0826 - Kristalle der Gewalt
Begegnungen mit ihnen viel zu zurückhaltend gewesen war.
*
Balku trottete durch das wüstenartige Gebiet, wobei er im Sichtschutz von einigen aus dem Sand aufsteigenden Felsen und von kaktusähnlichen Gewächsen blieb, die ihn weit überragten.
Er wollte sich allmählich und unbemerkt an die Terraner heranpirschen, die er irgendwo in der Nähe des Lagers vermutete. Irgendwie spürte er, daß sie noch lebten. Seine Achtung vor ihnen war mittlerweile so deutlich gestiegen, daß er ihnen zutraute, dieser Hetzjagd entkommen zu sein.
Außerdem wollte er, daß sie lebten, damit er sich an ihnen beweisen konnte. Also schob er alle Gedanken an ihren möglichen Tod weit von sich.
Er dachte an ROSS und daran, wie er es erreichen konnte, daß dieser ihm erlaubte, ständig in seiner Nähe zu bleiben. Genügte es, die beiden Terraner zu töten?
Plötzlich sah er den Schatten eines Haluters, der hinter einem Felsen stand. Der Schatten verriet, wo er war, und daß er sich ruhig verhielt.
Balku zögerte.
Ein unbestimmbares Gefühl warnte ihn davor, weiterzugehen.
Hielt sich Corner-Lerz dort hinter dem Felsen versteckt? Und was würde er tun, wenn er ihn sah?
Balku preßte die Lippen trotzig zusammen. Er war entschlossen, sich nicht noch einmal wegschicken zu lassen. Er ging weiter, schob die Füße jedoch vorsichtig und lautlos voran.
Er fühlte, wie der Staub unter seinen Füßen wegrann.
Bereit, jeden Moment zurückzuspringen, spähte er um den Felsen. Er erstarrte. Er blickte direkt in drei große, funkelnde Augen.
„Balku", sagte der Erwachsene. „Was machst du hier?"
Es war Kaban-Or, einer der ältesten und bekanntesten Lehrer auf Terzrock. Balku war vorübergehend von ihm unterrichtet worden. Er haßte diesen Wissenschaftler, der seine Schwächen schonungslos aufgedeckt hatte.
Allerdings sah Balku es etwas anders. Er war der Meinung, daß Kaban-Or ihn pausenlos beleidigt hatte, ohne dafür den geringsten Grund zu haben. „Ich bin hier, weil ich kämpfen will", erklärte er mit fester Stimme. „Ich bin groß genug dafür."
Kaban-Or schloß die Augen für einige Sekunden. Als er sie wieder öffnete, atmete er tief durch und sagte: „Du bist ein Kindskopf, Balku. Gehst du freiwillig, oder muß ich dir das Fell versohlen?"
Balku schnaufte. „Sie haben kein Recht, mir etwas zu befehlen", erklärte er erregt. „Sie sind nicht mehr mein Lehrer."
Kaban-Or holte aus und versetzte Balku einen kräftigen Schlag gegen den Kopf. Der jugendliche Haluter stürzte zu Boden, schnellte sich jedoch sofort wieder hoch und griff den Lehrer wütend an. Er versuchte, ihn mit Faustschlägen einzudecken, doch Kaban-Or streckte nur zwei seiner Arme aus und hielt ihn sich damit vom Leib.
Blind vor Zorn und Erregung schlug Balku um sich, doch seine Fäuste wirbelten nur wirkungslos durch die Luft.
Kaban-Or lachte dröhnend, als Balku sich etwa zwei Minuten lang abgemüht hatte, ohne den geringsten Erfolg zu erzielen. „Siehst du, du Narr", sagte er. „Du kannst noch nicht einmal richtig kämpfen. Was willst du also hier? Bei dir muß man ja Angst haben, daß ein Gurrad oder ein Perlian dich verprügelt, daß das letzte Fünkchen Verstand, das du noch hast, auch noch verlorengeht."
Er stieß Balku von sich. Dieser fiel erneut in den Sand. Dieses Mal aber blieb er auf dem Boden liegen.
Wutentbrannt blickte er auf. „Ich verstehe dich nicht", sagte der Lehrer. „Du bist ungewöhnlich intelligent."
„Eben sagten Sie etwas von einem Fünkchen Verstand."
„Das war ein Scherz", erwiderte der Lehrer freundlich. „Was ich sagen wollte, ist, daß du wirklich intelligent bist, aber nur einen winzigen Teil deines Hirns zum Denken benutzt. Warum eigentlich? Warum weigerst du dich, mal richtig zu denken? Was kann das schaden? Hast du Angst, daß du dann zur Vernunft kommst?"
Balku erhob sich. „Sie sind ein alter Trottel", sagte er verächtlich. „Was verstehen Sie schon vom Leben? Was wissen Sie schon von uns Jungen? Überhaupt nichts. Sie sind fast dreitausend Jahre alt. In diesem Alter hat man vergessen, wie es ist, wenn man jung ist."
Kaban-Or wurde nachdenklich, „Damit könntest du sogar recht haben", entgegnete er. „Wahrscheinlich lohnt es sich, einmal darüber nachzudenken."
Der Lehrer folgte einem spontanen Entschluß. Er setzte sich in den Sand. Er verschränkte die Arme vor der Brust und schloß die Facettenlider für einen kurzen Moment, um sich zu konzentrieren. „Also gut", sagte er. „Wir wollen
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