0830 - Das Vampirloch
Weitergehen nach dem dritten Schritt und hörten hinter sich knarrende Laute, mit denen die Tür zufiel. Es knackte, als sie das Schloß berührte, wo sie sich festhakte.
Jetzt waren sie endgültig da. Jetzt gehörten sie dem Vampirloch. Jetzt war ihnen der Rückweg versperrt.
Sie atmeten ein.
Es war eine besondere Luft, die beide umgab. Sie roch nach Blut, aber auch nach Staub, und sie war sehr trocken. Der Geschmack in den Mündern verdichtete sich. Zumindest Glenda kam es vor, als wäre sie dabei, mit Blut getränktes Papier zu kauen.
Es ließ sich niemand blicken.
Sie blieben allein, und so tropften die Sekunden dahin, eingefangen von einer bedrückenden Stille, die dann - urplötzlich - von einer Stimme zerstört wurde.
Ja es war eine Stimme, aber mehr auch nicht. Keiner von ihnen konnte den Sprecher oder die Sprecherin erkennen, denn sie wußten nicht mal, ob ein Mann oder eine Frau gesprochen hatte.
»Willkommen bei uns…«
Mehr war nicht zu hören gewesen, und beide Ankömmlinge standen da wie Figuren, die sich aus eigenem Antrieb nicht bewegen konnten. Angst verspürten sie nicht, dafür aber Neugierde auf die Gestalt mit der geheimnisvollen Stimme.
Sie zeigte sich nicht. Sie ließ ihren Willkommensgruß wirken, und deshalb verdoppelte sich auch die Spannung in ihnen. Beide wußten, daß sie hier nichts zu sagen hatten, sie standen auch weiterhin unbeweglich und schauten nach vorn.
Der Gang, der Tunnel, die kleinen Lichter, hier kam alles zusammen und vereinigte sich zu einem langen Schlauch, an dessen Ende sie eine Bewegung sahen.
Dort stand jemand!
Beide hielten den Atem an. Sie konnten nicht genau erkennen, wer sich dort aufhielt, es war zumindest ein Wesen mit menschlicher Gestalt. Eine Frau, ein Mann?
Die Gestalt hob den Arm. Die Bewegung verwandelte sich in eine winkende Geste, die den beiden Neuankömmlingen galt, Glenda und auch Eddy setzten sich gemeinsam in Bewegung.
Die Gestalt bewegte sich. Sie ging auf die Neuankömmlinge zu, und endlich erkannten sie, daß es eine Frau war. Blond und bleich, was möglicherweise auch an dem hellen Kleid lag, das die Frau trug. Es umgab ihren Körper ziemlich eng, und es endete dort, wo die Knie begannen. Die Frau war ziemlich dünn, sie wirkte auf irgendeine Art und Weise auch unmodern, als wäre sie in den sechziger Jahren eingefroren und erst jetzt wieder aufgetaut worden.
Auch die Frisur war unmodern. Gelbliche Haare hingen glatt und steif zu beiden Seiten des Gesichts herab nach unten und berührten wie faseriges Stroh die Schultern.
Die Augen fielen nur deshalb auf, weil sie stark geschminkt waren. Der Mund stand leicht offen, dabei war die Unterlippe nach unten geschoben. Die Augen glänzten matt.
Als Typ wäre diese Person in einer größeren Menschenansammlung nicht aufgefallen, hier aber strahlte sie etwas ab, das Glenda nicht erfassen konnte, das ihr jedoch keine Freude bereitete, denn ein gutes Gefühl hatte sie dabei nicht.
Alles in allem wirkte sie kindlich, aber sie war auf keinen Fall zu unterschätzen. Mit einer sehr behäbigen Bewegung hob sie zuerst die Arme an und streckte den beiden dann ihre Hände entgegen.
»Kommt her, meine Lieben, kommt, ich habe euch erwartet.«
Beide zögerten nicht. Sie schritten auf die ihnen entgegengestreckten Hände zu und verstanden diese Geste auch, denn zugleich ergriffen sie je eine Hand der Frau.
Kalt war die Haut.
Eisig auf irgendeine Art und Weise, und nicht nur Glenda schauderte zusammen. Etwas in ihrem Unterbewußtsein meldete einen Alarm, denn sie dachte plötzlich an Totenhände.
Ja, so fühlten sich die Hände einer Toten an, aber diese Person hier war nicht tot, sie lebte, sie bewegte sich, sie konnte auch sprechen, und sie stellte sich ihnen vor.
»Ich bin Evana…« Mehr sagte sie zunächst nicht, und wieder lauschten beide dem Klang der Stimme nach.
»Wie heißt ihr?«
»Glenda.«
»Ich bin Eddy.«
»Wie schön, Glenda und Eddy. Seid meine Freunde, seid meine Gäste! Labt euch bei mir und wartet darauf, daß das große Blutfest beginnen wird.«
»Blutfest?« keuchte Glenda.
»Ja, nach Einbruch der Dunkelheit. Dann wird es zu diesem Fest kommen. Alle Geladenen werden hier sein, und alle werden sich auf das Blutfest freuen, auch ihr.« Sie ließ die Hände der beiden los und drehte sich herum.
Glenda und Eddy schwiegen. Dafür schauten sie zu, wie Evana zwei Schritte vorging, wieder ihren rechten Arm ausstreckte, und das Viereck der Lampen an den Seiten fing an, sich
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