, als gingen die Mauerreste ineinander über. Ich schaffte es nicht, mir ein genaues Bild von dieser Ruine zu machen, weil da einfach alles im Fluss war.
Die ersten großen Steine bildeten Hindernisse, die wir leicht überkletterten. Es bestand Rutschgefahr, denn jeder Stein zeigte an der Oberfläche eine gewisse Glätte, die sich aus pflanzlichen Resten gebildet hatte.
Mir war es ein Rätsel, wie es ein Mensch in dieser Umgebung so lange aushalten konnte. Es gab in dieser Umgebung einfach nichts, was das Leben lebenswert machte. Wer sich hierher zurückzog, der musste schon sehr große Sorgen haben.
Ich blickte mich ebenso um wie Harry Stahl. Nichts fiel uns auf, niemand zeigte sich, und Harry, der unbedingt seine Lampe einschalten wollte, tat es endlich.
Auch da wurde es nicht besser. Ein armbreiter Strahl riss eine helle Schneise in die Dunkelheit. In ihm wallte der blasse Dunst. Der Lichtkegel traf nasses Gemäuer, das sich aus klobigen Quadern zusammensetzte, es glitt hinein in Risse und Spalten. Wir sahen Lücken der unterschiedlichsten Formen, als hätte sie jemand mit einem Meißel geschaffen.
Ansonsten war die Umgebung tot und leer.
»Man hat uns doch wohl nicht wieder reingelegt?« murmelte Harry, als er seinen Arm schwenkte. Er und ich verfolgten den Lichtkreis, aber er brachte uns keine neuen Erkenntnisse.
»Verstecke gibt es hier genug. Komm mit.« Noch befanden wir uns am äußeren Kreis der Ruine. Wir tasteten uns voran, überkletterten Steine und sprangen vorbei an schiefen Mauern.
Wenn ich davon ausging,
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