0830 - Das Vampirloch
zu drücken. Er wollte nur noch leben und überleben, auf sich persönlich konnte er keine Rücksicht mehr nehmen.
Deshalb rammte er seinen Schädel vor.
Es knackte, als er das Gesicht der Blutsaugerin traf. Vielleicht war deren Nase gebrochen, er hoffte es sogar. Diesmal hatte er es geschafft, die schreckliche Gestalt nach hinten zu wuchten.
Sie rollte sogar noch weiter - und auf die Kerze zu. Die Flamme erlosch nicht sofort, sie huschte noch über den Kleiderfetzen der Vampirin hinweg.
Der Stoff fing Feuer.
Die Blutbestie schrie auf. Sie war unfähig, etwas zu tun. Sie saß auf dem Boden und starrte die kleine Flamme an, die über den unteren Kleidersaum kroch und den Stoff immer mehr verbrannte.
Auch Quade sah seine Todfeindin. Nur kam sie ihm vor, als würde sie auf einer Welle tanzen, die sich hin- und herbewegte. Sein Blickfeld war eingeschränkt. Er brüllte seine Not hinaus, darauf hoffend, daß ihn irgendwer hörte.
Evana reagierte endlich. Sie schlug mit beiden Händen auf die Flammen ein. Funken stoben in die Höhe, und sie schaffte es tatsächlich, das Feuer zu löschen.
Brandgeruch durchzog den Keller.
Es war dunkel geworden.
Quade sah sie nur mehr als Schatten. Er hörte sie keuchen oder knurren.
Für sie war die Sache noch längst nicht erledigt. Sie würde es immer und immer wieder versuchen, bis zum bitteren Ende oder bis hin zur Blutleere.
Oder doch nicht?
Etwas anderes war geschehen.
Dem Mann ging es nicht so schlecht, als daß er nicht den spitzen Schrei gehört hätte. Dieser Schrei war ein Alarmzeichen, und nicht nur für ihn, besonders für die Blutsaugerin, denn sie kam wieder auf die Beine.
Quade konnte es mehr ahnen, aber er hörte plötzlich ihre hastigen und schleifenden Schritte.
Sie verschwand aus dem Keller.
Quade konnte es nicht glauben. Er hockte da und wartete zitternd ab, ob er sich nicht getäuscht hatte. Das Echo der Tritte verklang, und dann erst durchströmte ihn die Erleichterung, und er sank mit einer müden Bewegung nach hinten.
Er konnte nichts dafür, aber er mußte plötzlich weinen wie ein altes Waschweib…
***
Mit einem blitzschnellen Griff hielt Suko die Chinesin fest, als diese in der Tiefe des Ganges verschwinden wollte. Die Kleine wehrte sich noch, wobei sie gegen Suko keine Chance hatte, denn er nahm sie in den Polizeigriff.
Sie wurde ruhig, stand gebückt da, den Kopf dennoch leicht erhoben, und ihre Augen versprühten Blitze. Wenn sie gekonnt hätte, wäre sie uns an die Kehle gefahren.
Sir James tat nichts. Wahrscheinlich war er zu überrascht, um etwas zu unternehmen. Er schaute mich nur an, als hätte er mich noch nie im Leben gesehen.
Ich hatte Zeit, mich umzublicken. Wir befanden uns in einem Flur oder Gang, der durch Spiegel und sie umgebende kleine Glühbirnen in seinen Proportionen verzerrt worden war. Er sah deshalb sehr tief aus und schien zudem in die Unendlichkeit hineinzuführen.
Das Spiegelglas war nicht normal hell. Es hatte eine rauchgraue Farbe, dadurch wurde die Düsternis dieser Umgebung noch stärker unterstrichen.
Es gab nur einen Weg. Den nach vorn. Und dieser Weg endete wieder vor einem von kleinen Glühbirnen umrahmten Spiegel. Aber soweit waren wir noch nicht. Für mich zählte zunächst einmal, daß wir den Eintritt geschafft hatten, alles andere würde sich schon ergeben, und ich war natürlich gespannt darauf, das eigentliche Vampirloch zu betreten, aber ich brauchte noch Informationen.
Vor mir stand Sir James.
Sein Hut war etwas verrutscht, die Brille leicht nach vorn geglitten. Er schaute mich über den Rand des Bügels hinweg an, und ich war mir noch immer nicht sicher, ob er uns überhaupt erkannt hatte.
Um ihn nicht zu erschrecken, sprach ich ihn mit leiser Stimme an. »Sir James, bitte, hören Sie mich. Wissen Sie, wer hier vor Ihnen steht?«
Er runzelte die Stirn. Dann rückte er seine Brille zurecht. Zumindest war dies eine normale Bewegung. Sie gehörte einfach zu ihm, und wir hatten sie schon sehr oft mitbekommen.
»Reden Sie, Sir James!«
»Blut«, sagte er leise. »Blut… ich will zum Blut. Ich habe es gefunden. Das Blut hat mir den Weg gewiesen. Ich rieche es, und ich rieche es jetzt stärker.«
»wo?«
»Hier.«
»Das ist nicht genau genug.«
»Hinter der Tür!«
»Dort werden wir auch hingehen«, erklärte ich ihm.
»Da ist das Blut!« keuchte er.
Ich lächelte ihn an. »Das weiß ich sehr genau, aber wir werden es uns gemeinsam anschauen.«
Er hob die Schultern. Von einer Sekunde
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