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0831 - Leichen frei Haus

0831 - Leichen frei Haus

Titel: 0831 - Leichen frei Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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du?« fragte Dr. Shephard.
    Iris Long hob die Schultern. »Ich weiß es selbst nicht, Alvin, aber ich habe einfach den Wunsch, mir diese Winterlandschaft noch einmal anzusehen.«
    Er räusperte sich, um die Verlegenheit zu übertünchen, in die ihn die Antwort gebracht hatte. »Das klingt mir zu endgültig, meine Liebe.«
    »Meinst du?«
    »Sicher.«
    Iris hob die Schultern. »Vielleicht ist es das auch. Sieh mich nicht als zu sentimental an, aber in der vergangenen Nacht bin ich auch dazu gekommen, über mein bisheriges Leben nachzudenken, und ich habe das Einsehen gehabt, nicht alles richtig gemacht zu haben. Dieser Job, so lukrativ er auch sein mag, hat seine verdammten Tücken. Das wußten unsere Brötchengeber. Ich will nicht sagen, daß wir mit dem Rücken an der Wand standen, aber sie hätten sich keine anderen vor ihren Karren spannen können. Bei uns war das ideal.«
    »Du bereust es.«
    »Ich habe nur nachgedacht, Alvin.«
    »Trotzdem bereust du es.«
    Iris Long lächelte verloren. »Soll ich sagen, daß es Schicksal ist? Daß sich irgendwann alles wieder ausgleicht? Ich habe in meiner Arbeit die Sterne vom Himmel holen wollen und scherte mich einen Teufel um die Moral der Menschen, die es ja angeblich nicht gibt. Ich bleibe auch dabei, aber es gibt etwas anders, Alvin, und das ist mir in der vergangenen Nacht klargeworden. Es gibt ein Gewissen, zumindest bei mir, und dieses Gewissen hat sich tatsächlich gemeldet. Es hat mir gesagt, daß ich einiges falsch gemacht habe, und ich werde auch sehr intensiv über mein Leben nachdenken, wenn ich diese Sache hier überstehen sollte.«
    Shephard nickte sich selbst in der Scheibe zu. »Vielleicht denke ich ähnlich, aber wir Menschen sind nun mal so. Verschlossen, introvertiert. Ein jeder ist mit sich selbst beschäftigt, er denkt nicht an den anderen. Ich kenne das.«
    »Das ist nicht gut.«
    »Stimmt.«
    »Wir beide, Alvin, sollten zumindest zusammenhalten. Auf Slim können wir uns nicht verlassen, der ist anders, der wird sich auch nicht ändern, denke ich.«
    »Dein Reden hörte sich an, als würdest du Gefahren sehen, Iris.«
    »Stimmt. Ich habe auch Angst. Wenn meine Gedankengänge richtig sind, dann hat man uns hier mit dem Ungeheuerlichen, mit dem Unglaublichen konfrontiert. Man lieferte uns die Leichen frei Haus, um es zynisch zu sagen, aber man hat uns reingelegt. Ich kann dir nicht sagen, wer es gewesen ist und warum man es getan hat, aber es steckt mehr dahinter, als wir bisher wissen, auch wenn es banal klingt.«
    Shephard lachte, nur hörte es sich nicht gut an. »Lieber Himmel, du kannst einen alten Mann richtig zum Nachdenken zwingen. Ehrlich, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.«
    »Solltest du aber.«
    Dr. Shephard wollte das Thema beenden. »Komm endlich mit, wir wollen uns die Kammer anschauen. Das Nachdenken oder Philosophieren hat keinen Sinn. Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen und auch herausbekommen, wie weit sie gediehen sind.«
    Zwei Testleichen bewahrten sie noch in der Kühlkammer auf. Heute hätte es noch einmal Nachschub geben sollen, dann war die erste große Testreihe beendet. Sie mußten die Ergebnisse auswerten. Es würde eine harte Arbeit werden, denn der Computer hatte zahlreiche Daten ausgespien. Erst wenn dieses Paket abgegeben worden war, würden sie ihre hohen Schecks bekommen.
    In der Kammer herrschten natürlicherweise Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Jeder von ihnen besaß einen Schlüssel zur Kammer. Da Shephard als erster vor der Tür stand, schloß er auch auf und mußte den Schlüssel zweimal drehen.
    »Geh du vor«, flüsterte die Ärztin. Sie war blaß geworden, ihre Lippen zitterten leicht.
    Ein aufmunterndes Lächeln konnte ihr Shephard auch nicht schenken, denn er überlegte ebenfalls, was sie da erwartete. Er rechnete mit dem Schlimmsten, dem Unaussprechlichen, hoffte aber darauf, daß das Gegenteil eintrat.
    Die Kälte schlug ihm wie eine dünne Eiswand entgegen. Er fror in seinem dünnen Kittel, und die hinter ihm gehende Ärztin hob ebenfalls die Schultern.
    Es war ein Raum, in dem der Tod zu Hause war!
    Nichts Freundliches hatte er an sich. Nicht nur die äußerliche Kälte malträtierte sie, auch die innerliche stieg sofort in ihnen hoch. Im Gegensatz zum Leichenschauhaus gab es hier keine Schubläden, in denen die Toten untergebracht worden waren, die Versuchsobjekte lagen auf den sechs schmalen Kunststofftischen verteilt.
    Normalerweise.
    Nur jetzt nicht.
    Denn die restlichen

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