0827 - Der Dämon von Songea
Wasser warf Blasen, als würde es kochen. Im nächsten Augenblick schoss eine bizarre Gestalt aus den Tiefen hervor, schwebte für ein paar Sekunden in der Luft und landete wenige Schritte vor Msegu am Ufer.
Die Kreatur, die den Heiler höhnisch angrinste, hatte kaum noch etwas Menschliches an sich. Die Haut war grauschwarz und schien in ständiger Bewegung zu sein. Bedeckt wurde sie von einer fadenscheinigen Kolonialuniform, in der man den Körper offenbar einst begraben hatte. Doch dieses Wesen war kein willenloser Untoter. Die rot glühenden Augen verrieten eine wache, tödliche Intelligenz.
»Msegu!«, zischte die Kreatur.
»Der bin ich.« Der alte Heiler nahm all seinen Mut zusammen, trat ein Stück vor und hob den Stock. »Aber wenn du mich töten willst, wirst du kämpfen müssen!«
»Gut…« Das Grinsen des Weißen Zauberers wurde noch breiter…
***
Joseph Mapunda beobachtete die Zielpersonen schon seit Stunden. Es war ein öder Job, und langsam verfluchte der durchtrainierte Polizist Chief Mbeya dafür, dass er ausgerechnet ihn mit der Observierung beauftragt hatte. Schließlich hatte Mapunda die Kunst des Überwachens in seinen langen Jahren beim Geheimdienst erlernt. Das hier war ein Job für Anfänger.
Die beiden Franzosen hatten sich erst aus einem unerfindlichen Grund auf dem alten Kolonialfriedhof rumgetrieben und jetzt fuhren sie stundenlang durchs Hinterland. Nur der Unfall hatte für etwas Abwechslung gesorgt, aber zu Mapundas aufrichtigem Bedauern war er glimpflich ausgegangen.
Der Polizist hatte keine Ahnung, was die Fremden mit dem Dorfoberhaupt von Lugoro besprochen hatten, aber er wusste, wohin sie jetzt wollten. Die unbefestigte Straße, auf der sie das Dorf verließen, hatte nur ein Ziel: das Ufer des Nyasa-Sees.
Kurz entschlossen bog Mapunda von der einen kurvenreiche Straße ab und peitschte seinen unbeleuchteten Jeep durch das hohe Savannengras. Wenn er sich beeilte, konnte er so vor den Zielpersonen am Ufer sein, ohne dabei gesehen zu werden.
Zehn Minuten später hatte er den See erreicht. Mapunda stellte den Jeep im Schutz eines Hügels ab und näherte sich vorsichtig dem Ufer. In einiger Entfernung sah er die schnell näher kommenden Scheinwerfer der Fremden. Der Polizist grinste. Die letzten Jahre bei der Polizei von Songea hatten ihn nicht verdorben. Er hatte es immer noch raus.
Mapunda wollte gerade über die letzte Hügelkuppe zum Ufer schleichen, als er erstarrte.
Da unten befanden sich bereits zwei Menschen.
Der eine sah aus wie ein Heiler, der andere war die gruseligste Erscheinung, die der hartgesottene Polizist je gesehen hatte. Instinktiv zog Mapunda seine Waffe, aber sein-Verstand befahl ihm, nicht überstürzt einzugreifen.
Der Heiler ging jetzt mit seinem Stock auf den Unheimlichen los. Mapunda sah sofort, dass er keine Chance hatte. Die grauschwarze Gestalt in der Tropenuniform hob nur den rechten Arm und der alte Mann wurde von einer unsichtbaren Macht zurückgeschleudert.
Doch der Heiler gab nicht auf. Er griff sich mehrere der Fläschchen, die an dünnen Lederbändchen von seinem Gürtel hingen, und warf sie dem Unheimlichen vor die Füße. Dazu rief er etwas, das Mapunda nicht verstehen konnte. Die Fläschchen explodierten in grellweißen Blitzen, aber die graue Gestalt lachte nur höhnisch.
Na warte, das Lachen wird dir gleich vergehen, dachte Mapunda und lud seine Sig Sauer durch.
In dem Moment betraten Zamorra und seine Gefährtin die Szene.
***
Sie mussten nicht lange suchen. Gespenstische Blitze zerrissen die Dunkelheit, als sie die von Zwangendaba angegebene Stelle erreicht hatten.
»Verdammt, wir kommen zu spät!«, rief Nicole.
»Vielleicht können wir noch was retten«, erwiderte Zamorra und sprang aus dem Wagen. »James, Sie bleiben hier!«
»Keine Sorge, ich lege keinen Wert darauf, gegrillt zu werden.«
Sie mussten nur eine Hügelkuppe überwinden, dann lag die eindrucksvolle Kulisse des Nyasa-Sees vor ihnen. Am Ufer kämpfte ein älterer Schwarzer in der traditionellen Kleidung eines Heilers gegen eine Grauen erregende Gestalt, die aus der Hölle selbst gekommen zu sein schien. Der alte Mann war offenbar Msegu - und er kämpfte eindeutig auf verlorenem Posten.
Der Heiler schrie dem Dämon Beschwörungen entgegen und bewarf ihn mit in grellen Blitzen explodierenden Fläschchen, die den Weißen Zauberer jedoch zu amüsieren schienen.
»Ist das alles, was du zu bieten hast, Msegu?«, rief der Dämon.
Plötzlich riss er die Arme
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