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0829 - Der Alpen-Teufel

0829 - Der Alpen-Teufel

Titel: 0829 - Der Alpen-Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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glauben«, flüsterte er. »Ich will es auch nicht. Er ist ein Tier gewesen, aber auch ein Mensch. Ich habe mal in der Zeitung von einem Mann gelesen, der als Baby ausgesetzt worden ist und unter Wölfen aufwuchs. Es kann sein, daß dieser Killer so etwas gewesen ist.«
    »Aber Sie haben ihn nicht erkannt?« fragte ich.
    »Nein, wieso?«
    Ich lächelte und räusperte mich zugleich. »Wir sind ja nicht von gestern, und ich habe Ihnen ja erzählt, daß wir nicht zu den Reportern gehören. Deshalb dachte ich, daß sie einen gewissen Paul erkannt haben. Wie ich hörte, hat Anna diesen Namen als letzten genannt, bevor sie starb, und Sie sagten mir, daß es einen Paul gibt, daß er sogar hier auf dem Friedhof begraben liegt und Sie selbst vor seinem Grab gestanden haben. Das ist doch alles wahr - oder?«
    »Ja, es stimmt.«
    »Und das war nicht Paul, den Sie gesehen haben?«
    Er schwieg, starrte zu Boden und hob die Schultern. »Es ging alles so schnell, ich weiß das nicht genau. Er hatte zwar dunkle Haare wie Paul, aber Paul liegt«, er drehte sich halb um und deutet mit dem Daumen noch über seine Schulter, »dort hinten.«
    »Er ist also tot«, sagte Suko.
    »Ja, er hat sich umgebracht. Sie haben ihn am Rand des Friedhofs verscharrt.«
    »Warum tat man das?«
    »Ein Selbstmörder darf nicht christlich bestattet werden, das ist eben bei uns so.« Er stand auf.
    »Darf ich Sie um einen Gefallen bitten?«
    »Gern«, sagte ich.
    »Bringen Sie mich nach Hause. Es ist nicht weit. Ich wäre Ihnen sehr dankbar. Außerdem möchte ich nach meiner Mutter schauen. Sie hat recht gehabt.«
    »Womit?«
    »Daß in dieser Nacht das Böse unterwegs ist.«
    »Woher konnte sie das wissen?« fragte ich.
    »Alte Frauen spüren das. Sie achten noch mehr auf die Zeichen der Natur als wir Jüngeren.«
    Dazu gab ich keinen Kommentar ab. Ich spürte, wie es Bert Rogner heimwärts drängte und er auf dem Weg zu seinem Haus auch nicht die Unsicherheit verlor.
    Immer wieder schaute er sich um, seine Blicke glitten sogar hin zu der dunklen Kulisse der Berge, über deren Gipfel der klare Sternenhimmel schwamm.
    »Irgendwann«, flüsterte er, »irgendwann kommt er wieder. Und dann habe ich keine Chance mehr…«
    ***
    Auch für uns ergab es keinen Sinn, weiterhin durch die dunkle Nacht zu streifen. Die Alpen-Bestie war uns immer einen Schritt voraus. Sie kannte sich hier aus, wir nicht, und so beschlossen wir, wieder zurück ins Hotel und auf unsere Zimmer zu gehen.
    Zuvor warfen wir noch einen Blick in den großen Aufenthaltsraum mit der viereckigen Bar. An ihr saß ein einsamer Zecher und unterhielt sich mit dem Kellner, der Mühe hatte, sein gelangweiltes Gesicht zu verbergen. Der Gast hatte uns gesehen, drehte sich auf dem Hocker und schaute uns aus trüben Augen an.
    »Ich habe keine Lust mehr auf einen Drink«, sagte Suko.
    »Unter den Umständen ich ebenfalls nicht.«
    Der einsame Zecher winkte matt. Er sprach mit unsicher klingender Stimme einige belanglose Sätze und wandte sich wieder seinem Glas zu. Auch den verzweifelten Blick des Kellners ignorierte ich und tat ihm nicht den Gefallen einer Unterhaltung.
    Die Tür schwappte hinter mir zu. Ich betrat die ruhige Halle mit der Rezeption, und drei Köpfe drehten sich mir zu. Frau Brandner und Suko kannte ich. Die blonde Frau hatte ihren Arm angehoben und angewinkelt auf die Schulter eines Mannes gelegt, dessen Haarschnitt sehr kurz und dicht war. Die braunen Augen zeigten dieselbe Farbe. Das Gesicht wirkte kernig, man sah ihm an, daß er in den Bergen aufgewachsen war. Er trug einen grünen Pullover und dazu eine beigefarbene Cordhose. Helene Brandner stellte uns den Herrn als ihren Mann vor.
    Ich sagte meinen Namen ebenfalls und lauschte Herrn Brandner. Er war froh, daß wir nicht wegen der Vorfälle nach Alpbach gekommen waren.
    »Nein, nein, die können Sie vergessen. Wir hatten beruflich in der Wachau zu tun und wollten uns nur einige Tage erholen, das ist alles.«
    »Da sind Sie bei uns richtig.«
    Frau Brandner lächelte etwas verloren. Sie war wohl nicht der Meinung ihres Gatten.
    »Darf ich Sie noch zu einem Glas Wein einladen?«
    Wir waren einverstanden.
    Wieder ging es zurück in den großen Raum mit der Bar. Der einsame Zecher kümmerte sich nicht um uns, er war damit beschäftigt, den Weg zum Ausgang zu finden. Betrunken stolperte er hinaus.
    Der Kellner konnte Feierabend machen, denn Herr Brandner ließ es sich nicht nehmen, uns zu bewirten. Er brachte einen guten Veltliner, einen

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