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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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wohnt. Wahrscheinlich in irgendeiner billigen Pension. Von morgen an beschatten wir den Mann rund um die Uhr.« Auf dem Heimweg beschäftigten Wade ein paar knifflige Probleme. Warum verkleidete sich Oaks als Kanalarbeiter, um Blumen kaufen zu gehen. Das war wirklich merkwürdig. Wegen einiger Stiefmütterchen riskierte er es, erkannt zu werden. Wade erinnerte sich, daß Oaks Blumen liebte und immer wieder versuchte, auf dem Kai vor dem »Mekka« einen Garten anzulegen. Doch diese Blumen waren ganz offensichtlich nicht für das »Mekka« bestimmt.
    Der alte Ex-Polizist Henry, Wades Hausfaktotum, kannte Oaks ziemlich gut.
    »Das ist komisch«, sagte er, nachdem der Inspektor ihm von der Begegnung erzählt hatte. »Golly ist kein großer Gärtner. Es hat sich schon in ganz Wapping herumgesprochen, daß er seiner Frau durchgegangen ist, und die meisten Leute glauben, er fahre wieder zur See. Vielleicht glaubt sie es auch.« Das war der Vorwand, den Wade brauchte, um das »Mekka« aufzusuchen. Ob er dadurch zwischen Mann und Frau Unfrieden stiftete, bereitete ihm kein Kopfzerbrechen. Eine solche Nebensächlichkeit hätte er unter keinen Umständen beachtet. Doch er ahnte, daß die Neuigkeiten, die er Mutter Oaks brachte, für sie gar keine waren. Er aß eine Kleinigkeit zu Abend und fuhr dann ins »Mekka«. Er ging abends oft allein aus dem Haus, denn da in Wapping niemand so etwas für möglich hielt, brauchte er auch nicht zu befürchten, daß man ihn belästigte. Die Flußräuber, die ihn haßten, waren der Meinung, er gehe grundsätzlich nie ohne bewaffneten Leibwächter aus, und die Legende, daß er sich nur im Schutz unzähliger Kriminalbeamter bewege, von denen jeder den Finger am Abzug hatte, ersparte ihm eine Menge Unannehmlichkeiten.
    Die Haustür des »Mekka« war abgeschlossen, und Mutter Oaks öffnete ihm selbst. Er stellte etwas fest, was ihm bisher noch nie aufgefallen war: Die Deckenlampe in der Halle hing schräg, so daß das Licht demjenigen, der vor der Tür stand, grell ins Gesicht schien. Sie war aber so abgeschirmt, daß die Halle im Halbdunkel lag. Mutter Oaks sah ihn an, und er hatte den Eindruck, daß in ihren Augen ein kurzes Erschrecken aufflackerte. Sie stellte ihm jedoch keine Fragen, sondern führte ihn in ihr Wohnzimmer. Dort saß Lila mit einem Buch auf dem Schoß. Als Wade hereinkam, sprang sie auf. Sie schien ihm blasser als sonst und sah bedrückt aus. »Verschwinde, Lila, ich habe mit Inspektor Wade zu reden«, sagte Mutter Oaks.
    Lilas Blick kreuzte sich kurz mit dem seinen, und er las eine Warnung darin, die er nicht übersehen konnte. Sie schien etwas sagen zu wollen, überlegte es sich aber und wollte das Zimmer verlassen, doch er hielt sie zurück. »Hallo, Lila. Studieren Sie die Klassiker, oder bereiten Sie sich auf Ihre französische Schule vor?« fragte er. Bevor Lila antworten konnte, schob Mrs. Oaks sie zur Tür und schirmte das Mädchen so lange gegen Wade ab, bis es draußen war.
    »Nun«, sagte sie dann mit einem Unterton von Trotz in der Stimme, »was führt Sie zu uns, Inspektor?« »Ich möchte mit Ihnen über Golly reden. Hat er sich schon von Bord der ›Seal of Troy‹ gemeldet?« Sie antwortete nicht, aber er sah, daß sie die Lippen zusammenpreßte. Wäre sie eine gute Schauspielerin gewesen oder hätte sie nicht gewußt, daß Oaks in London war, hätte sie entweder Überraschung geheuchelt oder wäre ehrlich überrascht gewesen. Aber sie ging ganz offensichtlich in Abwehrstellung, was bedeutete, daß sie über das Abenteuer ihres Mannes genau Bescheid wußte. »Welchen Hafen läuft das Schiff zuerst an?« »Hören Sie, Inspektor«, sie blieb ganz ruhig. »Sie haben Golly heute abend gesehen. Er hat mich angerufen. Sie brauchen nicht auf den Busch zu klopfen. Das kleine Stinktier ist mir weggelaufen, und ich will nicht, daß das allgemein bekannt wird. Aber wenigstens war er anständig genug, mich anzurufen und mir zu sagen, daß Sie ihn erkannt haben. Ich kann Ihnen nicht mehr über ihn sagen, als Sie schon wissen. Ich bin fertig mit Golly, ein für alle Mal.« »Das ist aber traurig«, sagte Wade beschwichtigend. »Sie brauchen trotzdem nicht unverschämt zu werden, Inspektor. Ich weiß zwar nicht, was meine privaten Sorgen Sie angehen, aber wenn Sie's unbedingt wissen wollen, bitte: Golly und ich kommen nicht gut miteinander aus, und außerdem ist er für meinen Geschmack viel zu gut Freund mit den Flußratten. Er kauft immer von den Kerlen und bringt mein Haus

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