0831 - Leichen frei Haus
lief mit relativ großen Schritten und achtete auch nicht auf den Untergrund, der doch hin und wieder von einer dünnen Eisschicht bedeckt war.
Dafür schaute sie sich um.
Die Person war dick vermummt. Sie konnte sowohl ein Mann als auch eine Frau sein. Mit der Kleidung hatte sie sich gut angepaßt. Sie trug eine dicke graue Winterjacke und eine gefütterte Hose. Eine Kapuze hatte sie über den Kopf gestreift, um sich vor der Kälte zu schützen. Zudem war die Kapuze unter dem Kinn zusammengeschnürt, damit sie beim Laufen nicht verrutschte.
»Japaner oder nicht?« murmelte ich.
Suko hatte mich gehört. »Ich tippe darauf.«
Eines weiteren Kommentars enthielt ich mich, denn ich wollte sehen, was die Gestalt genau vorhatte.
Zunächst einmal schaute sie sich beim Laufen immer wieder um. Sie behielt die Richtung bei und würde, wenn sie so weiterlief, das offene Grab erreichen.
Der Atem dampfte vor ihren Lippen. Für uns sah es so aus, als würde Qualm aus der Kapuzenöffnung quellen. Etwa dort, wo wir mit dem Glatzkopf gekämpft hatten, blieb sie stehen, schaute sich noch einmal um und mußte feststellen, daß die Luft rein war.
Erst dann lief sie die restlichen Schritte zum Grab hin und blieb dicht daneben stehen, wobei sie uns ihren Rücken zudrehte.
Einige Sekunden warteten wir ab. Die Person bewegte sich nicht. Sie schaute unverdrossen in das Grab hinein, als gäbe es dort etwas Besonderes zu entdecken.
Mir schoß der Gedanke durch den Kopf, daß sie sich möglicherweise mit dem oder den Ghouls verbündet hatte, in diesem Fall war wirklich alles möglich.
Suko räusperte sich leise. Ich wußte, was er wollte und war damit einverstanden. Ohne daß wir uns abgesprochen hätten, setzten wir uns gemeinsam in Bewegung.
Auf dem Hinweg hatten wir auf Geräusche nicht zu achten gebraucht. Das änderte sich jetzt. Wir bewegten uns sehr vorsichtig, wenn auch mit langen Schritten. Das Knirschen des gefrorenen Laubs war in der Stille leider ziemlich weit zu hören, allein aus diesem Grunde gingen wir sehr langsam und achteten auch darauf, wo wir hintraten.
Zum Glück gab es genügend laublose Stellen, und erst, als wir das alte Gräberfeld verlassen hatten, ging es uns besser. Denn nun würde uns die Person nicht mehr entwischen können.
Wir liefen schneller und fächerten dabei auseinander, da wir die Person in die Zange nehmen wollten. Den Atem hielten wir unter Kontrolle, keiner von uns keuchte, die Kondition war gut.
Die hochgezogene Kapuze filterte gewisse Geräusche. Es würde dauern, bis uns die Person hörte.
Aber sie hatte sehr gute Ohren. Beide wurden wir überrascht, als sie herumfuhr.
Sie sah uns.
Im ersten Augenblick machte der Schreck aus ihr eine Eisfigur. Wir mußten ihr inmitten der Leere des Gräberfeldes wie zwei drohende Figuren vorkommen, und das blasse Gesicht unter der Kapuze war zu einer Maske geworden.
Dann schrie sie auf.
Hell und noch immer erschreckt.
Nur hatte kein Mann geschrien, sondern eine Frau. Und als sie den ersten Schreck überwunden hatte, warf sie sich nach rechts und gab Fersengeld…
***
Zweimal schon hatte sich Dr. Slim Dayton übergeben müssen, und jedesmal hatte er gehofft, sich danach besser zu fühlen. Vergebens, die Hoffnung war trügerisch gewesen, noch immer fühlte er sich irrsinnig elend und wäre am liebsten gestorben.
Er hatte eben zu viel getrunken und auf das Zeug am Morgen noch den Kaffee gekippt. Den hatte er nicht bei sich behalten können.
Nach dem zweiten Übergeben verließ er das kleine Bad wie ein alter Mann. Es war ja nicht nur das Gefühl im Magen, hinzu kamen noch die Kopfschmerzen, die einfach nicht verschwinden wollten.
Sein Kopf fühlte sich an, als wäre er doppelt so dick, und hinter den Schläfen hämmerten die kleinen, bösen Zwerge.
Er war froh, sich auf sein Bett setzen zu können, um sich danach sehr langsam nach hinten fallen zu lassen. Das Licht brannte neben ihm, es war ihm zu hell, und er drehte den Dimmer nach rechts, damit der Schein an Intensität verlor.
Auf dem Rücken blieb er liegen. Leise stöhnend und die Hände auf den Magen gelegt, in dem es wieder rumorte. Er traute sich nicht, durch den offenen Mund zu atmen, immer wieder saugte Dr. Dayton den Atem durch die Nase ein.
Das Fenster in seiner Bude lag dicht unter der Decke. Es war nur mehr ein breiter Schlitz, und er hatte es auch nicht schräg gestellt, so daß keine frische Luft in das Zimmer drang, in dem es einzig und allein nach ihm roch.
Draußen war
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