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0827 - Der Dämon von Songea

0827 - Der Dämon von Songea

Titel: 0827 - Der Dämon von Songea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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Gewissheit hat. Ich meine, der Mann ist tot, und das schon seit ziemlich genau hundert Jahren. Etwas spät für einen Höflichkeitsbesuch.«
    Der Historiker nahm einen tiefen Zug, hustet und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. Fahrig wischte er sich den Schweiß von der Stirn: »Verdammt !«
    »Aber was wollte er im Archiv? Das war doch wohl kein Zufall, oder?«
    »Nein, vermutlich nicht«, bestätigte Zamorra.
    »Woher wusste Hardenberg, dass ich da bin? Und was will er von mir?«
    »Vielleicht war er gar nicht hinter Ihnen her«, gab Nicole zu bedenken. »Möglicherweise hat er einfach nur dasselbe gesucht wie Sie.«
    »Die Namen?« Der Historiker sah die Französin ungläubig an. »Warum sollte er die haben wollen?«
    »Um seinen Rachefeldzug fortzuführen«, erklärte Zamorra. »Nach dem, was wir wissen, ist Hardenberg zwar sehr mächtig, aber keineswegs allwissend. Es ist doch denkbar, dass er damals selbst nicht genau wusste, welche Zauberer für seinen Tod verantwortlich waren. Also benötigt er zunächst mehr Informationen.«
    »Und das Archiv gab es schon zu seinen Lebzeiten«, sagte Nicole nachdenklich. »Es wäre ein logischer Anknüpfungspunkt.«
    James war nicht überzeugt. »Aber an Machuya und seinem Dorf hat er sich bereits vorher gerächt.«
    »Nysuga liegt in unmittelbarer Nähe von Songea. Wahrscheinlich kannte er also den örtlichen Zauberer. Und vermutlich war auch Kinjikitile kein Unbekannter für ihn. Aber was ist mit den beiden anderen Name auf der Liste.«
    James holte das Dokument hervor, auf das er im Archiv gestoßen war. »Msegu aus Lugoro und Kiswaga aus Matuhi…« Plötzlich hielt der Historiker inne. Ungläubig starrte er auf das vergilbte Stück Papier.
    »Was ist los, James«, fragte Nicole.
    »Matuhi liegt am Rutukira-Fluss. Vor einer Woche gab es dort eine Überschwemmung. Zehn Menschen sind ertrunken, darunter der örtliche Heiler. Es stand in der Zeitung…«
    »Verdammt!«, fluchte Nicole.
    »Wer Maji-Maji beherrscht, kann also nicht nur Kugeln in Wasser verwandeln, das Wasser selbst wird für ihn zu einer tödlichen Waffe«, überlegte Zamorra.
    »Na wunderbar, Lugoro liegt direkt am Nyasa-See«, murmelte James.
    »James, denken Sie scharf nach: Hatte Hardenberg im Archiv die Möglichkeit, einen Blick auf die Liste zu werfen?«
    Der Historiker überlegte einen Moment, bevor er nickte. »Das könnte durchaus sein.«
    »Dann sollten wir sofort aufbrechen und beten, dass der Weiße Zauberer uns nicht zuvorkommt.«
    ***
    Lugoro lag etwa zwei Autostunden von Songea entfernt. Es war schon dunkel, als sie ihr Ziel erreichten. Offenbar hatte sich die Nachricht von der Rückkehr des Weißen Zauberers schon wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Anspannung war fast körperlich spürbar, als sie den Wagen auf dem Marktplatz abstellten. Misstrauische Blicke musterten sie, die so gar nicht zu der offenen und warmherzigen Art passten, mit der die meisten Tansanier in der Regel Fremden begegneten.
    »Diese Menschen haben Angst«, sagte Nicole. Als Telepathin war sie für Stimmungen und Gefühle anderer besonders empfänglich. »Aber sie sind uns nicht feindlich gesinnt. Noch nicht!«
    Das war immerhin eine gute Nachricht.
    »Jetzt müssen wir nur noch unseren Heiler finden«, entschied Zamorra. »Hoffen wir, dass die Angst den Leuten nicht die Lippen versiegelt.«
    »Das werden wir gleich feststellen«, erwiderte James.
    Ohne zu zögern, sprach er einen Straßenhändler an, der die Meine Gruppe aufmerksam beobachtete. Der Mann antwortete zunächst unwillig, aber schließlich lockerte James’ offene und charmante Art die Zunge des Händlers.
    »Er sagt, er wisse nicht, wo Msegu sich zurzeit aufhalte«, berichtete der Historiker. »Aber er will uns zum Dorfoberhaupt bringen. Sein Name ist Zwangendaba. Er kann uns bestimmt weiterhelfen.«
    Der Straßenhändler nickte Zamorra und Nicole aufmunternd zu und ging voran. Sie mussten nur wenige hundert Meter gehen, dann fanden sie sich vor einem weiß gestrichenen Steinhaus wieder, das etwas großzügiger und luxuriöser wirkte als die umstehenden Behausungen. Eine attraktive junge Frau öffnete ihnen. Der Straßenhändler sprach schnell in Swahili auf sie ein und deutete dabei immer wieder auf die drei Fremden.
    »Mein Vater ist sehr beschäftigt«, erklärte die junge Frau in perfektem Englisch.
    »Bitte, es ist sehr dringend!«, sagte Zamorra. »Ihr Heiler Msegu ist in Lebensgefahr. Wir wollen ihm nur helfen.«
    Die junge Frau überlegte kurz.

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