0826 - Kampf um Armakath
nach ihm, wie ich es an jedem Tag meines Daseins getan habe. Doch hier ist das alles anders. Ich könnte dich jetzt aussaugen, bis auf den letzten Tropfen. Dein Blut… es muss köstlich munden. Du bist so jung, so voll Leben. Doch ich muss es nicht tun, verstehst du? Die verfluchte Krone, vielleicht auch diese wahnsinnige Stadt… sie verändern mich. Ich will das nicht. Ich will hier weg. Nicht mehr lange, dann wird hier etwas geschehen. Ich bin mir sicher, es geschieht bald. Und dann werde ich fliehen können. Zurück zu deiner Welt. Wenn es soweit ist, kann ich keinen Schatten gebrauchen, der voller Hass hinter mir herjagt. Also stirbst du jetzt, du dummes Kind!«
Moranos Hände legten sich um Mirjads Hals. Die Korsin hoffte nur, dass es schnell gehen würde. Sie hatte nicht alles begriffen, was der Vampir ihr gesagt hatte. Es spielte ja auch keine Rolle mehr. Langsam drückte Tan Morano zu.
Doch der Moment ihres Todes schien noch nicht gekommen zu sein. Zumindest wurde er von dem, was man wohl allgemein als Schicksal bezeichnete, auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
Moranos würgende Finger ließen Mirjad los, als die vier Feuer, von denen die Dunkle Krone eingerahmt wurde, zu vier infernalischen Flammenlanzen mutierten! Sie schossen in die Höhe und durchstießen unter ohrenbetäubendem Lärm die Tempeldecke. Der Raum war von einem Atemzug zum anderen in gleißende Helligkeit getaucht und links und rechts von Morano und Mirjad regneten die Deckentrümmer zu Boden.
Morano ließ sich fallen, rollte sich zum Ausgang, weil ihm klar wurde, dass der Tempel wohl endgültig seinen Zweck erfüllt hatte. Wo die Korsin abgeblieben war, konnte er nicht sagen. Sie war ihm auch völlig gleichgültig, denn hier ging es um seine Haut!
Kein Zweifel: Die Krone war zu ihrem vollen Potential erwacht. Sie benötigte keinen Schutzraum mehr, kein langsames Erobern von Terrain rund um ihren Standort. Das hier hatte eine ganz andere Qualität. Morano hatte geahnt, dass über kurz oder lang ein Angriff auf die weiße Stadt erfolgen musste. Doch der kam nicht von außen. Nicht von Gryf ap Llandrysgryf oder Professor Zamorra, nicht von der Schwarzen Familie.
Er kam von innen heraus - die Dunkle Krone hatte beschlossen, die Macht über Armakath zu übernehmen. Und mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit noch weit mehr als das.
Tan Morano konnte sich nichts vorstellen, was sie jetzt noch daran hindern sollte…
***
Professor Zamorra zweifelte für Sekunden an seinem Verstand.
Er hatte die Worte gehört, sie laut und deutlich vernommen, als sie ganz unvermittelt in seinem Kopf erklungen waren.
»Komm zu mir. Zamorra, ich warte auf dich. Wehre dich nicht dagegen. Komm zu mir! Ich brauche dich hier. Jetzt, sofort. Komm zu mir. Lass es einfach geschehen…«
Zamorra konnte es nicht fassen. Er wurde gerufen.
Gerufen? Von wem? Warum gerade jetzt? Der Zeitpunkt passte natürlich perfekt, denn noch immer war es dem Meister des Übersinnlichen nicht gelungen, die Barriere zu knacken, die ihn am Betreten der Stadt hinderte. Es widerstrebte ihm, doch er stand kurz davor, die Sache mit schierer Gewalt anzugehen.
Und als der Ruf sich wiederholte, da erkannte der Professor das Timbre in der Stimme des Rufers deutlich. Artimus van Zant - der Südstaatler war es, der Zamorra den Zugang zu Armakath ermöglichen wollte. Die Sorgen um den Freund wurden dadurch jedoch nicht geringer. Was war mit ihm geschehen? Oder besser gefragt: In welchem Zustand musste er sich befinden, um diesen Ruf überhaupt aussenden zu können?
Zamorra machte seinen Geist frei, denn um van Zants Aufforderung nachzukommen, musste er jegliche Blockierung aufheben, die als Schutz gegen Beeinflussung bestand.
Der Rest war leicht und ging blitzschnell. Wieder befand sich Zamorra in dem Tunnel, den er bereits durchquert hatte, als er sich mittels Magie an van Zant gehängt hatte. Dann fand er sich übergangslos auf den Straßen der weißen Stadt wieder.
Der weißen Stadt, in der in diesem Moment das Inferno losbrach!
Merlins Stern flammte auf - die Silberscheibe reagierte aggressiv auf das, was hier geschah; ein mehr als deutliches Zeichen, dass es sich um Schwarze Magie handelte. Zamorra ahnte, wer oder was hinter dem steckte, das nur unweit von seinem Standpunkt ablief.
Der Parapsychologe sah die vier Feuerlanzen, die sich in den sternenlosen Himmel bohrten und er war sich sicher, dass dort nicht ihr eigentliches und endgültiges Ziel lag. Eine Bewegung links neben ihm
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