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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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dadurch in Verruf. Ich habe ihm klipp und klar gesagt, daß ich das nicht mehr dulde.«
    Das war eine ungewöhnlich sanfte und rechtschaffene Mutter Oaks. So sanft und rechtschaffen, daß Wade unbeeindruckt blieb.
    »Golly hat nicht zufällig seine Adresse hinterlassen?« »Nein«, fauchte sie. »Ich habe Ihnen doch eben auseinandergesetzt, daß Golly mich nicht interessiert. Und außerdem werden Sie bald selber herausfinden, wo er wohnt. Ich wette, Sie haben ein paar Bullen hinter ihm hergeschickt.« Wades rastloser Blick schweifte im Raum umher. Es gab nichts Ungewöhnliches zu sehen, und Mutter Oaks' Verhalten hatte ihm nur verraten, daß Golly mit ihrem Wissen und ihrer Billigung gegangen war. Er erhob sich von dem Stuhl, auf den er sich unaufgefordert gesetzt hatte, und streckte sich. »Ich bin müde«, sagte er. »Ich war in Maidenhead und habe die Frau gesucht, die Golly in einem Wagen mit der Zulassungsnummer X.P. 1102 von dort weggebracht hat. Es war ein großer Wagen«, fuhr er fort. »Golly hat neben dem Fahrer gesessen und wurde natürlich erkannt. Wenn Anna etwas passiert« — seine stahlblauen Augen richteten sich fest auf Mutter Oaks - »wenn man sie zum Beispiel in einem oder zwei Tagen tot aus dem Fluß fischen würde, dann wäre das für Ihren Mann sehr peinlich. Aber wahrscheinlich interessiert es Sie nicht mehr, ob er gehängt wird oder nicht.« Die Sache von dieser Seite anzupacken, war eine Eingebung des Augenblicks. Wades Taktik beruhte auf dem Bluff mit der Autonummer. Trotz ihrer beispiellosen Selbstbeherrschung blinzelte Mutter Oaks. »Niemand wird sie umbringen —« begann sie und unterbrach sich plötzlich. Er ging zu ihr hin, baute sich vor ihr auf und sah auf sie hinunter. »Mrs. Oaks«, sagte er, »Sie spielen ein sehr unkluges Spiel. Und Sie stecken viel tiefer in der Sache, als Sie sich vorstellen können. Sie wissen, daß Golly diese Frau aus Maidenhead abgeholt hat. Sie wissen, daß er sie entweder hierher ins ›Mekka‹ oder nach London brachte. Sie wissen, daß man sie gegen ihren Willen verschleppte, und Sie wissen auch, warum. Ich wiederhole, wenn ihre Leiche heute, morgen oder irgendwann aus der Themse gefischt wird, wird es Ihrem Mann und Ihnen kaum gelingen abzustreiten, daß Sie etwas mit dem — Mord zu tun hatten.« Er hatte das Wort »Mord« mit voller Absicht gebraucht. »Und es wird Ihnen auch sehr schwerfallen zu beweisen, daß Sie nicht mit den Gummimännern in Verbindung stehen, die schon ein paar Morde auf dem Kerbholz haben.«
    Sie schluckte trocken. »Wenn Sie wissen, wo der Wagen ist...«
    »Ich weiß es nicht. Ich kenne nicht einmal die Zulassungsnummer. Die habe ich nur erfunden. Diese Information schenke ich Ihnen, weil mir auffiel, daß Sie sich die Nummer gemerkt haben und schon morgen entdeckt hätten, daß sie ein reiner Bluff war. Daß Ihr Mann in dem Wagen saß, ist keine Erfindung von mir, sondern Tatsache, und ebensowenig ist es eine Erfindung, wenn ich Ihnen sage, daß ich ihn unter dem ersten besten Vorwand festnehmen werde.« Im ersten Moment schien sie verzweifelt, aber dann schien ihr ein tröstlicher Gedanke gekommen zu sein, und die Sorgenfalten auf ihrem Gesicht glätteten sich wieder. »War das alles, was Sie mir zu sagen hatten, Inspektor?« fragte sie mit ihrer alten Unverfrorenheit. »Das war alles«, antwortete er vergnügt. »Bemühen Sie sich nicht, ich weiß, wo es hinausgeht.«
    Durch die offene Wohnzimmertür sah sie ihm nach, bis er — das vermutete er jedenfalls — das Haus verlassen hatte. Wade hatte etwa den halben Weg zu der kleinen Eisenpforte zurückgelegt, als hinter ihm etwas klirrend aufs Pflaster fiel. Er drehte sich um und leuchtete mit seiner kleinen Taschenlampe den Weg ab. Er entdeckte einen kleinen Schlüssel, eines von diesen Stückchen Metall, die in das Schloß jedes billigen Möbelstücks passen. Darum herumgewickelt und mit einem Faden festgebunden war ein Blatt Papier. Er hatte gerade noch Zeit, den Schlüssel aufzuheben und in die Tasche zu stecken, als die Haustür aufging und helles Licht auf den Weg fiel. Auf der Schwelle stand Mutter Oaks. »Inspektor Wade!« rief sie, und er machte kehrt und ging zurück.
    Sie wollte ihn offensichtlich versöhnen. »Sie werden Golly doch nicht anzeigen?« fragte sie. »Was ich Ihnen gesagt habe, war die lautere Wahrheit, und ich möchte nicht, daß mein Name in den Dreck gezogen wird. Ich will versuchen, Golly noch heute nacht zu finden, und wenn ich ihn erreiche, sage

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