0827 - Der Dämon von Songea
sie sich unseren Anordnungen widersetzen? Wir haben ihnen Zivilisation und Kultur gebracht, wir haben sie sogar in unsere christliche Gemeinschaft aufgenommen, und wie danken sie es uns? Mit Mord und Brandschatzung!«
»Reden Sie keinen Stuss, Smolders!«, zischte Hardenberg. »Sie sind nur aus einem Grund hier: Gier! Und glauben Sie mir, ich verstehe das. Die Welt ist ein Schlachthaus, und jeder nimmt sich, was er kriegen kann. Ich bin der Letzte, der Ihnen einen Vorwurf machen würde, aber tun Sie nicht so, als ginge es Ihnen um das Seelenheil dieser Menschen!«
»Menschen!«, entfuhr es Leutnant Müller verächtlich. »Ich bitte Sie, wir reden hier von Negern«
Der Adjutant wurde aschfahl, als Hardenberg herumfuhr und ihn mit seinen brennenden Augen fixierte. »Diese Neger wissen mehr von dieser Welt, als Sie je begreifen werden. Und es liegt an Holzköpfen wie Ihnen, dass Deutsch-Ostafrika bald nur noch eine traurige Erinnerung sein wird. Es sei denn…«
»Es sei denn was…?«, fragte der Stellvertreter des Gouverneurs ungeduldig. »Mein Gott, spannen Sie uns doch nicht auf die Folter.«
»Es sei denn, wir kommen ins Geschäft. Mit all ihren Soldaten und Kanonen haben Sie gegen die Magie dieses Landes keine Chance. Aber mit meiner Hilfe können Sie den Aufstand in ein Blutbad verwandeln. Wenn Sie bereit sind, den Preis zu zahlen…«
Oberstleutnant Wenneburg zündete sich eine Zigarette an und paffte nervös ein paar Züge, bevor er weitersprach: »Was verlangen Sie?«
»Ich will mein eigenes Reich. Ich bin bescheiden, ich verlange nur das kaum besiedelte Hinterland, um genau zu sein, das Gebiet zwischen Songea, Viktoria-See und Belgisch-Kongo. Die zweifellos sehr viel einträglichere Küstenregion können Sie behalten.«
Der Stellvertreter des Gouverneurs lachte hysterisch auf. »Das ist die Hälfte der Kolonie. Das können Sie unmöglich ernst meinen!«
»Glauben Sie, ich scherze?«
»Das Land gehört dem Kaiser!«
»Der Kaiser wird froh sein, wenn er zumindest einen Teil seiner jämmerlichen Kolonie behalten darf.«
»Das kann ich nicht entscheiden«, krächzte Wenneburg.
»Dann sprechen Sie mit jemandem, der das kann. Aber machen Sie schnell. Sonst ist Deutsch-Ostafrika Geschichte.«
Hardenberg vollführte die höhnische Parodie eines militärischen Grußes, drehte sich um und verließ den Raum. Schweigend starrten die anderen Männer ihm hinterher.
Schließlich flüsterte Smolders: »Darauf können wir doch nicht eingehen…«
Oberstleutnant Wenneburg schüttelte den Kopf, als wollte er einen schlimmen Albtraum vertreiben: »Sehen Sie eine andere Möglichkeit?«
»Das ist doch alles Humbug«, protestierte Leutnant Müller.
»Humbug?« Wenneburgs Ausruf war fast ein hysterisches Kreischen. »Sie haben ihn doch gesehen. Nein, das ist kein Humbug. Dieses Land ist verflucht, und wenn wir nichts dagegen unternehmen, wird es uns alle in den Abgrund reißen.«
»Und was sollen wir jetzt tun?«, fragte Smolders.
»Das kann ich Ihnen sagen: Wir werden auf seine Forderungen eingehen!«
»Wir werden was?« Der Bezirksamtmann starrte den Stellvertreter des Gouverneurs ungläubig an.
»Er soll seinen Willen haben«, sagte Wenneburg, und seine Lippen verzogen sich zu einem verschlagenen Grinsen. »Und sobald er uns geholfen hat, diesen schwarzen Bestien zu zeigen, wer hier das Sagen hat, wird er seine gerechte Belohnung erhalten!«
***
Heute
Chief Mbeya zitterte vor Wut. Aber diesmal bekam er keinen Tobsuchtsanfall. Als der Polizeichef sprach, war seine Stimme fast unhörbar leise, doch dadurch klang sie umso gefährlicher. »Dafür zahlen Sie, das verspreche ich Ihnen«, sagte er und deutete mit einer vagen Geste auf die beiden Leichen, die Dr. Gwassa mit ungläubigem Gesichtsausdruck untersuchte.
»Sie glauben doch nicht, dass wir das waren«, ereiferte sich Nicole. »Falls Sie sich noch erinnern: Wir waren bei Ihnen, um Sie davor zu warnen, dass genau das passieren würde.«
Der Polizeichef unterbrach die Dämonenjägerin mit einer herrischen Handbewegung: »Nein, ich hatte Sie gewarnt. Ich hatte Ihnen geraten, sich aus der Sache rauszuhalten. Aber Sie wollten ja nicht auf mich hören. Jetzt können Ihnen auch Ihre ausländischen Pässe nicht mehr helfen. Dafür werden Sie in der Hölle schmoren. Und Sie, Stadtjunge«, Mbeyas Zeigefinger schoss vor, als wollte er James geradewegs durchbohren, »können froh sein, wenn Sie nicht auch in die Todeszelle kommen. Sie hätten Ihre Nase weiter in
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